Palme: Spottpreis für Trikot

Von Susanne Will
03.07.2016, Glashütten, Trikotfabrik Palme, Flohmarkt, Michael Eckstein, Foto: Andreas Harbach Foto: red

„Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt – Tooooor! Tooooor!“ - das sind die Sätze, die einem einfallen, wenn man am Sonntag bei der Firma Palme gewesen ist. Denn aus Glashütten kam auch das weiß-schwarze Trikot, in dem Helmut Rahn Deutschland zur Weltmeisterschaft 1954 schoss. Nach den Helden von Bern wurden in Glashütten Millionen von Trikots hergestellt. Jetzt setzte der Inhaber Christian Kurrent auf Nostalgie-Trikots und schaffte mit einem Flohmarkt Platz.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Gegenüber der Firma Palme steht der Fanshop, in dem Devotionalien vom Club, 1860, den Bayern und Dortmund verkauft werden.Der Fanshop soll geschlossen werden. Dafür setzt Christian Kurrent auf Nostalgie: Die Nachfrage nach Trikots von Fußballvereinen, in denen die Mannschaften einst Erfolge feierten, wird immer größer. Und dafür braucht es Platz. Deshalb konnten Fußball- und Sport-Verrückte am Sonntag Schnäppchen machen.

Design-Desaster, aber Kult

Unter heutigen modischen Gesichtspunkten gesehen, sind pink-gelb-gestreifte Polyester-Trikots eher indiskutabel, aber als Reminiszenz an frühere Fußballtage, in denen Netzer-Frisuren überm Rundhalsausschnitt wippten, Kult. Um es auf den Punkt zu bringen: Die gruseligsten Sportleibchen waren schnell vergriffen. Kein Wunder, bei Preisen um die vier Euro.

Der Richter im WM-Trikot

Das originalgetreue Trikot von 1954 samt Bundesadler und Spielernummer gab es zwar auch heruntergesetzt, aber eben nicht als spottbilliges Schnäppchen. Es erwies sich dennoch als Renner, der Fußball-Krimi Samstagnacht und das Weiterkommen der Nationalmannschaft in der EM dürfte daran nicht ganz unschuldig sein. Selbst Michel Eckstein trug eines. Was ungewöhnlich ist, denn die übliche Bekleidung dieses Mannes ist eher seine schwarze Robe – er ist Vorsitzender Richter am Bayreuther Landgericht und Fußballfan, der selbstverständlich auch bis tief in die Nacht „dieses tolle Spiel gegen Italien“, so Eckstein, gesehen hat.

Gerda Alexander kam aus einem anderen Grund: Palme haute auch Faschingsklamotten raus. Geringelte Overalls zum Beispiel, die sich hervorragend als Basis für einen Clown oder „Schwimmer, 1920“ eignen. Famlie Niegel aus Sachsendorf hatte einen genauen Plan für ihren Besuch bei Palme in Glashütten: Trikots der 60er. „Die ganze Familie ist Fan“, erzählt die Mutter, während Tochter Marina (13) nach der Größe schaut.

Nostalgie ist groß in Mode

Der große Bestand schrumpfte im Laufe des Tages zusehens. Gut für Christian Kurrent, der sich von Altem verabschiedete, gut für die Kunden, die genau das lieben. Und deshalb macht Kurrent (38), der die Firma vom Opa geerbt hat, genau da weiter. „Das Thema Nostalgie ist zu einem sehr großen Hype geworden“, sagt er. So hat Bundesligist Bayer Leverkusen 1000 Exemplare eines alten Trikots nachbestellt. Und wenn Deutschland bei der EM so weitermacht, dürfte die Nachfrage nach den Schwarz-weiß-Klassikern noch größer werden. Und da hat Kurrent ein Ass im Ärmel: Er hat - als einziger - die richtigen Stanzeisen für die Rückennummern der Weltmeister-Trikots von 1954.

Bilder