Ruhepol und Respektsperson

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Robert Böhm ist der "Krempelmeister" bei der Feuerwehr Engelmannsreuth. Foto: Frauke Engelbrecht Foto: red

„Das Feuerwehrhaus ist mein zweiter Wohnsitz“, sagt Robert Böhm. Seit fast 40 Jahren ist der 80-Jährige der „Krempelmeister“, ist jeden Tag dort, kümmert sich darum, dass alles in Ordnung ist, „sei Art hat“, wie es in Franken heißt.

 
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„Geistig und körperlich bin ich 60 oder 70 Jahre“, sagt Böhm über sich selbst. Seit 1952 ist er Mitglied bei der Feuerwehr Engelmannsreuth. Sein Vater war von 1948 bis 1952 Kommandant der Wehr. Als er zurücktrat, musste er eintreten, damit wieder einer von der Familie dabei war, sagt Böhm. Für ihn war das selbstverständlich. Neben der Feuerwehr gab es im Ort nur den Gesangverein. Von 1968 bis 1978 war Robert Böhm dann zweiter Kommandant, später Mitglied im Ausschuss. Beim Bau des jetzigen Feuerwehrhauses 1982/83 war er vom ersten bis zum letzten Tag dabei, hat mitgeholfen. „Ausgemacht war, dass jedes Mitglied 40 Stunden leisten muss“, sagt Böhm. Bei ihm werden es wohl so um die 120 Stunden gewesen sein, schätzt er.

Schnee räumen und Straße kehren

Und seit dem liegt ihm das Haus am Herzen, kümmert er sich darum, dass alles passt. Er kehrt die Straße, räumt im Winter Schnee, putzt im Haus, seine Frau reinigt die Fenster und wäscht die Vorhänge. „Ich geh jeden Tag hin, brauch einfach nur bei mir daheim zum hinteren Gartentürchen raus zu gehen“, sagt er.

„Ich sag mei Zeuch sachlich“, stellt Böhm klar. So hat er es auf der Arbeit auch immer gemacht. Und dann funktioniert das auch. Bei den jungen Leuten brauche man schon ein gewisses Fingerspitzengefühl, sagt er, aber die haben alle Respekt vor ihm, hören auf das, was der Ältere sagt. „Wir haben ein gutes Miteinander, es sagt keiner ’mach deinen Dreck selber’“, so Böhm. In der Küche hat er am Tisch seinen Stammplatz, da setzt sich kein anderer hin. Und wenn doch mal jemand dort sitzt und Böhm kommt rein, steht der andere sofort auf.

Alles ist an seinem Platz

Robert Böhm braucht Ordnung, alles steht an seinem Platz. „Das ist das A und O“, sagt er. Im Schulungsraum sind im Schrank an der Theke beispielsweise die Bierkrüge exakt ausgerichtet. Alle Henkel zeigen in eine Richtung und man kann blind einen rausnehmen.

Der gelernte Dreher hat bei KSB gearbeitet – im Akkord – war dann Lagerist und Bürogehilfe. Seit 25 Jahren ist er im Ruhestand. Er hat einen Sohn und zwei Enkelinnen. „Das Feuerwehrhaus ist mein Herzblut“, sagt er. Und so lange es gesundheitlich geht, will er die Arbeit auch weitermachen. Aber es ist schon ein potenzieller Nachfolger da. Der langjährige Vorsitzende Norbert Ernst – alle nennen ihn nur Lou – geht quasi bei ihm in die Lehre. „Der Robert ist doch das Schönste, was einem Verein passieren kann“, lobt der 56-Jährige. Für ihn als Vorstand war die Tätigkeit von Böhm immer eine große Erleichterung. Und als der 80-Jährige wegen einer Herzoperation mal ein paar Wochen ausgefallen ist, habe richtig was gefehlt.

Es waren schöne Zeiten

Böhm war während der Bauzeit der Einzige, der als Helfer zur Verfügung stand, sagt Ernst. Die anderen hätten lieber am Ofen gesessen. „Es waren schöne Zeiten, aber auch viel Krampf dabei“, sagt er zurückblickend. Ernst bedauert, dass viele Traditionen wie zum Beispiel das Heimleuchten bei Kindstaufen verloren gehen. Durch die Professionalität, die heute oft notwendig ist, werde Althergebrachtes nicht mehr so hoch gehalten. „Robert ist unser Ruhepol und eine Respektsperson“, sagt Ernst und erzählt von einer Gegebenheit, als er die jetzigen Kommandanten wegen fehlenden Leerguts angesprochen hat. „Die haben nach dem Gespräch ganz schön den Kopf hängen lassen, aber dann lief es wieder“, erinnert er sich lachend.

Goldener Reisigbesen

Teilweise wolle Böhm gar nicht, dass ihm jemand hilft. Denn er will es so machen, wie er will. „Manchmal staucht er mich auch zusammen“, erzählt Ernst, „grundsätzlich haben wir aber immer Gaudi miteinander.“ Und wie kam es zu der Bezeichnung „Krempelmeister“? Böhm war mal Zeugwart und hat sich um das Feuerwehrhaus auch gekümmert. „Das wollten wir voneinander trennen, er sollte seinen Krempel machen“, so Ernst. Mit dieser Ernennung wurde ihm ein goldener Reisigbesen überreicht. „Den habe ich aber nicht mehr“, sagt Böhm lachend.

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