Kritiker: Erst Leerstände vermarkten Speichersdorf erschließt neues Baugebiet

Von Ulrike Sommerer
Simone Walter (CSU) hält das neue Baugebiet Kirchenlaibach für unnötig. Foto: Sommerer Foto: red

Den Bürgermeister freut’s. In Speichersdorf wird gebaut, besser gesagt: In Speichersdorf will man bauen. Und deshalb wird es jetzt ein weiteres Baugebiet geben. Ein sehr schönes, wie der Bürgermeister findet. Aber das muss er wohl sagen, schließlich ist er der Bürgermeister. Unterstützung findet er dabei bei den Gemeinderäten. Allerdings nicht bei allen.

 
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Die Bauleitplanung für das Baugebiet Kirchenlaibach-West ist abgeschlossen, der Bebauungsplan rechtskräftig, jetzt geht es ans Geld. Die Gemeinde will in diesem Jahr die Grundstücke kaufen. Erste Gespräche mit den derzeitigen Eigentümern haben schon stattgefunden, alle hätten ihre Bereitschaft erklärt, die Grundstücke an die Gemeinde zu verkaufen, sagt Bürgermeister Manfred Porsch. Das heißt: Die Gemeinde tritt letztendlich als Verkäufer der Bauplätze auf.

Hat die Gemeinde den Grund erworben, wird vermessen und aufgeteilt, im Frühjahr, so der Bürgermeister, soll mit der Erschließung begonnen werden. In einem ersten Bauabschnitt werden 22 Bauplätze erschlossen, jeweils zwischen 600 und 750 Quadratmeter groß. Was ein Quadratmeter Bauplatz kostet ist laut Porsch noch nicht entschieden. Sicher sei nur, dass man mit „moderaten“ Preisen vor allem Familien nach Speichersdorf locken will. Alle Bauabschnitte zusammen genommen, sollen am Ende 45 Bauplätze in Kirchenlaibach West zur Verfügung stehen.

Junge Familien anlocken

Mit den Bauplätzen will man junge Familien nach Speichersdorf locken, das sagt auch der stellvertretende Bürgermeister Rudi Heier (SPD). Denn nur mit Nachwuchs könne man auch die Infrastruktur des Ortes, beispielsweise die Hauptschule, sichern. Mit einem Bündel von Maßnahmen wolle man daher verstärkt um Familien werben – das neue Baugebiet sei dabei ein Baustein.

Schon seit einigen Jahren wird diskutiert, westlich von Kirchenlaibach ein Baugebiet auszuweisen. Ursprünglich wollte dort ein Investor Häuser für Mitarbeiter der US-Armee bauen. Ein Plan, der sich dann aber zerschlagen hatte. Jetzt habe sich laut Porsch wieder eine gewisse Nachfrage entwickelt. Und andernorts stünden in Speichersdorf nur vereinzelt Bauplätze zur Verfügung, teils sind sie nicht verkäuflich. Edmund Bruckner (Freie Wähler) konkretisiert dies: Die Gemeinde selbst besitze nur noch zwei Bauplätze, die anderen seien in Privatbesitz und man könne ja schließlich niemanden zwingen, zu verkaufen.

Damit, kontert Simone Walter (Architektin und für die CSU im Gemeinderat), macht man es sich zu einfach. Im Baugesetzbuch steht, dass mit Grund und Boden sparsam umzugehen sei. In Speichersdorf gebe es freien Baugrund, warum also weitere Flächen ausweisen, fragt sich Walter. Und nicht nur das: Es sei schon mehrfach geraten worden, ein Baugebiet an dieser Stelle aus dem Flächennutzungsplan herauszunehmen. Unter anderem hätte ein Vitalitätscheck der Gemeinde dieses Ergebnis gebracht.

Schrumpfende Einwohnerzahlen weiteres Problem

Simone Walter verweist noch auf ein anderes Problem: In der Zukunft werde es durch schrumpfende Einwohnerzahlen vermehrt Leerstand geben. Vor allem in den Dörfern werde das ein Problem, aber auch in den Siedlungen der 1970er Jahren. Man müsse hier an sinnvolle Umnutzung und gegebenenfalls Rückbau denken. Unterstützung bekommt Simone Walter von Manfred Miosga, Professor für Regional- und Stadtentwicklung an der Uni Bayreuth. Bis 2029, sagt Miosga, wird Speichersdorf etwa 650 Einwohner verlieren. Damit geht es der Gemeinde nicht anders, als anderen Gemeinden in der Region. Es bedeute aber, für Speichersdorf wie alle anderen Gemeinden auch, es müssten keine neuen Flächen mehr ausgewiesen werden. Vielmehr sollte an sich mit Leerständen in den Orten beschäftigen oder in den bestehenden Siedlungsgebieten dichter bauen.

Rudi Heier kontert: Es sei ein hehres Ziel, innerorts Immobilien zu nutzen. Doch viele Familien seien einfach nicht bereit, eine alte Immobilie zu übernehmen. Will man also Zuzug, so Heier, bleibe nur, Bauplätze zur Verfügung zu stellen. Alte Häuser würden allenfalls von den Kindern übernommen, neue Bürger ziehe man damit kaum in die Gemeinde.

Die Kommune könne wenig tun, um künftigen Leerstand zu verhindern. Das sieht auch Miosga so. Wichtig für attraktive Ortskerne sei, ein aktives Leerstandsmanagement zu betreiben, also Leerstände zu erheben, wenn möglich Zwischennutzungen zu ermöglichen und mit den Eigentümern rechtzeitig zu verhandeln. Um lebenswerte Ortskerne zu verhalten, sollte auch vermieden werden, an den Rändern zu schnell und zu leicht neue Baugebiete auszuweisen. „Wenn die Eigentümer und die Bevölkerung an der Konzeptentwicklung beteiligt werden, kann vielleicht etwas in den Köpfen bewegt werden.“

2012 wurden auf der Gemeinde Speichersdorf zwölf Bauanträge eingereicht, 2013 waren es elf.