„Lieber tot“ als eine Last für Angehörige Politische Forderungen bei VdK-Podiumsdiskussion

Von Harald Judas und Christina Knorz
 Foto: red

Regina Strössenreuther macht sich Sorgen um die Zukunft der Pflege. Große Sorgen. Am Freitag sprach die Leiterin der Bad Bernecker Diakoniestation auf einer Podiumsdiskussion des Vdk. Dorthin ging sie mit einer schweren Last. Denn erst am Vormittag hatte ihr eine alte Dame gesagt: „Am liebsten wäre mir, ich wäre tot.“

 
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Alt und krank und dann auch noch eine Last für Angehörige – das sei für „viele“ im Landkreis eine unerträgliche Situation. Strössenreuther und ihre Pfleger seien oft in einer Zwickmühle, erklärt sie unserer Zeitung nach der Veranstaltung. Wenn pflegende Angehörige ausfallen, die Diakonie einspringt, aber die Krankenkasse die bereits erbrachte Leistung nicht zahlt, hat Strössenreuther die Wahl: „Entweder treiben wir Geld von Leuten ein, die es oft nicht haben oder wir machen es umsonst.“ Dass sie pflegt, wo eigentlich nichts zu pflegen sei, verneint sie. „Wenn die Leute das eigentlich selbst machen können, klären wir auf und zeigen, wie es geht.“

Auch Ehrempfinden hindere alte Menschen daran, Hilfe zu bekommen. „Sie wollen nicht, dass wir umsonst helfen, aber zum Sozialamt gehen, wollen sie auch nicht“, sagt Strössenreuther. Dort würde geholfen, so weit die Betroffenen es zuließen. „Solche Menschen hungern oft und sterben rasch.“ Die Pflegedienstleiterin fordert die Krankenkassen zu besserer Zusammenarbeit auf. „Wir denken uns nicht aus, dass Menschen Hilfe brauchen. Wir sehen Leid, dass man sich in diesem reichen Land nicht vorstellen kann.“ Sie fordert, dass Leistungen für Pfleger besser bezahlt würden. „30 Prozent unserer Arbeit wird nicht bezahlt.“ Die Dokumentation der Pflege nehmen „zu viel und unbezahlte“ Zeit in Anspruch. Einen „Weckruf für alle Politiker“, nannte VdK-Kreisvorsitzender Christoph Rabenstein Strössenreuthers Ausführungen.

Perspektiven für den Landkreis

Der ehemalige Warmensteinacher Hausarzt Peter Fülle fordert die Politik auf, die Arbeitsbedingungen für Ärzte zu verbessern. Sonst werde es schwierig, die medizinische Versorgung auf dem Land sicherzustellen. Schließlich seien 400 Hausärzte in Oberfranken über 55 Jahre alt. Fülle forderte mehr Lehrstühle für Allgemeinmedizin. Außerdem sollten Ärzte während ihrer Ausbildung ein Viertel des Praxisjahres bei einem Allgemeinarzt absolvieren.

Regionalmanager Alexander Popp, Stadtrat und zweiter Bürgermeister in Bad Berneck, forderte eine ganzheitliche Entwicklungsstrategie, eine Perspektive 2020, für den Landkreis.Der VdK hatte am Freitagabend in den Kurhaussaal zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Auswirkungen der Demografie“ eingeladen.

Archivbild: Wunner

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