Paul Panzer bespaßt Oberfrankenhalle

Von Michael Weiser
Was Komödianten halt so machen: Paul Panzer neben fliegender Kuh. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Paul Panzer ist auf der Bühne der kleine Mann schlechthin - und bespaßt das große Publikum. Vor rund 1000 Zuschauern in der Oberfrankenhalle präsentierte er nun sein Programm "Invasion der Verrückten". So verrückt war's dann aber gar nicht, eher gediegen.

 
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Die Pausenmusik ist ganz und gar nicht schlecht, man kann sagen, sie ist bewährt. Eine ganze Reihe Songs der US-Band Toto – und zwar ausschließlich von Toto – verkürzen die Zeit, Stücke aus der großen Toto-Zeit bis zum Ende der 80er Jahre. Und diese Pausenmusik, wir gehen mal davon aus, dass der Künstler sie selbst ausgesucht hat, sagt eine Menge über Paul Panzer: über die Zeit, in der er groß wurde; über das, auf was er auch in seinem eigenen Programm präsentiert: Bewährtes und Bekanntes eben.

Die Ehegattin ist lästig, der Sohn degeneriert, die Tochter eine Randfigur, der Nachbar an sich so – wie er nun mal so ist, wenn man nebeneinander lebt, sich aber darüber hinaus nicht füreinander interessiert. Die Zahl der Verrückten nimmt ständig zu, eigentlich sind sogar alle verrückt. Nur man selber nicht.

Enten die auf Menschen starren

Die Kunstfigur Paul Panzer (der Mann heißt eigentlich Dieter Tappert) pflegt ihren Sprachfehler, ihr geistiges Geisterfahrertum und – schon ziemlich penetrant – ihre Schwächen beim Gebrauch von Fremdwörtern. Paul Panzer schüttelt den Kopf über die Zumutungen des Alltags. Er ist der Kleinbürger mit begrenztem Horizont, sehr begrenzten Fremdsprachenkenntnissen, einer klassischen Familie (Frau, Tochter, Sohn), mit Nachbarn, die diffuse Ängste oder einfach nur Ärger erzeugen. Derlei ist seit langer Zeit komödiantischer Standard, es passt, dass sich Paul Panzer auf dem Veranstaltungsplakat wie eine Mischung aus Laubbläserträger und Duke Nukem präsentiert, einer Figur aus der mittleren Bronzezeit der Computerspiele.

Ähnlich grobpixelig ist auch das Panzer-Programm, das vor 1000 Zuschauern in der Oberfrankenhalle für mächtig Gaudi sorgt. Anarchisch wird es nie, Paul Panzer setzt auf den zuverlässigsten und kürzesten Weg zwischen zwei Pointen. Da bieten sich die seltsamem Ängste der Gegenwart an, darunter die Anatidaephobie, die Angst, von einer Ente beobachtet zu werden. Die gibt es angeblich wirklich. Und natürlich denkt man bei sich, wie glücklich die Lage von Menschen sein muss, die solche Macken kultivieren dürfen. Einen weiteren seiner Glanzpunkte hat Tappert, wenn er beim Wort „recherchieren“ scheitert und es flugs durch „googeln“ ersetzt.

Irgendwie wie Kirmes

Man bekommt einen Spiegel vorgehalten, und weil das ein Zerrspiegel ist, der lange Nasen und Extremitäten mit verkürzter Reichweite zeigt, hat das ganze was von Kirmes. Man schaut zu, man amüsiert sich zuverlässig im Rahmen seines Eintrittsgeldes, irgendwann wird man Zuckerwatte kaufen und weitergehen, zur nächsten Bude.

Es wäre mehr drin in dieser Bühnenfigur, die Tappert in seiner „Invasion der Verrückten“ vor aufwendiger Kulisse inszeniert: Rechts ein Häuschen, drum herum ein Gartenzaun, links schwebt eine fliegende Untertasse ein, die eine Kuh ansaugt oder ausspuckt, vermutlich zum Zwecke sinisterer Experimente. Man könnte Paul Panzer als Angehöriges einer bedrohten Spezies verstehen. Dann wiederum hätte Tappert fragen können, wo’s mit Paul Panzer hingeht, in Zeiten, da der Bürger und die Familie Auslaufmodelle geworden zu sein scheinen. Passierte aber nicht: Paul Panzers Häuschen bleibt seine Burg.

Verrückt ist da nichts

So hatte der Abend etwas von einem Klassentreffen von Leuten, deren Schulabschluss schon ein bisschen zurückliegt. Es werden weniger und weniger. Aber immerhin sind noch ganz schön viele da. Ein beruhigender Abend: Wir, die wir noch übrig sind, können noch zusammenkommen. Für zwei Stunden etwas mitnehmen, was wir garantiert überblicken. Noch sind wir nicht ganz allein, mit unserem Befremden angesichts der Erosion des Gewohnten. Sie verstehen einander, der routinierte Komiker und sein Bayreuther Publikum.

Handwerklich geht das in Ordnung. Das aber, was einem die Sichtweise – vielleicht sogar heilsam – verrücken könnte, bleibt, wie im Titel angedroht, Invasion, der Versuch einer feindlichen Übernahme. Man konnte sich amüsieren, ja, nix dagegen einzuwenden. Die Welt jedoch dreht sich in der Zwischenzeit trotzdem weiter. Toto ist ja, genau genommen, auch schon Geschichte.