Kuriose Umwege, wenn Züge von Gleis 2 fahren Rollstuhlfahrer verärgert über Bahnhof

Von Thomas Knauber

Im kleinen Neuhaus gibt es einen top ausgebauten Bahnhof, aber im größeren Pegnitz ist alles beim Alten, ohne Lift und ohne Hebebühne, sollte einmal ein Rollstuhlfahrer in den Zug gehoben werden müssen. Dieser Zustand ärgert viele Senioren, die mit dem Treppensteigen nicht zurecht kommen. Aber besonders Behinderte wie Hermann Egli. Dieser fehlende Lift zwingt ihn zu kuriosen, aufwendigen Umwegen, will er von Gleis zwei losfahren.

 
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Egli (60) hat nicht nur beim Bahnhof die Initiative ergriffen und Briefe geschrieben, sondern auch in der Stadt die Probleme zusammengetragen. Er ist weitum bekannt, weil er sich im Seniorenbeirat engagiert und mit seinem handbetriebenen Rollstuhl-Fahrrad bis in entfernte Dörfer unterwegs ist. Seit März 2013 spulte er 5600 Kilometer ab — von einem Elektromotor unterstützt. Egli ist an Multipler Sklerose erkrankt, die ihn plötzlich aus seinem Bankberuf riss und an Krücken band — „obwohl das Laufen früher mein Hobby war“.

Mit Rabenstein am Bahnhof

Aber das Hauptthema von Egli ist der Pegnitzer Bahnhof. Er hatte dort im Mai mit Christoph Rabenstein einen Termin. Der SPD-Landtagsabgeordnete hatte schon Wochen vorher im bayerischen Wirtschaftsausschuss beantragt, den Bahnhof möglichst schnell barrierefrei umzubauen. Doch wie eine Kurier-Anfrage bei der DB ergab, ohne Erfolg. Der Bahnhof ist nicht im „Bayern-Paket“, das die DB mit dem Freistaat bis 2018 umsetzt. In dem Paket sind 26 Bahnhöfe, davon die Hälfte S-Bahnhöfe. „Zurzeit wird beraten“, so der DB-Sprecher, „welche Bahnhöfe ins Folgeprogramm aufgenommen werden. Eine Entscheidung steht noch aus.“

Egli: „Momentan ist ein Reisen mit der Bahn ab oder bis Pegnitz für Rollstuhlfahrer überhaupt nicht möglich. Denn wer kann einen besetzten Rollstuhl mit 120 Kilogramm Gewicht 26 Stufen herunter und dann wieder 26 Stufen herauftragen?“

Zu hohe Einstiege

Das nächste Problem ist, dass selbst ein Lift nicht genügt, weil schon das nächste Hindernis wartet: Die Züge haben zu hohe Einstiege. Hier wäre eine Hebebühne die Lösung, wie in Bayreuth. Aber jede Gleisplattform bräuchte eine eigene Hebebühne und Pegnitz hat kein Personal, das solche Bühnen bedienen kann. Sie auf eigene Faust in Aktion zu setzen, ist gefährlich, so Egli. Sie kippt leicht.

Weil nun der Pegnitzer Bahnhof keinen Lift hat, kommt ein Rollstuhlfahrer nicht zum Gleis zwei, wenn er nach Nürnberg will. Er muss über Bayreuth fahren. Umgekehrt ist es genauso: Wenn Egli von Bayreuth nach Pegnitz möchte, muss erst nach Nürnberg und von dort wieder zurück.

Kopfschütteln über Seehofer

Egli: „Bis zum Jahr 2023 soll der öffentliche Raum in Bayern barrierefrei sein, sagt Horst Seehofer. Darüber kann ich nur den Kopf schütteln. Ich halte es nicht für möglich, dieses Ziel in acht Jahren zu erreichen.“

Er schrieb der Bahn eine Beschwerde. Die Antwort lautete: „Da der Bahnhof Pegnitz im mittelfristigen Zeitraum aus derzeitiger Sicht nicht barrierefrei umgebaut wird, bleibt nur die Lösung des Umwegs über Bayreuth.“

Um anderen Behinderten zu helfen, bestellte Egli noch Flyer zu den Themen Senioren, Pflege und Behinderung, um sie im Rathaus auszulegen.