Ranftls rätselhafte Räume

Von Michael Weiser

Er war schon im Bundestag, nun hat er’s wieder mal ins Kabinett geschafft – ins Kunstkabinett im Alten Rathaus: Helmut Ranftl ist mit seinen versponnenen Arbeiten im Bayreuther Kunstmuseum zu Gast.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Was man auf Ranftls Bildern sieht, meint man von Renovierungsarbeiten an historischen Gebäuden her zu kennen, etwa seinerzeit im Treppenhaus von Haus Wahnfried. Die Restauratoren schaben streifenweise den Putz ab, Schicht für Schicht, um sich an die ursprüngliche Bemalung förmlich heranzutasten. So sieht das manchmal auch auf Helmut Ranftls Bildern aus: Als habe er einen viereckigen Ausschnitt aus einer historischen Wand gewählt, um darin die freigelegten Spuren der Zeiten zu dokumentieren: Farbschichten, Tapetenreste, Spuren von Kritzeleien.

Mit überraschenden Folgen: Man meint, etwas zu erkennen, fühlt sich an Vergangenes erinnert. Und ist im nächsten Augenblick schon wieder verunsichert: Die verwischten Spuren von Gegenständlichem stellt Ranftl dem Informel gegenüber.

Woran man noch denkt, wenn man die Bilder des gebürtigen Münchners betrachtet, ist die Haptik. Man hört derlei oft bei Kunst, irgendwas mit Haptik, und fragt lieber nicht genau nach, was das in diesem oder jenen Fall zu bedeuten habe. „Haptisch“ , also in etwa „zum Berühren geeignet, berührbar, fühlbar“ sind Bilder ja nicht: Der Museumswärter, falls anwesend, hätte dem Betrachter vermutlich etwas zu sagen, gäbe der seine Betrachterrolle auf, um zum Bildergrapschen überzugehen.

Anfassen - das wäre was

Aber diesmal ist was dran: Bei Ranftl, der bereits an vielen Orten und darunter eben im Bundestag ausgestellt hat, hat man den Eindruck, als würde man von diesen Bildern mehr verstehen, würde sie besser begreifen, dürfte man sie nur mit den Fingerspitzen erkunden. Bei „Raumzitate“ zum Beispiel. Der Titel lässt sich noch halbwegs erklären: Ranftl hat in diesem Bild – genauer: dieser Assemblage aus verschiedenen Materialien – drei Räume nur ansatzweise abgebildet und also „zitiert“. Warum aber der mittlere Raum auf einem eigenen Holzquadrat über der Fläche mit den beiden anderen Räumen liegt, lässt den Betrachter rätseln. Ach, dürfte er nur zum Tasten übergehen und drunterschauen. Oder das mittlere Quadrat verschieben, wie den virtuellen Schieberegler auf manchen historischen Fotos im Internet, der Vergangenheit und Gegenwart trennt. So sah’s mal aus, so sieht es heute aus. Eben wie dieses Bild: Zwei rötlich verschattete Räume, die heruntergekommen wirken und deren Funktion unklar bleiben muss. Den Raum in der Mitte sehen wir in einem halbwegs klaren Licht, das scharfe Schatten wirft. Der Raum wirkt aufgeräumt, links ein Ledersessel, darüber ein Rahmen mit Bild und Passepartout, in einer Wand mit Zierleisten. Was Ranftl daneben gestellt hat, ist möglicherweise der selbe Raum in anderen Zeiten. Als wären Ordnung und das klar Wahrnehmbare nur Zufall und sowieso die klare Ausnahme.

INFO: Bis 10. Mai Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr im Kunstmuseum.