"Pegnitz unter Strom" Pegnitz: Bürgerinitiative will eigenes Gutachten einholen

Von Thomas Knauber
Die Fotomontage zeigt, wie die Stromtrasse die Stadt beeinträchtigen könnte. Die Bürgerinitiative plant bald eine fernsehreife Aktion, um die Masthöhe von 80 Metern anschaulich zu machen. Foto: BI „Pegnitz unter Strom“ Foto: red

Rund 300 Zuhörer füllten die Wiesweiherhalle, als die Bürgerinitiative (BI) „Pegnitz unter Strom“ über den neuesten Stand der Trassenplanung sprach. Gerd Weber, Sprecher der Pegnitzer BI, gab gleich zu Beginn den Tenor vor: „Die Netzbetreiber wollen uns vernebeln, ich darf auch sagen, verarschen. Das lassen wir uns nicht bieten.“

 
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 Landrat Hermann Hübner wählte die gleichen Worte. Wenn jetzt auf Ministerebene „Prüfungen“ der Trassenfakten angekündigt sind, sei das nur „Augenwischerei“.

Die BIs streben ein eigenes Gutachten an. „Dafür gibt der Landkreis Geld. Das ist meine Pflicht. Wir lassen Sie nicht im Regen stehen. Diese Leitung darf und wird nicht gebaut werden.“

Markus Bieswanger, der zweite BI-Sprecher, listete in einer  Dokumentation auf, wie es mit dem Münchner Widerstand abwärts ging, seit Ministerpräsident Horst Seehofer in Mödlareuth (3. Oktober) von einer „unnötigen“ Trasse sprach. Denn am 3. November begann der „ergebnisoffene“ Energie-Dialog des Wirtschaftsministeriums: „Sein Versprechen gilt nicht mehr.“

Nur ein einziger der 100 Dialogpartner kam anfangs von den BIs. Erst nach Protesten bewilligte man sechs BI-Vertreter. „Trotzdem sind wir noch immer extrem unterrepräsentiert.“

Wesentlich sei jetzt, dass sich jeder Bürger online unter www.energie-innovativ.de/energiedialog/ einträgt (nur noch bis Ende November möglich), um den BIs Gewicht zu geben. „Dieses Einloggen dauert nur eine Minute! Sie sollten sich unbedingt beteiligen.“

Bieswanger griff anschließend ein Wort von Seehofer auf, beim Trassenprojekt handele es sich eigentlich nur um ein „Kapitalsammelbecken“. Dies stimme, denn die Rendite von 9,05 Prozent werde schon von Versicherern als „lukrativste Anlageform“ gepriesen, den defensiven Anlagestrategien weit überlegen.

Man plane 190 000 Kilometer Leitungen, „und je mehr gebaut wird, desto mehr wird verdient. Das bezahlen wir! Mit unserer Heimat und unserem Geldbeutel.“ Die Netzbetreiber würden in ihren Unterlagen selbst darstellen, dass es um „hohen grenzüberschreitenden Handel“ geht. Polen und Tschechien sind eingebunden, die Achse Skandinavien-Italien zählt. „Wir Bürger bezahlen den Trassenbau und später die Durchleitungsgebühr für den Strom — aber keiner in Deutschland hat was davon, außer der Profit der Netzbetreiber.“

Bieswanger wies auch die weiter bestehende Verflechtung mit der Kohlestrom-Lobby nach, obwohl der Trassenbeginn versetzt wurde. Den Stromkonzernen gehe es nur darum, ihre Monopole zu sichern. „Sie schreiben sich in einem undurchsichtigen Prozess selbst ihren Wunschzettel.“ Aber Zukunftsforscher halten sie für überholt: „Die Riesen fallen.“ Bürgermeister Uwe Raab griff in einer äußerst engagierten Rede das „Stromsyndikat“ und die „Leitungsburschen“ an. „Bei ihnen geht es rein in die Taschen, und bei uns raus aus den Taschen — und zerstört, was hier Generationen geschaffen haben.“ Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wisse „tief im Herzen“, dass diese Trasse nicht gebraucht wird, „welcher Bockmist da verzapft wird“. Was passiere, wenn die Trasse in einem Terrorfall weggebombt wird?

Er appellierte an Seehofer, Wort zu halten und nicht zum „Hochgeschwindigkeitskreisdreher“ zu werden. Raab selbst sollte einmal bei einem Fachgespräch in Berlin auf die Seite der Netzbetreiber gezogen werden: Aber solch einen „Verrat an den Menschen dieses Landes“ mache er nicht mit. „Rücksichtloser und unehrlicher kann man nicht für die eigenen Interessen eintreten.“ Die Netzbetreiber freveln an der Natur, am Klima, an der Gesundheit. „Ihr geht mit dieser Welt um, als hättet ihr eine zweite im Keller. Aber wir werden diese Erde mit Klauen und Zähnen verteidigen.“

Am Ende meldeten sich auch zwei Hörer zu Wort. Herbert Daut empfahl, schnell Windräder in den Trassenkorridor zu bauen, um die Stromleitung zu verhindern. Matthias Unger von der BI Bayreuth-Südost gab einen Hinweis des Bayreuther Physikers Dr. Wolfgang Richter weiter, der ihnen sagte: Die Trassenplaner ignorieren vollständig, dass eine international gültige Röntgenschutzverordnung dagegen steht.