Jubiläum: Six Pack feiert 25. Geburtstag

Von Michael Weiser

Sie sind Bayreuths Stimmen, und das seit 25 Jahren: Six Pack ist als A-cappella-Band ein Phänomen. Am Freitag und am Samstag feiern sie mit zwei Konzerten ihr Jubiläum. Wir sprachen zuvor mit Mitbegründer Lars Kienle über Eitelkeiten, Spaß nach 25 Jahren und Weinbrand am Morgen.

 
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Six Pack ist heuer so alt geworden wie das wiedervereinigte Deutschland. Wie kam's denn damals dazu, an der politisch bewegten Wende von '89 auf '90?

Lars Kienle: Wir hatten dieses Erlebnis, dass wir über die Weihnachtstage rüberfahren konnten, in die DDR, die es damals noch gab, ganz ohne extra Antrag, nur mit dem Pass. Wir sind da sehr nett empfangen worden. Und wir machten die Bekanntschaft einer netten Familie, die uns nach Hause einlud. Viel Weinbrand gab es da, den für unseren Teil ich trinken musste, weil ich nicht fahren muste. Im Zuge des frühen Morgens haben wir spontan den „Kleinen grünen Kaktus“ gesungen, völlig locker vom Hocker, und wir konnten es gar nicht glauben, dass man mit total improvisierten Tönen so einen Erfolg haben kann. Was daraus werden würde, konnten wir damals nicht ahnen, es war auch nicht unser Lebensplan. Wir dachten uns nur, da müssen wir doch was draus machen. Es gab damals noch nicht so viel A cappella. Vor allem nicht so, wie wir es seit damals so machen.  

Gedichte - um das Programm zu strecken

Wie sind Sie denn auf diese spezielle Mischung von Comedy und Vocalmusik gekommen?

Kienle: Wir haben bald danach mit den ersten Proben angefangen, dann kamen die ersten kleinen Auftritte, und wir haben gemerkt, dass das total gut ankommt. Auch auf dem Bürgertest haben wir gesungen, der Kurier hat da erste Mal über uns berichtet. Ja, und wir dachten uns, jetzt muss der nächste Schritt kommen. Da haben wir das Zentrum gebucht. Bald merkten wir, dass wir nicht genügend Material haben. Aber da war das Konzert schon ausverkauft. Da kamen wir drauf, Gedichte mit rein zu nehmen, komische Spielszenen, um das Programm zu strecken.

Was zum Markenzeichen von Six Pack wurde.

Kienle: Die Publikumsreaktion war überraschend, die Leute hatten A cappella erwartet, dann kam aber auch noch Comedy dazu. Das Konzert war ein Erfolg, die Mischung kam gut an.

Hatten Sie alle schon Erfahrung mit dem Singen?

Kienle: Klaus Meile, der bald dazu kam, war 23, ich 24. Klaus hatte schon Unterricht gehabt, ich nicht. Ich hatte mal in der Band gesungen, aber nur aus Spaß. Hannes Betz hatte auch mal in einer Band gespielt, aber als Percussionist. Nicht als Sänger. Egbert, der damals mit dem Klaus zusammengewohnt hat, spielte Klavier, hatte aber auch keine Gesangsausbildung, er hatte aber einen Riesentonumfang. Coco Sturm hatte Bass gespielt, aber keine Ausbildung. Peter Martin Jacob hat eine tiefe Stimme, er hatte auch im Chor gesungen, aber ebenfalls keine Ausbildung. Genau betrachtet (lacht) waren wir alle Quereinsteiger.

"Eitelkeiten zurückstellen"

Offenbar aber mit dem Mut oder der Chuzpe, sich auch an komplizierte Arrangements zu wagen.

Kienle: Das kam von Rolf Waldhier. Der war schon bei Mr. Pink Pink tätig gewesen, hatte für die schon arrangiert. Er ist Kirchenmusiker, gibt auch Unterricht. Er kann zwar nicht singen, kennt sich aber mit Chorsätzen aus. Er sagte uns, ich will sechs Stimmen, einen gescheiten Bass darunter, dann kann er auch einen ordentlichen Satz schreiben. Sechs Stimmen bedeuten auch wirklich ein Komfort, weil du auch rhythmische Elemente einbauen kannst.

Auch kleinere Bands bleiben oft nur ein paar Jahre zusammen. Wie habt ihr's geschafft, ganze 25 Jahre lang zusammenzubleiben?

Kienle: Indem man seine persönlichen Eitelkeiten zurückstellt und gemeinschaftsdienlich denkt.  

Hört sich ganz einfach an...

Kienle: Erfolg schweißt auch zusammen. Wenn du immer nur vor 70, 80 Leuten singt, dann wird schwierig. In Neustadt an der Weinstraße, in der Pfalz, waren kürzlich 400 Leute bei unserem Konzert. Das ist schon ein Unterschied. In Bonn waren es 300 Leute. In Mannheim treten wir bald auf, da werden wir 500 bis 600 Zuhörer haben. Natürlich kann man das eher als Inseln betrachten. Six Pack ist nur ein Teil unseres Lebens, wir müssen uns überlegen, wo wir auftreten. Den Norden haben wir die meiste Zeit über ausgelassen. In der Studienzeit haben wir noch Tourneen gemacht, später nicht mehr. Six Pack ist nicht das ganze Leben, wobei Six Pack schon auch Broterwerb ist.

"Wir sind auf der Bühne sehr bei uns"

Was arbeiten Sie, wenn Sie nicht singen?

Kienle: Ich mache das Management für Six Pack, und ich bin eine One-Man-Werbeagentur. Und ich bin Künstler, im Januar Februar habe ich mit einer Fotogruppe eine Gemeinschaftsausstellung im Kunstmuseum.

Was ist das Erfolgsrezept, durch so viele Jahre hindurch?

Kienle: Wir haben uns frisch gehalten, auch indem wir durch die neuen Mitglieder musikalisch an Qualität dazu gewonnen haben. Nicht immer läuft alles perfekt, aber wir haben immer an uns gearbeitet. Wir arbeiten auch mit Profis zusammen, auch was die Showstruktur betrifft. Etwa mit Roland Junghans, der macht die Show für Bülent Ceylan. Was der sagt, hat zum Großteil Roland Junghans geschrieben. Der Roland gibt uns ein Gerüst, das wir dann gemeinsam ausschmücken. Wir sind sechs kreative Köpfe, du musst es dir dein Programm nach dem Mund schreiben. Wir haben außerdem zwei Arrangeure, Joe Greiner von den Huebnotix, und Jonas Roßner, der die Strings dirigiert.

"Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen"

Allein mit Ordnung und Struktur halten sich Six Pack bei Laune?

Kienle: Es kommt dazu, dass wir auf der Bühne sehr spontan sind, sehr entspannt und bei uns. Wir stehen keine 140 Auftritte im Jahr auf der Bühne, so, dass über der Routine der Spaß verloren gehen könnte. Wir machen vierzig, fünfzig Auftritte, und die machen wir gerne. Ende 2015 und 2016 sind die Termine schon alle fix, wir sind schon am Planen für 2017. Wir nutzen  Strukturen, sind gut vernetzt, und so kommen immer wieder neue Auftrittsorte hinzu.

Klassikveranstalter haben oft das Problem, dass das Publikum immer älter wird. Wie sieht es bei Six Pack aus?

Kienle: Es ist schon so, dass das von der Gegend abhängt, in der wir gerade auftreten Das Publikum ist insgesamt mehr im Mittelalter, es sind oft Familien in unseren Konzerten, komplett, mit Kindern. Junge Zuhörer haben wir auch, aber insgesamt sind es schon mehr die Mittelalten. Wir haben kein Popstar-Publikum, mit Chris Strobler und Andy Sack können wir aber auch die jungen Leute ansprechen.

"Krisen gab es immer wieder"

Wie familiär ist die A-cappella-Szene noch?

Kienle: Was sich verändert hat: Die Szene ist explodiert. In Deutschland gibt's gefühlt die meisten A-cappella-Bands. Deutschland ist auch für Bands aus England, Holland, Belgien und den USA gut zum Auftreten. Es gibt viel Publikum, A cappella ist beliebt, auch wenn man denkt, das Thema ist mal durch, aber mitnichten: Festivals wie die A-cappella-Nacht und Sangeslust ziehen viel Publikum. Und da gibt es viele Überschneidungen. Da kommen viele Bands, mit denen man schon gemeinsam auf der Bühne stand, man hilft einander, empfiehlt Veranstaltern auch mal andere Bands.

Six Pack gehört zu den Platzhirschen der Szene...

Kienle: Sagen wir's so, es gibt wenige, die so lange wie wir auf der Bühne stehen. Wir sind alte Hasen, ein Teil von uns zumindest. Aus wirtschaftlichen Gründen haben wir es mehr und mehr runtergefahren, zum Beispiel in Norddeutschland Auftritte zu machen, wir haben genügend in der südlichen Hälfte Deutschlands zu tun. Wir sind stark im Westen vertreten, nächstes Jahr sind wir auch mal im Ruhrpott zu Gast. Wir fragen uns immer, passt es von der Tour, passt es vom Geld? Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen, deswegen bin ich auch der Manager. Ich werde extra dafür bezahlt.

Wenn Six Pack weitere 25 Jahre durchhält, sind Sie 74.

Kienle: Wir sind nicht mit dem Gedanken angetreten, das ewig zu machen, wir hatten Lust das zu machen. Und dass wir das nach 25 Jahren immer noch so schaffen, ist phänomenal. 

Wie muss man sich die Probenarbeit und alles andere vorstellen? Nicht alle Mitglieder kommen aus Bayreuth. Wie organisiert ihr euch?

Kienle: Wir haben uns in Bayreuth gegründet, ein Teil lebt dort, ein Teil in Bamberg, ein Teil in Nürnberg. Wir fahren immer in zwei Autos zu unseren Auftritten. Wir proben meistens in Bayreuth, richten uns dafür extra Probewochen ein. Auch in Heiligenstadt waren wir einmal, in einem Hotel, haben uns da eine Probenbühne organisiert, eine ganze Woche lang. Wir planen ordentlich. Du willst natürlich Geld verdienen, dann gehen die und die Orte eben nicht mehr. Wir besuchen aber manchmal auch Orte aus Gründen der Nostalgie, weil die uns am Anfang unstetig haben, denen wir dankbar sind, wie zum Beispiel das Kintopp Hollfeld. Die gehörten zu den ersten, die uns gebucht haben. Wir verdienen natürlich trotzdem was, von der Prämisse her aber bevorzugen wir größere Spielorte.

Waren die 25 Jahre eitel Sonnenschein, ganz ohne Krisen?

Kienle: Nein, die gab es immer mal wieder. Auch persönliche Krisen, oder dass Mitglieder eine andere Lebensplanung haben. Coco zum Beispiel und Egbert, die hatten anderes vor, die haben beschlossen aufzuhören, nicht weil die Stimmung schlecht war, sondern weil sie einen anderen Plan hatten. Die größte Krise war die mit meiner Krankheit. Sie hat aber eine gewisse Gesprächskultur gefördert, wir haben danach Sachen klarer angesprochen. So dass sich einige Leute entschlossen haben, etwas anderes zu machen, ohne dass böses Blut entsteht. Nach dieser Krankheit sind die zusammen, die sehr gut miteinander können. Aber: Wir können auch noch mit den anderen gut, es sind keine Verletzungen entstanden. 2008 gingen Rolf Waldhier. Markus Kopitzsch und Peter Martin Jacob.

Ein Arrangeur, zwei Sänger. Wie haben Sie die ersetzt?

Kienle: Wir haben gecastet. Man hat dann ein schnell ein Gefühl. Andi Sack zum Beispiel. Er ist sehr jung, wir fragten uns, passt das vom Gefüge her? Aber das hat sich schnell gegeben, er ist ein toller Mensch, reifer und komplexer als viele andere in seinem Alter, musikalisch ohnehin ganz weit vorn. Er hat, glaube ich, fast ein absolutes Gehör, und er kann sich viele Sachen gut merken.

Wie sieht ein ideales Mitglied aus?

Kienle: Von Vorteil ist es, wenn man sich in den Dienst der Gruppe stellen kann, aber trotzdem Soloqualitäten hat, wenn man eigenen Charakter einbringen kann, ohne das Ensemble zu überdecken. Aber der eigene Charakter ist bei Six Pack schon das Spannende. Es sind sechs Charaktere, die sich auch noch stimmlich ziemlich unterscheiden.

"Wir werden nie Musicals singen"

Wie halten sich ernsthafte ältere Herren fit?

Kienle: Man muss achtsam sein. Jeder uns schauen, wie er haushaltet. Das macht jeder individuell, man muss das steuern. Allerdings: Sixpack nimmt nicht nur Energie, es gibt auch Energie. Der Applaus, noch dazu ist man mit Freunden unterwegs, dazu gehört auch der Techniker, kurz: Wir sind sieben Freunde. Das gibt auch viel. Aber man muss aufpassen. Gerade der Herbst ist sehr sehr intensiv, da haben wir die meisten Auftritte.

Und es drohen Erkältungen. Welche Tipps haben Sie als Profis?

Kienle: Da gibt es keine Tipps, da hilft nix, da kannst du aufpassen wie du willst, irgendwann erwischt es dich. Wir versuchen immerhin, auf der Bühne die Trinkgläser zu markieren, damit man sich nicht gegenseitig ansteckt. Aber in den Konzerten sind Hunderte von Menschen, und da ist immer der eine oder andere erkältet. Jede Menge Gelegenheiten, sich anzustecken.

Für Sänger besonders schlimm.

Kienle: Es ist schon manchmal so, dass man keinen Ton mehr rausbekommt, dann musst du gute Miene zur Show machen. Vielleicht kann man drauf achten, dass derjenige keine Solonummern singen muss, dass vielleicht eine Stimme auch mal nicht so laut gemischt wird, damit derjenige entspannter singen kann, das geht schon, manchmal kommt das vor, das ist so. Wir standen alle auch schon mit Fieber auf der Bühne, du sagst nicht einfach ab, es kommen ja auch viele Leute. In den 25 Jahren haben wir vielleicht zwei oder drei Konzerte abgesagt.

Gibt es nach 25 Jahren ab und zu auch mal die Sehnsucht, etwas Neues auszuprobieren?

Kienle: Wir versuchen immer wieder, die Struktur zu ändern, in unserem Programm „Die gehänselte Gretel“ sind wir in Rollen geschlüpft. Jetzt, in der neuen Show, machen wir eine Nummernrevue mit Ansage. Wir versuchen, Abwechslung reinzubringen. Aber es wird sicherlich nie eine Six-Pack-Show ohne Comedy geben. Das ist nicht unser Ding. Und wir werden sicherlich keine Musicals singen.

Die Jubiläumsshow findet im evangelischen Gemeindehaus statt. Wäre der Reichshof ein Thema? Kienle: Der Reichshof wäre natürlich unbedingt was, und ab 2017 wäre das auch vorstellbar. Bis 2016 steht die Planung schon.   

INFO:  Karten für die Konzerte am Freitag, 27. November, und Samstag, 28. November, im Evangelischen Gemeindehaus (20 Uhr) gibt es auch beim Kurier.