Sandler AG mit US-Standort auf Kurs

Von
Arbeiter am Sandler-Standort in Perry (USA). Foto: Sandler AG Foto: red

Christian Heinrich Sandler hatte einige schlaflose Nächte, ehe die Entscheidung feststand, in den USA eine Produktionsstätte zu errichten. Immer wieder wägte der Vorstandschef Chancen und Risiken gegeneinander ab. Aus heutiger Sicht ist er froh, dass die Sandler AG seit einiger Zeit neben ihrem Stammsitz in Schwarzenbach an der Saale (Landkreis Hof) auch in Perry im US-Bundesstaat Georgia ansässig ist. Es ist der erste Auslandsstandort in der Geschichte des Vliesstoff-Herstellers.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

"Ich habe diese Entscheidung nie bereut. Sie war richtig", ist Christian Heinrich Sandler überzeugt. Das Engagement habe sich nicht nur positiv auf sein Unternehmen, sondern auch auf seine persönliche Entwicklung ausgewirkt. "Ich habe noch nie so viel gelernt in meinem Leben, wie in den vergangenen drei Jahren."

Projekt "Komet" ist auf Kurs

Insgesamt läuft die Expansion in den USA - das Projekt "Komet", wie es firmenintern genannt wird - nach Plan. Im vierten Quartal 2016 startetete das Unternehmen mit der Produktion. Mittlerweile ist die Anlage im US-Werk voll ausgelastet. Ob Umsatz, Produktion oder andere Kennzahlen - "wir sind auf Kurs", bilanziert Christian Heinrich Sandler. Konkrete Zahlen möchte er aber nicht nennen.

Jüngst waren Kunden zu sogenannten Audits in Perry, überprüften also die Qualitätsstandards am Sandler-Standort, der von Tobias Baumgärtel geleitet wird. "Alles ist gut verlaufen. Das war mir besonders wichtig, denn wir setzen weiterhin auf Top-Qualität", betont Christian Heinrich Sandler.

Zweistelligen Millionenbetrag investiert

Für Herbst dieses Jahres ist die offizielle Einweihung des US-Werks vorgesehen. Mittelfristig soll die Produktion vergrößert werden, Erweiterungspläne für den Standort liegen bereits in der Schublade. Bislang hat der Vliesstoff-Spezialist bereits einen "zweistelligen Millionenbetrag" in Übersee investiert, wie der Firmenchef ausführt. "Das Werk in Perry soll ein solides Standbein unseres Unternehmens werden", gibt er die Marschroute vor.

32 Mitarbeiter beschäftigt die Sandler AG mittlerweile an ihrem US-Standort - nur ein Viertel davon ist aus Deutschland. Es sind erfahrene Mitarbeiter, die ihr Wissen und Können an amerikanische Kollegen weitergeben und somit maßgeblich zu deren Ausbildung beitragen. Denn Fachkräfte sind in den USA schwer zu finden, gerade im Textilbereich.

Bewerber stehen einfach vor der Tür

Die Oberfranken haben bereits ihre Erfahrungen mit der Hemdsärmeligkeit der Amerikaner gemacht. So stellten sich zahlreiche Bewerber - darunter auch Gärtner oder Mitarbeiter von McDonald's - vor, um bei Sandler einen neuen Job zu ergattern. Nicht alle halten sich an Formalien, berichtet der Vorstandsvorsitzende und schmunzelt. Mancher stehe plötzlich an der Pforte, um sich spontan nach einer freien Stelle zu erkundigen.

Einiges müssen die Unternehmen also selbst in die Hand nehmen im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten". Allerdings unterstützt sie der Bundesstaat Georgia. Es gehört zu dessen Strategie, gezielt auch ausländische Investoren anzulocken. Eine eigens dafür gegründete Organisation hilft Firmen etwa bei der Einstellung von Mitarbeitern und informiert über wichtige Aspekte, die bei Neuansiedlungen zu berücksichtigen sind. So ist etwa der Arbeitsschutz in den USA streng geregelt, wie Christian Heinrich Sandler erklärt. Überhaupt hat er festgestellt: Die USA bemühen sich intensiv, das produzierende Gewerbe zu unterstützen. ",Man spürt, dass das Land eine Reindustrialisierung anstrebt."

Eigene Erfahrungen passen nicht zu Trumps aggressiver Rhetorik

Die Willkommenskultur in den Vereinigten Staaten hat die Schwarzenbacher von Anfang an beeindruckt. Viele Landkreise, sogenannte Countys, hatten sich als potenzieller Standort für die Sandler-Niederlassung in den USA ins Spiel gebracht, ehe schließlich die 16 000 Einwohner zählende Stadt Perry im Houston County das Rennen machte.

Zur aggressiven Rhetorik, die US-Präsident Donald Trump auch in wirtschaftspolitischen Fragen pflegt, passen die Erfahrungen von Sandler in Übersee also nicht. Trump kritisiert Deutschland wegen seiner enormen Exportüberschüsse und wirft dem Land einen "unfairen Handel" vor. Auch Strafzölle etwa für Stahl aus dem Ausland bringt er ins Spiel. Christian Heinrich Sandler sagt, er beobachte die Entwicklung der USA unter Trump genau.

Enge Beziehungen nicht gefährden

Der Sandler-Boss warnt: Es wäre seiner Ansicht nach ein schwerer Fehler, wenn die Vereinigten Staaten einen Abschottungskurs einschlagen würden. Sandler, der auch Chef des Verbands der Bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie ist und im Präsidium der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) sitzt, gehört zu den besonnenen Zeitgenossen. Klagen über Trump oder gar schroffe Töne gibt es von ihm nicht. Stattdessen verweist der Unternehmer auf Zahlen und Fakten. Allein Bayern hat demnach in den ersten drei Monaten dieses Jahres Waren im Wert von rund 5,7 Milliarden Euro in die USA geliefert - ein Anstieg von 17,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Importe aus den Vereinigten Staaten stiegen ebenfalls und erreichten ein Volumen von fast drei Milliarden Euro. Für Deutschland standen 2016 Ausfuhren in die USA in Höhe von knapp 107 Milliarden Euro zu Buche, die Importe beliefen sich auf fast 58 Milliarden Euro. "Das zeigt, wie stark beide Länder miteinander verflochten sind." Diese engen Beziehungen dürften nicht gefährdet werden. "Ich setze auf die Vernunft der Politik", sagt Christian Heinrich Sandler.

Sein Unternehmen hat jüngst dazu beigetragen, dass transatlantische Verhältnis - zumindest auf kleiner Ebene - zu stärken. Auf dem Firmengelände in Perry hissten der Vorstandschef und Standortleiter Tobias Baumgärtel sowohl die deutsche als auch die amerikanische Flagge.

Autor