Das Kuriose: Rollstuhlfahrer können trotzdem ihre Pakete abgeben. Sie müssen nur durch den Torbogen in den Innenhof fahren und dort an einer Rampe klingeln. Neben dem Torbogen ist zwar ein Rollstuhl-Symbol. Aber kein Hinweis, dass das mit der Post zu tun hat. "Deshalb bin ich von allein nicht daraufgekommen."
Egal ob für Klaviere oder Rollstühle: Hauptsache Rampe
Ähnlich war es beim Klavierhaus Steingraeber. Vorne ist kein Durchkommen. "Aber klar, dass sie irgendwie die Flügel transportieren müssen", sagt Beekes heute. Und genau diese Rampe können Rollstuhlfahrer benutzen, wenn sie Bescheid geben. Das muss man aber wissen. Ein Hinweis mit einer Telefonnummer wäre nicht nur dort hilfreich.
"Als wir dort waren, war zufällig der Chef da", erzählt Beekes. Der fand es toll, dass die Gruppe in der Freizeit an dem Projekt arbeitete - und bat sie gleich in den Konzertsaal. "Er hatte ihn von einem Architekten barrierefrei umbauen lassen - musste sich aber natürlich auf ihn verlassen." Da kamen die Mapper gerade recht.
Bayreuther Geschäftsleute reagieren durchwegs positiv
Das ist ein weiterer Grund, weshalb Beekes das Projekt gut findet - und warum sie bei zwei dreistündigen Aktionen gerade einmal 20 Geschäfte getestet haben: "Ich will den Leuten erklären, was wir machen und was sie verbessern können, ein Bewusstsein schaffen." Die Reaktionen: durchweg positiv. Manchen macht die historische Bausubstanz aber einen Strich durch die Rechnung. "Treppen brauchen weniger Platz als Rampen." Oft fehlt der Platz.
Mindestens ein Rollstuhlfahrer war bei der achtköpfigen Gruppe immer dabei. Außerdem ein Meterstab zum Abmessen der Breiten und Stufenhöhe. "Wir haben auch die Kommentarfunktion immer genutzt und Fotos reingestellt", sagt Beekes. So kann jeder selbst entscheiden, ob die Stufe unüberwindbar ist oder nicht. Mechanische Rollstühle kommen über höhere als elektrische. Denn die kann man vorne nicht anheben.
Erst ein Drittel der Arbeit ist getan - und die Angaben sollen immer aktuell sein
"Wir haben nicht bei null angefangen", betont Beekes. Einige Örtlichkeiten waren schon vorher verzeichnet. Aber es ist noch Luft nach oben. In Bayreuth und Umgebung sind bisher knapp 800 von 1742 Örtlichkeiten markiert, die auf der frei zugänglichen Open Street Map-Karte verzeichnet sind. "Ein durchschnittlicher Wert", sagt Andi Weiland, Pressesprecher von Wheelmap. Auffallend sei: Von den knapp 800 Orten sind fast 500 rollstuhlgerecht, fast 200 teilweise zugänglich und nur gut 100 gar nicht rollstuhlgerecht.
Am heutigen Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung startet wheelmap.org die weltweite Kampagne "MapMyDay". Jeder, der mag, kann mitmarkieren. In Bayreuth haben die Wheelmapper vor Monaten schon den Arbeitskreis Barrierefreie Stadt und das Evangelische Bildungswerk mit ins Boot geholt, damit die letzten Lücken geschlossen werden und die Angaben aktuell bleiben. Behindertenbeauftragte Bettina Wurzel ist "begeistert", sagt sie.
Partner und Mit-Mapper gesucht
Geht es nach Beekes, könnten künftig auch Konfirmandengruppen zum Markieren ausschwärmen. Auch mit Patienten und dem Team am Klinikum Hohe Warte haben sie gesprochen, wo die Frischverletzten eingeliefert werden. Also die künftigen Rollstuhlfahrer, die die Stadt unter diesem Blickwinkel noch nicht kennen. Die nächste Mapping-Aktion ist aber erst im Frühjahr geplant. Damit mehr Leute mitmachen: "Jetzt ist es zu kalt und nass, da wollen nicht nur wir nicht raus."
Info: Kontakt zur Bayreuther Mapping-Gruppe per E-Mail an wheelmap-bayreuth@web.de. Hier geht es zur Wheelmapping Oberfranken-Gruppe auf Facebook.
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