Ein Pärchen ist für 91 Fälle des Drogenhandels angeklagt, aber im Prozess geben sie nur noch einen Teil zu Prozess: Zwei Süchtige rudern zurück

Von Manfred Scherer
Mit Crystal Speed soll ein Pärchen aus Kulmbach gehandelt haben. Vor Gericht geben beide weit weniger zu, als in der Anklage steht. Foto: David Ebener dpa-Archiv Foto: red

Ein drogensüchtiges Dealerpärchen aus Kulmbach hat am Montag das Bayreuther Schöffengericht vor ein rechtliches Problem gestellt. Das Pärchen ist für 91 Fälle des Drogenhandels angeklagt, aber im Prozess geben sie nur noch einen Teil zu. Kernfrage des Prozess ist, ob das Pärchen, das zusammen lebte und gemeinsam Rauschgift konsumierte auch gemeinsam illegale Geschäfte machte.

 
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Angeklagt sind eine 22-jährige Frau und ein 34-jähriger Mann. Der Fall wird vor dem Bayreuther Schöffengericht verhandelt, weil der 34-Jährige in Untersuchungshaft sitzt. Das zuständige Haftgericht für Kulmbacher Schöffenverfahren ist laut der hiesigen Gerichtsordnung das Bayreuther Schöffengericht. In Haft sitzt der Mann, weil er im April 2107 in Kulmbach wegen Drogenhandels zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war und nach dem Urteil heraus kam, dass er sowohl während der damaligen Gerichtsverhandlung als auch nachher – unter Bewährung stehend – mit seinen illegalen Geschäften weiter gemacht hatte.

Der Fall bekannt, weil die Polizeiinspektion Kulmbach einen Hinweis aus der dortigen Drogenszene bekam. Zudem wusste die Bayreuther Kripo aus einer Telefonüberwachung, dass ein größerer Crystal-Speed-Dealer auffällig oft mit den beiden nun Angeklagten telefonierte.

"Lebensbeichte" soll zuviel gewesen sein

Es war die 22-Jährige, die nach ihrer Festnahme eine „Lebensbeichte“ ablegte, wie es ein Kripobeamter als Zeuge nannte. Ausfluss dieser Beichte war die Anklage, die dem Pärchen gemeinschaftlichen Drogenhandel und Drogenerwerb in 91 Fällen vorwirft. Es geht um Kleinmengen 0,3 bis 1,5 Gramm, die die beiden Süchtigen ein- und weiterverkauften. Zum Teil waren die weiterverkauften Mengen gestreckt.

Die Gesamtzahl von 91 Fällen wollten Angeklagten im Prozess aber nicht bestätigen: Durch Prozesserklärungen ihrer Verteidiger Christian Barthelmes und Werner Brandl schraubten sie die Anzahl der Fälle zurück. Letztlich gestand der 34-Jährige 17 Fälle, die 22-Jährige 20 Fälle.

Den Vorhalt, diese Zahlen seien doch etwas tief gegriffen – immerhin hatte die junge Frau elf Lieferanten und elf Abnehmer benannt, entgegneten beide Verteidiger, man müsse die Zahlen zusammenzählen.

Der Trick dabei: Keiner der Angeklagten will von den Einkäufen und Verkäufen des Partners oder der Partnerin gewusst haben. Demnach blieben von der Anklage insgesamt 37 Fälle. Was macht das Gericht mit dem Rest? Spricht es frei? Oder einigt man sich mit der Staatsanwaltschaft auf eine Einstellung des Rests, weil er womöglich in Bezug auf die Strafhöhe nicht ins Gewicht fällt?

Der Prozess wird fortgesetzt, dann soll ein Psychiater zur Frage Stellung nehmen, wie süchtig das Pärchen ist und ob beide in die Zwangstherapie müssen.

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