Müller-Feuerstein verlässt SPD-Fraktion

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 Foto: red

Neuer Schlag für die Bayreuther SPD: Urgestein Christa Müller-Feuerstein (69) tritt aus der Stadtratsfraktion aus. Sie sieht keine „zielführende Zusammenarbeit“ mehr mit ihren Stadtratskollegen. Ihrer Partei aber bleibt sie treu. Per Mail teilte sie diesen Entschluss ihren Genossen mit. Die bleiben mit ihren Reaktionen genauso wortkarg.

 
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Schon länger hatte sie den Entschluss gefasst, ihrer Fraktion im Stadtrat den Rücken zu kehren. Allerdings wollte sie noch den Weihnachtsfrieden wahren. Jetzt, nach den Feiertagen, packt sie aus. Die Erklärung von Christa Müller-Feuerstein ist in wenigen Zeilen gehalten. „Nach langer und reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, die SPD-Stadtratsfraktion zu verlassen.“ Als Gründe nennt sie in den wenigen Zeilen „die bedauerliche Feststellung, dass für mich die Basis für eine zielführende Zusammenarbeit sowie die Perspektive für einen weiteren positiven Weg mit der Bayreuther SPD-Fraktion verloren gegangen ist“. 2012 war Müller-Feuerstein SPD-Kandidatin bei der Oberbürgermeisterwahl.

Den Austritt von Müller-Feuerstein erfuhren die SPD-Räte am Montagabend bei ihrer Fraktionssitzung. Die Email kam eine halbe Stunde nach Beginn der Sitzung, um 18.30 Uhr. Konsequenterweise also war Müller-Feuerstein gar nicht mehr gekommen – und sie wird auch künftig nicht mehr bei den Sitzungen sein. Allerdings habe der Austritt „nicht im Mittelpunkt gestanden“, sagt Christoph Rabenstein. Vielmehr sei es um den Haushalt gegangen. Ihre Gründe, „zu denen ich nichts sage“, akzeptiere er. Wortkarg blieb auch Fraktions-Chef Thomas Bauske (43): „Es gibt nur eine Fraktionsmeinung und die ist: Wir akzeptieren die Entscheidung und bedauern sie.“

Müller-Feuerstein bleibt Stadträtin

Was sie nach eigenem Bekunden nicht möchte, ist „eine Schlammschlacht“. Deshalb hält sie sich mit den Gründen zurück. „Ich will nicht schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit waschen“, sagte sie dem Kurier. Dass sie damit die SPD-Fraktion schwächt, sieht sie. „Das liegt an der Fraktion, wie sie agiert.“ Ihre Aufgaben als Stadträtin will sie „nach wie vor erfüllen, auch motiviert erfüllen“. Aber ihr Austritt steht fest: „Es wäre nicht gut für mich, wenn ich weiter bleibe.“

Über ihre genauen Gründe lässt sich nur spekulieren. Immer wieder war sie aus der Fraktionslinie ausgeschwenkt, zuletzt beim Thema Graser-Schule. Während ihr Fraktions-Chef Thomas Bauske für einen Neubau war, war sie dagegen. Gab es Reibungen mit Bauske? „Würd ich nicht so sagen“, sagt er und schiebt hinterher: „Keinen Kommentar.“ Überhaupt dürften auch persönliche Gründe im Umgang mit Bauske eine Rolle gespielt haben. Dass sich die beiden nicht immer grün waren, ist kein Geheimnis. In der Dezembersitzung hätte es sogar zu einem Eklat kommen können. Bauske soll Müller-Feuerstein einen Tag vor der Weihnachtssitzung angerufen haben. Er wolle nicht mehr, dass sie weiter neben ihm in der ersten Reihe im Stadtrat sitze. Er habe für sie die hinterste Bank vorgesehen. Müller-Feuerstein ging einfach nicht in die Weihnachtssitzung. Ihr Austritt aus der Fraktion aber habe mit Bauskes Weisung, in der letzten Reihe zu sitzen, „gar nichts“ zu tun. Bauske sagt dazu: „Das habe ich nie so gesagt.“ Also durfte Müller-Feuerstein doch in der ersten Reihe sitzen bleiben? „Kein Kommentar.“

SPD-Fraktion geschwächt

Während Rabenstein einräumt, dass die Fraktion „schwächer geworden“ ist, vor allem in der Außenwirkung, sieht das Bauske nicht ganz so weitreichend. „Das ist eine Stimme weniger“, sagt er. Damit hat die SPD nur noch acht Stimmen – und die BG geht mit einer Stimme mehr in Vorsprung. Das hieße, dass die SPD das Recht, an zweiter Stelle im Stadtrat zu sprechen, verloren hätte.

Ein Austritt aus der Fraktion ist kommunalrechtlich möglich und fraktionslose Mandatsträger sind keine Seltenheit, auch nicht in Land- oder Bundestag. Berühmtes Beispiel war die einstige CSU-Landtagsabgeordnete Gabriele Pauli. Allerdings bleibt das Mandat erhalten, schließlich wurde Müller-Feuerstein demokratisch gewählt.

Im vergangenen Jahr gab es schon einmal eine Erschütterung in der Bayreuther SPD: Damals war Tina Krause aus der Partei ausgetreten, aber blieb in der Fraktion. Das nimmt Bauske als Beweis seiner „integrativen Wirkung“. Warum diese „integrative Wirkung“ bei Müller-Feuerstein versagt hat, dazu schweigt er.

Dass ihr die Entscheidung nicht leicht gefallen ist, gibt sie unumwunden zu. „Dieser Schritt fällt mir angesichts meines jahrzehntelangen Engagements für die Bayreuther SPD in den verschiedensten Funktionen sehr schwer.“ Seit 33 Jahren ist sie in der Partei, seit Montag ist sie Genossin ohne Stadtrats-Genossen.

 

Das sagen Stadtratsmitglieder aus anderen Fraktionen:

Stephan Müller, Fraktionsvorsitzender der BG: Ob er sich darüber ferut, dass seine Fraktion jetzt an zweiter Stelle spricht? „Es kommt so nicht drauf an. Da legen andere Wert drauf. Ich nicht.“ Müller-Feuerstein sei eine „verdiente Stadträtin, die sich seit vielen Jahren engagiert.“ Die Ursache für ihren Austritt sieht er „möglicherweise in der Arbeitsweise der Stadtrats-Fraktion, die vom neuen Fraktions-Chef bestimmt wird“.
Sabine Steininger, Fraktions-Chefin der Grünen: „Donnerwetter, auf den ersten Blick war das überraschend.“ Sie kenne Müller-Feuerstein als „engagiert, kompetent, überzeugt und in der Sache streitbar.“ Angesichts der Entscheidung in der SPD-Fraktion in Sachen Graser-Schule und Stadthalle sei der Austritt auf den zweiten Blick nicht überraschend. „Das spiegelt ihre konsequente Haltung wieder.“ In der Partei zu bleiben, die für die Sanierung der Graser-Schule ist, aber die Fraktion zu verlassen, die einen anderen Standpunkt hat.
Wolfgang Kern: Der ehemalige SPD-Stadtrat und –Fraktionschef erinnert sich an seine Konkurrentin als eine „sehr eigensinnige“ Politikerin. Sie löste ihn nach drei Jahren vom Fraktionsvorsitz ab. Von ihrem Austritt war er „überrascht, weil sie machen konnte, was sie wollte“. Den Streit um die Graser-Schule innerhalb der Fraktion versteht Kern nicht. „Es gibt doch ein Bürgerbegehren. Dass die SPD ein „zerstrittener Haufen“ ist, gibt er zu: „Zumindest, was die Inhalte angeht.“

 

Was ändert sich im Stadtrat:

 

Durch den Austritt von Müller-Feuerstein reduziert sich die Anzahl der Mitglieder der SPD-Stadtratsfraktion auf acht. Die SPD stellt damit die drittstärkste Fraktion im Bayreuther Stadtrat (CSU: 13 Mitglieder, BG: neun Mitglieder). Da die Reihenfolge des Rederechts im Stadtrat der Fraktionsstärke entspricht, wird die SPD-Fraktion künftig nach der BG-Fraktion zu Wort kommen. Auch im Falle der Vertretung der Oberbürgermeisterin bzw. der beiden Bürgermeister durch die Vorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Fraktionen wird in der Reihenfolge die BG künftig vor der SPD rangieren. Dies bestätigt ein Sprecher der Stadt.

Als fraktionsloses Stadtratsmitglied verliert Müller-Feuerstein ihren Sitz im Jugend-, Ältesten-, Bau-, Rechnungsprüfungs-, Steuer- und im Umweltausschuss. Gleiches gilt für die Stadtratskommissionen für die Kulturpartnerschaft mit dem Burgenland und die Stadtentwicklungskommission sowie für die Sitze in den Aufsichtsräten der Stadtwerke Bayreuth Holding GmbH, der Stadtwerke Bayreuth Energie und Wasser GmbH sowie der Stadtwerke Bayreuth Verkehr und Bäder GmbH.

Die Stadtratsausschüsse und –kommissionen sowie die Aufsichtsräte städtischer Gesellschaften werden entsprechend der Fraktionsstärke besetzt. Inwieweit der Austritt Frau Müller-Feuerstein aus der SPD-Stadtratsfraktion zu Verschiebungen führt, wird im Einzelfall noch zu prüfen sein. Für Müller-Feuerstein muss die SPD-Stadtratsfraktion entsprechende Nachrücker aus ihren Reihen benennen.

Als fraktionsloses Stadtratsmitglied hat Frau Müller-Feuerstein selbstverständlich auch weiterhin ein Antrags- und ein Rederecht im Stadtrat.

Ob Müller-Feuerstein sich einer anderen Fraktion anschließen wird und wenn ja, welcher, steht noch nicht fest. Dann könnten sich die Sitzverteilung und die Besetzung der Ausschüsse eventuell nochmal ändern.

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