Im Prozess um Mordkomplott im Knast sollen am 8. Juli die Plädoyers gehalten werden Psychiater als Fürspecher für den Ex-NKD-Chef

Von Manfred Scherer
Foto: Ritter Foto: red

Im Prozess um das angebliche Mordkomplott des ehemaligen NKD-Chefs Michael Krause hat der Angeklagte einen unerwarteten Fürsprecher gefunden: Der vom Gericht bestellte Psychiater Thomas Wenske charakterisierte Krause als außergewöhnlich intelligenten Kontrollfreak. Zur Intelligenz Krauses passe das Knastkomplott nicht. Der Prozess wurde am Freitagnachmittag unterbrochen - am 8. Juli sollen die Plädoyers gehalten werden.

 
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Die lange Pause ist möglich, weil bislang schon zehn Verhandlungstage absolviert sind. Vor den Plädoyers will der der versuchten Anstiftung zur Geiselnahme und zum Mord angeklagte Manager noch ein ausführliches letztes Wort sprechen.

Im zweiten Gespräch erlebt der Psychiater eine Überraschung

Ausführlich waren auch seine Ausführungen beim Psychiater. Gutachter Wenske musste nach einem ersten Gespräch am 28. Mai einen zweiten Termin am 8. Juni hinterher schieben: Krause sei ein extrem weitschweifiger Erzähler. Im ersten Gesprächstermin sei es ihm nicht möglich gewesen, "Krauses Monologe zu durchdringen". Beim zweiten Gesprächstermin erlebte der Psychiater eine Überraschung: Der Mann, den er als oberflächlich, gefühlsarm und kontrolliert erlebt hatte, öffnete sich. "Er hat einmal sogar herzhaft mit mir gelacht. Und einmal war er tatsächlich den Tränen nahe."

Aus Angst entsteht beim Angeklagten ein Kontrollzwang

Wenske fand bei Krause ein Grundgefühl: Angst. Aus dieser Angst heraus habe der Mann einen regelrechten Kontrollzwang entwickelt. Vor allem einen zur Selbstkontrolle.

Psychiater Wenske berichtete, Krause habe auch bei ihm die ihm zur Last gelegten Taten abgestritten. Ehe die Sprache auf das Knast-Komplott kam, habe Krause ihm ausführlich über die Geschichte des NKD-Untreueprozesses erzählt. Warum Krause sich trotz der Verurteilung wegen der Millionen-Untreue für unschuldig halte. Bekanntlich hatte Krauses Untreueverfahren 61 Verhandlungstage gedauert und Ende April 2015 mit dem Schuldspruch und einer Strafe von sechs Jahren geendet.

"Wir haben 3,7 Millionen Gründe, uns zu unterhalten"

Krause berichtete dem Psychiater, dass er wegen der ausführlichen Presseberichterstattung über den Untreueprozess im Knast als Person empfangen worden sei, die man ausnehmen könne. Erste Worte von Mitgefangenen seien gewesen: "Wir haben 3,7 Millionen Gründe, uns zu unterhalten." Zur Erinnerung: 3,7 Millionen ist die Summe, die Krause veruntreut haben soll.

Keine Anhaltspunkte für "Knastkoller"

Dem Psychiater sagte der Ex-Manager, er habe im Knast einen schweren Fehler begangen: Er habe Leuten, die ihn mit aktuellen Fotos seiner Familie erpressten, Geld gezahlt. Danach habe es im Knast ständige Erpressungsversuche gegeben - auch jenen, den Krause zurückgewiesen haben will und der Ende Oktober 2014 dazu geführt habe, dass zwei tschechische Mitgefangene Krause bei den Behörden belasteten. Die Aussagen führten zur Anklage: Kraus soll versucht haben, über die zwei Mithäftlinge ein Entführungskommando zu organisieren, das den Vorsitzenden Richter im Untreueverfahren entführt, ihm die Freilassung und den Freispruch Krauses abpresst und ihn tötet, falls er nicht mitmacht. Krauses Erklärung dazu beim Psychiater: "Man stelle sich das vor: Der Richter kommt mit einem blauen Auge und eingegipsten Arm und sagt, dass der Prozess eingestellt wird. Das ist doch unlogisch." Der Gutachter fand Krauses Erklärung "nicht unauthentisch."

Dass Krause den Entführungs- und Mordauftrag aus einer schweren Störung, aus einem "Knastkoller" heraus gegeben haben könnte, dafür gibt es laut dem Psychiater keine Anhaltspunkte. Der Angeklagte sei voll schuldfähig.