Entsetzte Hundebesitzerin ruft selbst die Polizei – Jagdrevierpächter und Jäger verzichten auf Anzeige Pegnitz: Golden Retriever beißt Rehkitz tot

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„Das ist einfach schade“: Karl-Heinz Herzing mit dem am Mittwoch von einem Golden Retriever totgebissenen Rehkitz. Foto: Ralf Münch Foto: red

Der kleine Rehbock hatte keine Chance: Ein Golden Retriever hetzte ihn am Mittwoch in einem Waldstück nahe Körbeldorf und biss ihm dann das Genick durch. Ein Schock für die Hundebesitzerin. Sie informierte umgehend die Polizei, brach in Tränen aus, als sie das tote Kitz sah. Die Jagdpächter verzichteten auf eine Anzeige, weil sie sich einsichtig zeigte.

 
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Herzing hat für das von Günter Leipold und Stephan Haberberger gepachtete Revier einen Jagdbegehungsschein, ist für dessen Hege und Pflege zuständig, kümmert sich auch im Winter um die Tierfütterung. Die Mutter des getöteten Kitzes kennt er seit Jahren: „Sie setzt ihren Nachwuchs immer in dem Grünstreifen zwischen Wald und Autobahn ab. Und sie bekommt immer Zwillinge.“ So auch in diesem Jahr.

Als die Hundebesitzerin am Mittwoch mit ihrem Golden Retriever auf einem Feldweg in diesem Bereich unterwegs war, hielten sich die Rehgeiß und ihr Nachwuchs am Waldrand auf. „Er nahm Witterung auf, die Rehe versuchten sich zurückzuziehen, aber da war er schon unterwegs“, so die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Kurz darauf hörte sie schon das Klageschrei des Rehkitzes. Laute, die ihr schwer zusetzten. „Ja, das klingt schlimm“, sagt Karl-Heinz Herzing.

Und fügt hinzu: „Das Kitz war auf verlorenem Posten, ist gegen einen Hund einfach ohne Chance.“ Das Ganze sei „so schade“, war der junge Bock mit seinen rund vier Wochen „doch gerade aus dem Gröbsten raus, hätte sich in 14 Tagen sozusagen selbstständig machen können“.

Herzing ist keiner, der eine generelle Leinenpflicht will. Die bräuchte es auch nicht, ist er überzeugt. Wenn sich denn die Hundebesitzer ihrer Verantwortung mehr bewusst wären. „Auf Wanderwegen habe Hunde ohne Leine nichts zu suchen“, sagt Herzing. Es gebe doch genügend breite Flurbereinigungs- und Schotterwege im Raum Pegnitz: „Da ist das kein Problem, da kann man seinen Hund auch mal frei laufen lassen.“ Solange kein Gehölz in der Nähe ist. Denn dort verstecken sich oft die Tiere, denen Hunde Angst machen: „Das passiert schon, wenn der Hund noch 100 Meter weg ist, sie geraten dann in Panik, das muss nicht sein.“

Immer wieder spricht er „Gassigeher“ im Raum Körbeldorf an, manchmal findet er Verständnis, oft genug merkt er aber auch: „Die denken, lass den doch reden, ich mach’ das eh, wie ich will.“ Vielleicht müsse man doch einmal mit der Stadt reden, ob sie für bestimmte Bereiche eine Leinenpflicht anordnen sollte.

Die Besitzerin des Hundes, der das Kitz „erlegte“, war auch am Tag nach dem Geschehen immer noch verwundert über das Verhalten ihres Vierbeiners: „Er ist normalerweise ein eher fauler Hund.“ Ja, auch in der Vergangenheit habe er schon mal versucht, Rehen nachzujagen, aber immer rasch aufgegeben. Doch das waren eben ausgewachsene Tiere. Und, ja, ihr Golden Retriever hat auch eine Hundeschule besucht. Drei Jahre lang. Seinen natürlich Jagdtrieb, seinen Instinkt könne dies aber natürlich nicht ausschalten.

Natürlich? Karl-Heinz Herzing widerspricht. Und verweist auf Kurse der Jägervereinigung Pegnitz und der Hegegemeinschaft. Dort lernen Hunde, „wie sie sich gegenüber anderen Tieren verhalten müssen, dass sie sich nicht ablenken lassen dürfen, dass sie einfach gehorchen müssen. Sonst werden sie Fällen wie diesen zum Wolf“.

Diese Aussagen sorgen für große Augen bei der Hundebesitzerin: „Das muss man wissen, das ist mir neu.“ Und, wieder ein Ja, sie kann sich gut vorstellen, einmal solch einen Kurs mit ihrem Hund zu besuchen.

Ihr reumütiges Verhalten hat Herzing überzeugt. Deshalb auch keine Anzeige wegen Wilderei. Denn die kann teuer werden: „Strafen liegen da in der Regel zwischen 500 und 600 Euro.“ Er hofft auf noch mehr Einfühlungsvermögen bei allen Hundebesitzern. Darauf, dass sie die Natur mehr wahrnehmen, in der sie sich mit ihren Tieren bewegen, dass sie mehr auf die Natur eingehen. Grenzenloser Optimismus ist aus seinen Worten nicht herauszuhören. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt

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