Russland empört über US-Angriff in Syrien

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Als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz der syrischen Armee lässt US-Präsident Trump einen Stützpunkt der Regierungstruppen bombardieren. Syriens Verbündeter Russland reagiert empört.

 
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Ein US-Luftangriff auf syrische Truppenhat die erste schwere Krise zwischen der neuen US-Regierung unterDonald Trump und Russland ausgelöst. Kremlchef Wladimir Putinverurteilte das Bombardement eines Luftwaffenstützpunkts am Freitag als Angriff auf die Souveränität Syriens. Der Präsident des Landes,Baschar al-Assad, nannte den Einsatz «rücksichtslos und unverantwortlich». Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hingegen bezeichnete ihn als nachvollziehbar.

Trump hatte den Angriff als Reaktion auf einen mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz syrischer Truppen angeordnet. Dabei waren am 4. April nach neuesten UN-Angaben mindestens 84 Menschen ums Leben gekommen und 546 verletzt worden. Trump begründete den Angriff mit der Wahrung nationaler Sicherheitsinteressen. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums feuerten Kriegsschiffe im Mittelmeer 59 Marschflugkörper des Typs Tomahawk auf die Basis in Syrien ab.  Syriens Regierung weist die Verantwortung für den Giftgas-Angriff zurück und gab wie auch Russland Rebellen die Schuld.

US-Kehrtwende

Russland ist der engste Verbündete Assads. Die US-Regierung vollzieht mit dem Angriff eine erneute Kehrtwende in der Syrien-Politik. Noch vergangene Woche hatte US-Außenminister Rex Tillerson gesagt, Assads Schicksal werde vom syrischen Volk bestimmt. Das war eine Abkehr von der Linie der Vorgängerregierung unter Barack Obama, die dem Präsidenten in Damaskus die Hauptverantwortung für den Konflikt in dem Bürgerkriegsland zuschob und auf seinen Sturz hinarbeitete.

Trump sagte am Rande eines Treffens mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Florida, von dem beschossenen Flugplatz sei vor wenigen Tagen der Angriff mit Giftgas auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan  Scheichun ausgegangen. Dies sei ein «barbarischer Akt» gewesen. Das Pentagon  eröffentlichte Videomaterial, das den Abschuss der «Tomahawks» von US-Zerstörern zeigt. Die Marschflugkörper gelten als präzise. Die Luftangriffe hätten das Ziel gehabt, die syrische Regierung von weiteren Chemiewaffen-Einsätzen abzuschrecken. Die Zerstörung von Flugzeugen und Infrastruktur werde die Möglichkeiten dazu einzuschränken. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich zuvor bei einer Sondersitzung in New York zum wiederholten Male nicht auf eine neue Syrien-Resolution verständigen können.

Russland vorab informiert

Russland verurteilte das Vorgehen. «Dieser Schritt Washingtons fügt den russisch-amerikanischen Beziehungen, die sich ohnehin schon in  einem elenden Zustand befinden, einen signifikanten Schaden zu», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. «Präsident Putin hält die amerikanischen Angriffe für eine Aggression gegen einen souveränen Staat, gegen das Völkerrecht, dazu noch mit einem erdachten Vorwand.» Die syrische Armee habe keine Chemiewaffen mehr, das habe nach der Entwaffnung auch die zuständige UN-Organisation bestätigt. Russland setzte eine Vereinbarung mit dem US-Militär aus, nach der sich beide Länder über Militärflüge und Angriffe über Syrien informierten, und kündigte an, die syrische Luftabwehr zu verstärken. In der kommenden Woche wird US-Außenminister Rex Tillerson zu einem seit längerem geplanten Besuch in Moskau erwartet.

Russland ist der wichtigste Verbündete Syriens. Seit September 2015 fliegt Russlands Luftwaffe in dem Land Angriffe gegen den IS sowie gegen andere Rebellen, die mit der Terrormiliz verfeindet sind. Der Kreml bestätigte, dass die USA Russland vorab über den Angriff informiert hatten. Auch die Nato sowie die Bundesregierung waren eingeweiht worden.

Stark zerstört

Assad sagte laut Mitteilung, die Bombardierung sei mit Kurzsichtigkeit sowie politischer und militärischer Blindheit für die Realität erfolgt. Die Aggression stärke nur die Entschlossenheit Syriens, die Aufständischen zu vernichten. Nach syrischen Armeeangaben wurden bei dem US-Angriff mindestens sechs Menschen getötet, darunter drei Militärangehörige. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, auch neun Zivilisten seien ums Leben gekommen, darunter vier Kinder. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen.

Der Gouverneur der Provinz Homs, Talal Barasi, sagte der Deutschen Presse-Agentur, der angegriffene Flugplatz in der Nähe des Ortes Al-Schairat sei stark zerstört worden. Aus syrischen Militärkreisen hieß es, zwölf Kampfjets und Hubschrauber, Treibstofflager sowie zwei Start- und Landebahnen seien getroffen worden. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, es gebe keine russischen Opfer.

Merkel: Nachvollziehbar

Bundeskanzlerin Merkel betonte in Berlin, wer Chemiewaffen einsetze, begehe ein «Kriegsverbrechen». Angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen in Syrien und im Angesicht des Leids der Zivilbevölkerung sei der US-Angriff «nachvollziehbar». SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte, dass Europa sich im syrischen Bürgerkrieg stärker diplomatisch engagiert. Die Bundeswehr betonte, sie sei an der Militäraktion nicht beteiligt gewesen. Deutsche Tornado-Jets machen in Syrien und im Irak hochauflösende Bilder von IS-Stellungen zur Identifizierung von Angriffszielen. 

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte die syrische Regierung für den US-Angriff verantwortlich. «Jeder Gebrauch von Chemiewaffen ist inakzeptabel und kann nicht unbeantwortet bleiben», sagte er. Ein Nato-Sondertreffen zu Syrien ist vorerst aber nicht geplant.
EU-Ratspräsident Donald Tusk lobte: «Die USA demonstrieren mit den Luftschlägen die Entschlossenheit, die es angesichts der barbarischen chemischen Angriffe braucht.» EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte, den Konflikt nicht weiter militärisch auszutragen.

China rief alle Seiten dazu auf, nach einer politischen Lösung für den Konflikt zu suchen. Der Iran, ein Verbündeter Syriens, verurteilte den US-Luftangriff scharf. Saudi-Arabien, Erzrivale des Irans in der Region, begrüßte ihn hingegen als «mutige Entscheidung» Trumps. Die Türkei, die seit langem eine Ablösung Assads fordert, nannte den Angriff eine «positive Antwort auf Kriegsverbrechen».

 

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