Rufmord am Stammtisch

Von Stefan Linß
Hat entgegen aller Gerüchte geöffnet: Karl-Heinz Schröder vom Lindengarten in Untersteinach. Foto: Stefan Linß Foto: red

Die Gastronomie im Kulmbacher Land wird zum Opfer vom Klatsch und Tratsch. Der Lindengarten in Untersteinach kämpft ebenfalls gegen üble Gerüchte.

 
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Der Schritt von der Latrinenparole zum Rufmord ist nicht weit. Unwahre Behauptungen verbreiten sich ungefiltert, können großen Schaden anrichten und sogar Existenzen gefährden. Einer der Betroffenen ist Karl-Heinz Schröder.

Dem Wirt der Untersteinacher Gaststätte Am Lindengarten wird angedichtet, er übernehme die leerstehende Einkehr zur Schmiede in der Blaich. "Das ist falsch. Ich weiß nicht, wie die Leute darauf kommen", sagt Schröder im Gespräch mit dem Kurier. Sein Problem: Alle denken nun, dass der Lindengarten geschlossen hat. In der ehemals florierenden Gaststätte lässt sich an manchen Tagen kein einziger Kunden blicken. "Wir haben offen und das bleibt so", betont der Wirt und geht nun in die Offensive.

Fränkische Traditionsküche

Karl-Heinz Schröder war als Weberhof-Wirt in Kulmbach-Petzmannsberg über sechs Jahre lang eine Institution. Vor einem Jahr hat er den Schritt gewagt und den Lindengarten in Untersteinach übernommen und umgebaut. "Alles lief super", sagt der Gastronom. Der gelernte Metzgermeister hat mit fränkischer Traditionsküche und Wildgerichten seinen Kundenstamm mehr und mehr ausgebaut.

 

An Silvester war zum letzten Mal die Gaststube voll. Danach kam die für Wirtshäuser ohnehin recht ruhige Winterzeit. Als Fasching die Gäste immer noch fern geblieben sind, wurde Schröder nachdenklich. Immer öfter kam ihm das Gerücht mit der Schmiede zu Ohren. Mittlerweile werde im ganzen Landkreis darüber geredet. In Kulmbach, Presseck oder in Himmelkron heißt es, der Lindengarten habe zu. "Es geht rum wie ein Lauffeuer", stellt der 57-Jährige fest.

Hinter vorgehaltener Hand

Seine gesamte Familie werde mit dem Gerücht konfrontiert. Einige rufen den Wirt an oder schreiben Nachrichten. Wenigstens in diesen Fällen kann er klarstellen, dass es sich um einen Irrtum handelt. Nicht nur an den Stammtischen im Landkreis tuscheln die Menschen offen oder hinter vorgehaltener Hand über angebliche Pächterwechsel. Beim Einkaufen, in der Arztpraxis und im Freundeskreis werden solche Gerüchte ebenfalls ausgetauscht.

Die geschäftsschädigenden Parolen, mit denen Karl-Heinz Schröder zu kämpfen hat, sind kein Einzelfall. Erst vor wenigen Wochen hat der Kurier über Sieglinde Opel-Ehgartner und ihre Tochter Jasmin Ehgartner berichtet, die den Gasthof Opel in Himmelkron führen. Die Gastronominnen wollen ihren Betrieb definitiv nicht schließen. Trotzdem verbreitete sich das Gerücht und wurde zum großen Thema in der Gemeinde. Als Folge blieben ähnlich wie im Untersteinacher Lindengarten die Gäste aus.

Ungeprüft weitergetratscht

Wer die Falschmeldungen in Himmelkron und Untersteinach in Umlauf gebracht hat, bleibt ein Rätsel. Bekannt ist nur, dass die Gerüchte ungeprüft von jedermann weitergetratscht werden.

Auch Gastronomen in renommierten Kulmbacher Gaststätten sind in den vergangenen Jahren schon Opfer geworden. Die Wirte haben in sozialen Netzwerke im Internet über die Probleme berichtet. Sie sahen sich Rufmordkampagnen ausgesetzt und bedankten sich gleichzeitig bei den vielen treuen Gästen, die ungeachtet solcher Gerüchte die Gasthäuser unterstützen.

Die Einkehr zur Schmiede in der Blaich war eine der großen Traditionsgaststätten in Kulmbach. Nachdem Elfriede Frank im Juni 2017 verstorben ist, stellte sich schnell heraus, dass die Wirtin nicht zu ersetzen ist. Die Schmiede hat weiterhin geschlossen.

Bevor sie von wem auch immer neu eröffnet werden könnte, müsste sie hergerichtet werden. So etwas will sich Karl-Heinz Schröder nicht noch einmal antun. Den Untersteinacher Lindengarten zu renovieren und die Räume hell und freundlich zu gestalten, war ein großer Aufwand. Auch die Küche sei komplett neu. "Wenn ich so etwas mache, gehe ich doch nicht nach einem Jahr wieder raus", betont Schröder.

Einfach absurd

Dass er mit der Schmiede in Verbindung gebracht wird, sei deshalb einfach absurd. "Ich bin in letzter Zeit dort nicht mal mit dem Auto vorbeigefahren", sagt er. Und trotzdem glauben die meisten, dass die Behauptung wahr sein muss. "Einer will auch gehört haben, dass ich das Mönchshof-Bräuhaus übernehme", berichtet der 57-Jährige und stellt noch einmal klar. "Ich bin definitiv an keiner anderen Gaststätte interessiert."

Im Lindengarten ist er glücklich. Nur ohne Gäste bekommt er allmählich ein ziemlich großes Problem. Es sei fast so, als stünde jemand vor der Tür und weise alle Kunden ab. Die Zahl der Gäste ist massiv eingebrochen. Karfreitag sei die Gaststätte normalerweise voll, diesmal hat Schröder nur sechs Essen verkauft. "Sonntag Mittag hab ich sonst drei Bedienungen gebraucht, jetzt ist eine fast zu viel", schildert der Wirt das Dilemma.

In der Offensive

Er hat vor, offensiv mit dem Thema umzugehen. Karl-Heinz Schröder erweitert die Öffnungszeiten des Lindengartens. Die Gaststätte hat von sofort an auch mittags bis 14 Uhr geöffnet sowie von 17 bis 23 Uhr.

In der Sommersaison von Mai bis einschließlich August fallen die bisherigen Ruhetage weg und Schröder sperrt auch montags und dienstags auf. Sonntags ist von 11 Uhr an durchgehend geöffnet und es gibt hausgemachte Kuchen. Das neue Flechterla-Zwickl-Bier ist am 3. und 4. Mai im Ausschank. "Und wir öffnen jetzt den Biergarten und die Dachterrasse", kündigt der Wirt an. Er nimmt den Kampf auf. Gegen die Gerüchte und für die eigene wirtschaftliche Existenz.

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