Das ist die Realität
Vielleicht gibt es den Versuch eines gemeinsamen Verkehrsraum in Bayreuth ja schon längst. In der Richard-Wagner-Straße zum Beispiel, wo sich Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer treffen. Oder in der Kanzleistraße oder der Opernstraße, sagt Stadtbaureferent Striedl, wenn sie nicht wie jetzt gerade eine Baustelle ist. Dort kann man sich schon mal anschauen, ob Shared Space funktioniert.
Auch wenn der Bauausschuss mehrheitlich dagegen war. Die endgültige Entscheidung über einen Verkehrsversuch fällt im Stadtrat.
Das sagen die Experten
Rolf Wahner hätte sich über den Shared Space gefreut: „Ich glaube, es gibt Bereiche wo das sinnvoll ist, gerade angrenzend an die Fußgängerzone“, sagt der Vorsitzende des Kreisverbands des Verkehrs-Clubs Deutschland (VCD) in Bayreuth. „Wo wir so ähnliche Bereiche schon haben, ließe sich das gut fortsetzen, um den Verkehr zu beruhigen und mehr Gleichberechtigung zu schaffen.“
Shared Spaces sähe er zwischen dem RW21 und der Opernstraße und vom Jean-Paul-Platz zum Sternplatz – also dem abgelehnten Testbereich – als sinnvoll an, ebenso in der Telemannstraße zwischen Münzgasse und Dilchertstraße und vor dem ehemaligen Iwalewa-Hauses.
Wahner glaubt, dass die gemeinsam genutzte Verkehrsfläche die flexiblere Lösung wäre: „Man sieht das am Jean-Paul-Platz, der ist ja praktisch schon ein Shared Space.“ Wenn es keine sichtbare Trennung zwischen Gehweg und Fahrbahn gibt, wüssten Fußgänger, dass sie nicht nur an den Seiten laufen dürfen. Gleichzeitig erwarte ein Autofahrer eher, dass Fußgänger kreuzen. „Dann fahren die meisten Autofahrer automatisch mit angepasster Geschwindigkeit.“
Peter Hübner hätte gerne ein paar Dinge geklärt, bevor in Bayreuth ein Verkehrsversuch Shared Space startet. Das Wichtigste: Wer zahlt, wenn es kracht? „Im Shared Space gibt es keine Verkehrsregeln“, sagt der Vorsitzende der Kreisverkehrswacht Bayreuth. Und damit keine Klarheit, wenn es zu einem Unfall kommt. Das muss man klären, der richtige Adressat dafür sei das Bundesverkehrsministerium.
Gemeinsame Verkehrsflächen gibt es laut Hübner vor allem in den Benelux-Staaten. In Deutschland hätten bislang nur kleinere Städte als Bayreuth den Versuch gewagt. „Mir fehlen also die Erfahrungswerte.“ Das muss aber nicht heißen, dass Bayreuth diese neue Art des Straßenverkehrs nicht doch ausprobieren könne. Nicht dort, wo viel Verkehr herrscht. Wohl aber dort, wo ohnehin schon viele Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind. Den Bereich zwischen Jean-Paul-Platz und Neuem Schloss, den die Stadtverwaltung vorgeschlagen hatte, hält er für geeignet. Hübner sagt: Manches muss man ausprobieren, dann setzt sich das Gute durch. „Vor 15 Jahren wurden auch Kreisverkehre noch verteufelt.“ Und er sagt: „Traut den Verkehrsteilnehmern ruhig was zu."
Die Liste: Sechs Gründe dafür, sechs Gründe dagegen
Was dafür spricht:
> mehr Platz für Radler und Fußgänger
> mehr Aufenthaltsqualität
> mehr Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmern
> weniger Verkehrsschilder
> bessere Sicht
> besserer Verkehrsfluss durch geringere Geschwindigkeit
Was dagegen spricht:
> keine nachweisbar positiven Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit
> keine Schutzräume für schwächere Verkehrsteilnehmer
> schwierige Orientierung für Blinde und Sehbehinderte
> weniger Parkplätze
> unsichere Rechtslage
> Kosten für den Umbau