Rätselhafte Ortsumgehung für Eckersdorf

Von Thorsten Gütling
Eckersdorf soll eine Ortsumgehung bekommen, die gar niemand will. Warum ist das so? Foto: Ronald Wittek Foto: red

Im Entwurf des jüngsten Bundesverkehrswegeplans steht: Im Norden von Eckersdorf müsste eine Ortsumgehung gebaut werden. Während andernorts seit Jahren für eine Umgehungsstraße gekämpft wird, versichert Eckersdorfs Bürgermeisterin Sybille Pichl: "Wir wollen das gar nicht." Wie aber kommt die Straße dann in den Plan? Die Antwort auf diese Frage liegt in Hollfeld.

 
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Seit Jahrzehnten steht die Eckersdorfer Ortsumgehung in den Verkehrsplänen des Bundes. Seit Jahrzehnten sagt der Bund: Sie ist gar nicht so wichtig. Die ersten Ideen dazu gehen auf die Zeit vor der Gebietsreform 1978 zurück. In der damals noch eigenständigen Gemeinde Donndorf überlegten sich Gemeinderäte, den Ort über die sogenannte Hohe Straße an Bayreuth anzubinden. Man versprach sich Vorteile für das Gewerbegebiet im Norden des Dorfes. Das Klinikum gab es da noch lange nicht.

Bayreuth lehnte die Pläne früh ab

Die Stadt Bayreuth lehnte den Bau der Straße damals ab. Lieber plante man eine Siedlung in Oberpreuschwitz. Später, als Eckersdorf und Donndorf zusammenwuchsen, machte sich allen voran die SPD dafür stark, den Verkehr aus dem Ort zu bekommen. Eine mögliche Trasse: vom Matzenberg, über Teufelsgraben, die Hohe Straße und weiter bis nach Oberwaiz. Vorangetrieben hat die Pläne aber niemand. Der frühere Bürgermeister, Klaus Hümmer, sagt: "Es war nie mehr als ein Strich im Flächennutzungsplan."

Plötzlich wird die Straße wichtig

Danach hatten die Eckersdorfer die Ortsumgehung, obwohl sie in jedem Bundesverkehrswegeplan auftauchte, vergessen. Bürgermeisterin Sybille Pichl sagt: Die Umgehungsstraße würde den Gewerbetreibenden im Ort nur schaden. Dafür, die Umgehungsstraße aus dem Bundesverkehrswegeplan herauszunehmen, hat sich in Eckersdorf trotzdem niemand stark gemacht. Manfred Präcklein, einer der ältesten Gemeinderäte, sagt: "Wir haben einfach nie groß darüber nachgedacht."

Bis jetzt. Im jüngsten Entwurf des Plans, hat die Eckersdorfer Umgehung Karriere gemacht. Dort ist sie als ein Projekt mit höchster Priorität aufgeführt. Das heißt: Bis zum Jahr 2030 soll gebaut werden. Dabei würde die Umgehungsstraße heute einen Radweg kreuzen, der gerade entsteht. Und sie würde an einer Donndorfer Siedlung vorbeiführen, die es zu Beginn der Planungen noch lange nicht gab.

Wichtig wird die Straße plötzlich, weil sich im 20 Kilometer entfernten Hollfeld etwas geändert hat, das nur die wenigsten Hollfelder bemerkt haben dürften: Seit 2013 wird die Stadt als Mittelzentrum bezeichnet. Mittelzentren sind Kommunen, die Waren, Dienstleistungen und Infrastruktur anbieten, die es im Umkreis nicht gibt. Dazu zählen Fachärzte, Schwimmbäder und Kinos.

Hollfeld wird Mittelzentrum

Diese Aufwertung Hollfelds hat Folgen für die B22, die durch Eckersdorf führt. Die ist seitdem eine Verbindungsstraße zwischen einem Mittelzentrum und dem Oberzentrum Bayreuth. Deswegen sagt der Bund jetzt: Diese Straße ist wichtig und bezeichnet sie als eine Straße der Funktionsstufe 2. Oliver Hempfling, Sprecher der Regierung von Oberfranken, sagt: Das heißt, dass diese Straße "anbaufrei", also frei von Grundstückszufahrten, zu sein habe. Dass das auch andernorts entlang der B22, zum Beispiel in Eschen und Busbach, nicht der Fall ist, sei egal. Ein historisch gewachsenes Straßennetz lasse sich schließlich nicht zeitnah umbauen.

Laut Entwurf des jüngsten Bundesverkehrswegeplans hat sich der Freistaat schon bereit erklärt, die Ortsdurchfahrt, die dann zur Staatsstraße herabgestuft werden müsste, unter seine Fittiche zu nehmen. Und Horst Friedrich, ehemals verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagt: Keiner lasse sich den Unterhalt einer Straße aufhalsen, wenn es nicht unbedingt nötig sei.

Weitere Gründe

Die Aufwertung Hollfelds ist aber nicht der einzige Grund für den Bau einer Eckersdorfer Ortsumgehung. Eine Vielzahl weiterer Gründe, die der Bund zur Bewertung von Verkehrsprojekten heranzieht, seien in Eckersdorfs sowieso schon positiv zu bewerten. Unter anderem die Tatsache, dass der Bau einer Umgehungsstraße im Norden Eckersdorfs, anders als in Heinersreuth, einen vergleichsweise geringen Eingriff in die Natur darstelle. Ein weiterer Grund: Der Bund schätzt, dass sich das Ortsbild Eckersdorfs durch den Abzug des überörtlichen Verkehrs verbessern würde. Für Heinersreuth rechnet er dagegen mit kaum einer Veränderung.

Die Eckersdorfer Ortsumgehung ist aber noch keine beschlossene Sache. Es handelt sich um einen Entwurf, der derzeit öffentlich ausliegt und dem noch fünf Wochen lang widersprochen werden kann. Bürgermeisterin Pichl sagt: "Wir werden dafür sorgen, dass die Umgehung aus dem Plan verschwindet."Und Kathrin Fändrich, Sprecherin des bayerischen Innenministeriums, versichert: "Keine Sorge: Es wird nichts gebaut, wogegen es eine einhellige Meinung der Bürger vor Ort gibt."

Umsonst gerechnet: Lesen Sie hier Thorsten Gütlings Kommentar zur Ortsumgehung

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