Verzweiflung in der Zwangstherapie: Eine Überwachungskamera wird zum Verhängnis Schwere Jungs auf Abwegen

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Der gerichtlich angeordnete Freiheitsentzug in der Zwangstherapie ist kein Ponyhof. Das mussten drei schwere Jungs erfahren. Sie waren im Bayreuther Bezirkskrankenhaus auf Abwegen und kamen dafür erneut vor Gericht. Dort geht nur einer straffrei aus.

 
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Danny A. (25), Dieter S. (53) und Michael S. (33) kommen aus unterschiedlichen Gegenden: Bamberg, Forchheim, Kronach. Dieter S. hat Probleme mit Alkohol, die zwei anderen mögen Drogen. Alle drei haben einiges auf dem Kerbholz. Danny A. wurde im November 2016 vom Landgericht in Hof wegen Einfuhr von Drogen verurteilt. Weil er selbst süchtig ist, durfte er auf Staatskosten in die Therapie. Hier in der Station FP1 des Bayreuther Bezirksklinikums traf er auf Dieter S. und Michael S. Dieter S. hat 20 Einträge im Strafregister, sie gehen bis in die 70er Jahre zurück.

Eine Schicksalsgemeinschaft hinter vergitterten Fenstern. Die Therapie ist streng, Kontakte in die Außenwelt werden dann erlaubt, wenn Therapieerfolge nachgewiesen werden. Und Zugang zum Smartphone gibt's nur bei Ausgang. Ausgang aber, den muss man sich verdienen. Deshalb wurde Dannys Handy weggesperrt - im Bezirkskrankenhaus sind solche amtlich verwahrten Gegenstände im so genannten Effektenraum" eingesperrt.

Der Haupttäter nimmt die anderen in Schutz

Am 30. Dezember 2016, ein tristes Silvester und Neujahrsfest rückte näher, beging Danny A. Verwahrungsbruch: Er brach in den Effektenraum ein, holte sich sein Handy raus und wurde natürlich erwischt. "Es stimmt", sagt er vor Gericht: "Es war totale Verzweiflung. Ich brauchte Kontakt zu meiner Verlobten. Ihr ging's nicht gut." Danny A. gestand im Prozess, dass er ein Belüftungsgitter der verschlossenen Eingangstüre herausbrach und dann mit einem Metallhaken hineinlangte und so die Klinke betätigte. Im Prozess bei Amtsrichterin Christiane Breunig nimmt er seine Kumpels aber in Schutz: Dieter S. und Michael S. hätten mit seiner Tat nichts zu schaffen.

Dieter S. behauptet gar, er habe gar nicht gewusst, dass hinter der von Danny A. geöffneten Türe speziell gesicherte Sachen verwahrt gewesen seien: "Ich war doch erst ein paar Tage da." Michael S. sagt: Er habe zur fraglichen Zeit halt da am Gang der Station herumgestanden. Er habe zwar bemerkt, dass da etwas Ungewöhnliches vor sich ging, aber "es war mir egal".

Einer steht eindeutig Schmiere

Mit diesen Aussagen und der Entlastung durch den Haupttäter wären Dieter S. und Michael S. aus dem Schneider - wenn da nicht das Überwachungsvideo wäre. Auf dem Film, den die Richterin als Beweismittel vorspielen lässt, ist Danny A. bei seinem Einbruch zu sehen. Und Dieter S., wie er an der Ecke Schmiere steht. Wie er mal ums Eck geht, um zu sehen, ob die Luft noch rein ist. Wie er mal zur offenen Türe des Effektenraum kommt, um Danny A. etwas zu sagen oder ihm bei seinem Werk zuzusehen. Von Michael S. dagegen ist nicht viel zu sehen, außer, dass er in der Nähe herumsteht und hin und her geht, wie einige andere Leute, die während der Zeit der Aufnahme durchs Bild laufen.

Dem Staatsanwalt reicht das: Er beantragt sieben Monate für den Haupttäter und vier beziehungsweise drei Monate für seine Helfer. Die Anwälte von Dieter S. und Michael S. beantragten Freispruch.

Einen solchen gab es nur für Michael S. Richterin Breunig kann in dem Umherstehen und Hin- und Herlaufen "keine direkten Beihilfehandlungen" erkennen - im Gegensatz zu dem, was Dieter S. getan habe. Dieter S. bekommt einen Monat aufgebrummt. Der Haupttäter Danny A. wird mit vier Monaten zusätzlicher Freiheitsentziehung bestraft. Es scheint ihn nicht zu sehr zu bedrücken, denn seine Tat war umsonst: "Meine Verlobte hat mich verlassen."

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