Platz für Migranten gesucht

Von Andreas Gewinner
Vor 60 Jahren als preiswertes Urlaubsdomizil für Gruppen und Familien gebaut: das Feriendorf am Fichtelsee, ehemals Zeltlagerring Oberfranken. Doch die letzten Jahre lebten hier nur Migranten und Flüchtlinge. Geht es nach dem neuen Eigentümer, wird das auch in Zukunft wieder so sein. Die Gemeinde hingegen setzt auf die ursprüngliche Nutzung. Foto: Archiv/Andreas Gewinner Foto: red

Ziehen wieder Flüchtlinge ein im einstigen Feriendorf am Fichtelsee? Die Antwort auf diese Frage ist ein Stück näher gerückt: Am Mittwoch hat die Regierung von Oberfranken die Immobilie in Augenschein genommen, um zu entscheiden, ob sie überhaupt für den Zweck taugt. Geht es nach der Gemeinde Fichtelberg, wird daraus jedenfalls nichts.

 
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Zwar hat sich der Zustrom von Migranten und Flüchtlingen derzeit in etwa auf dem Niveau von 2014 eingependelt. Aber: „Die Regierung von Oberfranken sucht in ganz Oberfranken dringend geeignete Gebäude, in denen Gemeinschaftsunterkünfte eingerichtet werden können“, wie es auf der Internetseite der Regierung heißt. Dies können sowohl Häuser mit einzelnen Zimmern sowie Gemeinschaftseinrichtungen sein, als auch Häuser mit abgeteilten Wohnungen. Zu den Anforderungen gehört unter anderem Platz zur Unterbringung von mindestens 50 Personen.

Wie berichtet, hat das Feriendorf einen neuen Eigentümer, der es der Regierung zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten hat. Eigentümer ist die Hejazi Verwaltungs GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main sowie im nahen Kelsterbach. Die Kelsterbacher Adresse ist identisch mit einem ehemaligen Hotel, das der Landkreis Groß-Gerau gemietet hat und in dem ebenfalls Flüchtlinge untergebracht sind.

Das Feriendorf am Fichtelsee käme in Frage als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber oder als Übergangswohnheim für Kontingentflüchtlinge, teilte die Regierung von Oberfranken im Februar auf Nachfrage mit. „Als Kontingentflüchtlinge bezeichnet man von der Bundesregierung ausgewählte und überprüfte Personen, die z. B. im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens oder aufgrund ihrer Tätigkeit als afghanische Ortskräfte nach Deutschland kommen. Letztere wiederum sind Personen, die den deutschen Truppen in Afghanistan Unterstützung geleistet haben, etwa als Dolmetscher. Die Kontingentflüchtlinge haben eine Aufenthaltserlaubnis. Diese ist zunächst auf drei Jahre befristet, kann jedoch verlängert werden. In nächster Zeit werden vermehrt Kontingentflüchtlinge zugewiesen, die in Übergangswohnheimen untergebracht werden müssen“, so damals Regierungssprecher Jakob Daubner.

Bei dem aktuellen Besichtigungstermin am Mittwoch ging es darum, „sich vor Ort ein aktuelles Bild vom Zustand des Gebäudes zu machen“, so Daubner im Vorfeld des Termins: „Zudem sollen die beiderseitigen Vorstellungen erörtert werden. Sollte es tatsächlich zu einem Vertragsabschluss kommen – was derzeit noch völlig offen ist – würde eine Nutzung durch die Regierung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber oder als Übergangswohnheim für Kontingentflüchtlinge in Frage kommen.“

Damit auf die örtlichen Belange Rücksicht genommen werden kann, geschehe dies „selbstverständlich in enger Abstimmung mit der Gemeinde“, betont Daubner: „Über den Besichtigungstermin haben wir die Gemeinde informiert.“ Über das Ergebnis des Termins vom Mittwoch konnte Daubner am Tag danach noch nichts Abschließendes sagen: „Im Rahmen des gestrigen Termins wurde die Liegenschaft in Augenschein genommen und über mögliche Konditionen gesprochen. Beide Seiten werden sich nun hierüber Gedanken machen. Wenn die Liegenschaft grundsätzlich als geeignet eingestuft wird, bekommt die Gemeinde zunächst die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme.“ Daubner macht auf Nachfrage aber auch deutlich, dass die Gemeinde kein Vetorecht in dieser Frage habe.

Wie ebenfalls berichtet, verfolgt die Kommune – einstimmig beschlossen vom Gemeinderat – planungsrechtliche Schritte, die einer Unterbringung von Flüchtlingen entgegen stehen würden. Dies wäre aber das Problem des Eigentümers, nicht der Regierung. Ein Vertrag kommt erst zustande, wenn der Eigentümer alle nötigen Genehmigungen hat.

Tim Czarny, Mitarbeiter der Hejazi Verwaltungs GmbH in Frankfurt, sagte am Donnerstag auf Nachfrage: „Zu laufenden Verhandlungen geben wir keine Auskünfte, das ist für uns vertraulich.“

Bis 30. April sind in diesem Jahr in Oberfranken bisher 488 Asylbewerber neu aufgenommen worden. (2017: 3045; 2016: 5025). Damit ist man aktuell in etwa auf dem Niveau von 2014. Im Landkreis Bayreuth leben aktuell 78 Migranten in einer Gemeinschaftsunterkunft, 240 sind dezentral untergebracht.

Interview mit dem Bürgermeister

Die Regierung von Oberfranken will die Gemeinde Fichtelberg einbeziehen bei der Entscheidung, ob das Feriendorf für Flüchtlinge gemietet wird. Wir sprachen darüber mit Bürgermeister Georg Ritter.

Frage: Welches Votum werden Sie abgeben?

Georg Ritter: Wir Fichtelberger haben zwischen 2012 und 2017 bis zu über 100 Flüchtlingen eine Unterkunft und Gastfreundschaft geboten. Wir waren eine von sieben oder acht Gemeinden im Landkreis, die überhaupt Flüchtlinge aufgenommen haben. Wir haben vor allem in der Gemeindeverwaltung einen Mehraufwand hingenommen, der den anderen 25 Gemeinden im Landkreis gänzlich erspart geblieben ist. Kurz gesagt: Wir denken, wir haben vorerst unseren Teil für die Flüchtlingsaufnahme geleistet, und es sollen nun auch die anderen 25 Gemeinden die Möglichkeit bekommen, sich hier einbringen zu können. Laut Regierung soll eine Anmietung des Objektes für die Unterbringung von Flüchtlingen nur mit Zustimmung Fichtelbergs erfolgen.

Frage: Verfolgt die Gemeinde ihre planungsrechtlichen Schritte – die ja in der Konsequenz bedeuten würden, dass eine Flüchtlingsunterbringung eher nicht möglich wäre – weiter?

Ritter: Zum einen ist ja eine Zweckbindung auf dem Grundstück dinglich gesichert, wonach ausschließlich Erholung für Familien, Kindern und Jugendlichen erlaubt ist. Bereits diese Zweckbindung würde einer Nutzung als Flüchtlingsunterkunft für dauernden Aufenthalt entgegenstehen. Daneben ist die Gemeinde weiterhin mit der städtebaulichen Beplanung dieser Flächen befasst.

Frage: Kam es zu einem weiteren Gespräch mit dem Eigentümer anlässlich des Termins? Wenn ja, mit neuem Ergebnis?

Ritter: Ein Treffen war heute nicht vorgesehen.

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