Neue Sonderausstellung im Fränkische-Schweiz-Museum Propaganda im Kinderzimmer

Von Klaus Trenz

Spielzeug fasziniert nicht nur Kinder. Es gibt nicht wenige Sammler, die sich Spielzeug zu Hause in die Vitrine stellen, wenn sie längst erwachsen geworden sind. Vor allem dann, wenn das Spielzeug Seltenheitswert bekommen hat oder gar antiquarisch geworden ist. Oder es wandert in ein Museum. Beispielsweise in das Fränkische-Schweiz-Museum in Tüchersfeld. „Spielzeug. Damals und heute“, heißt die neue Sonderausstellung.

 
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Sie hat ein besonderes Merkmal: Konzipiert wurde die Ausstellung von Schülern der Museums AG des Gymnasiums Fränkische Schweiz in Ebermannstadt. Von Schülern, die gerade mal den Kinderschuhen entwachsen sind.

Rollen klar verteilt

Industriell gefertigtes Spielzeug gibt es erst seit Ende des 20. Jahrhunderts. Die Rollen waren klar verteilt: Mädchen spielten mit Puppen, Puppenhäusern und Puppenwagen. Buben bekamen Eisenbahnen und Militärspielzeug in die Hand. Spielen galt als Vorbereitung für die spätere Rolle in der Gesellschaft. Die Ausstellung macht das deutlich. Zum Krieg im Kinderzimmer kam, was vor allem die Buben betraf, Propaganda, je näher der Erste Weltkrieg kam. Spiele wie „Kriegsquartette“, das „Kriegsspiel Kampf gegen Russland“ oder „Die feuernde Mörserbatterie“ sprechen eine deutliche Sprache.

Das sorgt für kalte Schauer

Nach der so genannten Machtergreifung der Nationalsozialisten änderten sich in den 1930er Jahren zwar die Uniformen der Soldatenfiguren, die es jetzt statt aus Pappe und Zinn aus Elastolin (Holzmehl und Leim) gab, aber die Propaganda blieb. Ein „Führerquartett“ dürfte so manchem Ausstellungsbesucher einen kalten Schauer über den Rücken jagen.

Puppen sind Mädchensache

Etwa ab 1950 gab es wieder industriell gefertigtes Spielzeug in reicher Auswahl. Autos und Eisenbahnen aus Blech waren der Renner bei den Jungs. Die Rollenverteilung blieb übrigens bei den Vorkriegsmustern: Mädchen spielten mit Puppen und Kaufläden.

Die neue Spielzeugwelt

Ein Jahrzehnt später eröffnete die Produktion von Spielzeug mit Plastik neue Themenwelten. Selbstgemachtes Spielzeug – bis dahin oft noch der Normalfall – gerät in den Hintergrund. Vor allem ein Spielzeughersteller tritt seinen Siegeszug in die Kinderzimmer an, auch wenn seine Produkte vor über 50 Jahren für viele Eltern fast unerschwinglich war: Lego. Noch einmal ein Jahrzehnt später kam ein weiteres Spielzeug hinzu, das zumindest in Deutschland die Regale in den Kinderzimmern mit beherrschte: Playmobil. Fürs Spielen um des Spielens willen. Doch Spielzeug bekommt auch pädagogische Züge.

Spiegel der Gesellschaft

Die kleine Ausstellung gibt einen guten Überblick darüber, wie sich das Spielzeug in mehr als hundert Jahren entwickelt hat, spiegelt auch die Entwicklung der deutschen Gesellschaft wider. Die Hinweise auf das Zeitgeschehen sind wohltuend knapp gehalten – es geht immerhin um Spielzeug.

Erinnerungen wecken

Die Schüler haben nicht die vorrangige Absicht, Geschichte und Politik mit den Exponaten aus den Kinderzimmern zu verknüpfen. „Wir wollen Erinnerungen an die Kindheit wecken“, sagt der 16-jährige Wolfgang Süssemilch, der zusammen mit Anna Puff und Franziska Dippold zum Konzeptteam der Museums AG gehört.

Gegen das Vergessen

Es gibt eine Zielgruppe für die Gymnasiasten: „Die Großeltern sollen mit ihren Enkeln in die Ausstellung gehen und miteinander über Spielzeug ins Gespräch kommen.“ Die Ausstellungsstücke stammen aus den Familien der Kinder, von Dachböden der Großeltern, aus dem Bestand des Fränkische-Schweiz-Museums und aus Leihgaben aus privater Hand und von Museen. Und vielleicht entdeckt man auch das eine oder andere Spielzeug, mit dem man früher gespielt hat, ausdauernd und begeistert. Das einen begleitet hat, bevor’s fast in Vergessenheit geriet – bis zum Besuch dieser Ausstellung.