Zu wenig Raum, zu viel zum Zeigen, zu sehr am Rand:  Schreibmaschinenmuseum hat  Probleme Platz gesucht: Ein Museum und seine Schätze

Von Michael Weiser

Ein Museum erhält eine Gabe. Und hat damit ein Problem – Platzmangel. Nicht der einzige Grund, warum man sich im Bayreuther Schreibmaschinenmuseum Sorgen um die Zukunft macht.

 
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Man kommt, kaum hört man Eberhard Meyer ein paar Sekunden zu, auf seltsame Gedanken. Dass Schreibmaschinen womöglich nicht nur Geräte aus Metall, Plastik und Stoffband sind, sondern weit mehr: Accessoire für die Frau, Quell der Inspiration. Und Druckmittel in der Bürohierarchie. „So müssen Sie sich das vorstellen“, krächzt er gut gelaunt, „da hat die Sekretärin zu ihrem Chef gesagt: Wenn du mir die nicht besorgst, kannst du dir deinen Kaffee selber kochen. Und auf deinen Schoß setze ich mich auch nicht mehr.“

Meyers Rede ist von der IBM Electro select, seit den frühen Sechzigerjahren das neue Apple i-Pad unter den Schreibmaschinen: In ist, wer dran sitzt. Die granatrote Augenweide für die gestresste Bürokraft war die vielleicht erfolgreichste Schreibmaschine ihrer Art. Für Meyer aber besitzt sie auch noch subversives Potenzial. „Eine Revolution war das“, frohlockt er, „vorher waren doch alle Maschinen schwarz oder grau.“ Die Frauen, so sieht er die Evolution der Emanzipation, hatten Küche und Kinderzimmer verlassen, um Sekretärinnen zu werden. Mit der IBM-Maschine aber brachen sie auch noch die Uniformität des Büroalltags auf.

Meyer, der früherer IBM-Techniker, kann über Schreibmaschinen dozieren wie Rosenzüchter über Rosen und Autoliebhaber über Autos: zärtlich und technisch zugleich. Weil aber seine Sicht und die seiner Mitstreiter auf die Schreibmaschine längst nicht von jedem Bayreuther geteilt wird, hat das Schreibmaschinenmuseum ein Problem. Es genießt wenig Aufmerksamkeit, und wenig Aufmerksamkeit zieht geringe Dringlichkeit nach sich.

„Irgendwann in den nächsten Jahren müsste sich mit den Räumen hier etwas tun“, sagt Leiter Holger Woppmann. Er ist Lehrer für Informationstechnologie (IT). Und er weiß nur zu gut, was die Schreibmaschine über die Kulturgeschichte – nicht nur des Büros – zu erzählen hat. Aber weil dieses Wissen nicht Allgemeingut ist, schwant ihm, dass für sein einzigartiges Museum vorerst keine Besserung in Sicht ist. Neue Räume wären gut, mehr in der Stadtmitte, am besten mit anderen Einrichtungen zusammen. Aber das wird schwierig. Bayreuth hat so viele Baustellen im Moment, wie will man sich da Gehör verschaffen? Ohnehin logiert man am entfernten Rand der Stadt.

Eberhard Meyer kümmert sich derweil um neue Errungenschaften. Er ist auf einen Peter Krass in Sindelfingen gestoßen, der einen Erben für seine Schreibmaschinensammlung gesucht hat. Meyer hat an die 200 Kilometer zurückgelegt und nunmehr seine Beute ins Schreibmaschinenmuseum abgeliefert: 60 Maschinen, schlagartig wächst der Bestand des Museums um fast zehn Prozent.

Ohnehin stellt man nur rund 250 Maschinen aus, Relikte einer fast schon vergessenen Ära, manche kurios, viele interessant, fast alle viel schöner, als es ein Computer jemals sein kann. Woppmanns Blick geht an die Decke der Baracke, die bald mal überholt werden müsste, dann schweift er über die Vitrinen und Regale mit Schreibmaschinen. „Mehr Platz zum Ausstellen, das wäre super. Dann könnte man das auch ganz anders präsentieren.“ Und vielleicht noch besser erklären, dass eine Schreibmaschine mehr ist als eine Maschine zum Schreiben.

INFO: Das Deutsche Schreibmaschinen-Museum in Bayreuth ist über die Inselstraße zu erreichen. Infos unter Telefon 0921/2 34 45.

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