Christa Mayer singt die Mary im neuen „Holländer“ Ohne Spinnrad und Haube

Gert-Dieter Meier
 Foto: red

 Für die Strecke von Sulzbach-Rosenberg nach Bayreuth – das sind etwa 70 Kilometer – braucht man im Auto rund eine Stunde. Manchmal braucht es aber auch 20 Jahre, um von Sulzbach nach Bayreuth zu gelangen. 

 
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Dann zum Beispiel, wenn man Opernsängerin ist und den Grünen Hügel als Zielort ins Navigationssystem des Berufslebens eingegeben hat. Ein fürwahr langer Weg für eine so kurze Entfernung. Umso glücklicher ist Christa Mayer, die gebürtige Oberpfälzerin, seit 2008 (mit einem Jahr Pause) zum „Team Bayreuth“ zu gehören.

Drei Jahre lang sang Mayer, die seit 2001 Ensemblemitglied an der Sächsischen Staatsoper in Dresden ist, in der „Ring“-Inszenierung von Tankred Dorst. Erda und Waltraute waren ihre Partien, die sie damals übernommen hatte. Und nun also kommt sie als Mary in der Neuinszenierung des „Fliegenden Holländers“ wieder. Die ersten Gefühle? „Wieder komplett anders als damals! Es ist furchtbar spannend, an der Erarbeitung des Stückes gemeinsam mit dem Regisseur und den Kollegen mitwirken, etwas neu entwickeln zu können. Premieren in Bayreuth sind einfach etwas Besonderes.“

Die Mary ist Mayer nicht fremd. Sie hat sie in Dresden schon mehrfach gesungen – in der Inszenierung des 2010 verstorbenen Festspielleiters Wolfgang Wagner, die am 19. Dezember 1988 Premiere hatte und exakt 100-mal aufgeführt wurde. Damals war es eine klassische Mary – „mit Spinnrad, Haube und allem Drum und Dran, eine gute Vorbereitung für die jetzige Aufgabe in Bayreuth“. Auch das neue Bayreuther Regieteam hat sie in Dresden kennengelernt. Vor einem Dreivierteljahr hat Jan Philipp Gloger Händels „Alcina“ an der Semperoper inszeniert (mit Kostümen von Karin Jud) – mit dabei: Petra Mayer als Bradamante.

Insofern hatte diese „Holländer“-Neuinszenierung für sie durchaus viel Vertrautes. Wie ihr der Gloger-Ansatz beim „Holländer“ gefällt? „Er geht von einem Ansatzpunkt hier und heute aus. Was sich das Team überlegt, was es umgesetzt hat, das trifft einen schon“, sagt Mayer. Die eines ganz besonders schätzt: „Es passiert nichts auf der Bühne, was die Musik stören würde. Und als Sänger spürt man zu jeder Zeit noch die Handlung. Das ist mir immer ganz wichtig. Ich denke, dass Jan Philipp Gloger viel Respekt hat vor Bayreuth – aber keine Angst. Und ich glaube, dass er stolz und glücklich ist, das hier machen zu dürfen.“

Auch wenn die Partie der Mary sängerisch nicht die ganz große Herausforderung ist – es sind nur kurze Passagen, die sie zu singen hat –, ist sie so doch froh, jetzt mal ihre erste Premiere in Bayreuth mitmachen zu können, „vielleicht kommt ja noch mal eine andere“. Zunächst aber mal folgt in Dresden schon wieder ein „Holländer“ in der kommenden Spielzeit. Mayer: „Spinnrad und Haube werde ich aber wohl für sehr, sehr lange Zeit nicht mehr haben.“

Was ihr nicht unrecht ist. Ihr gefällt es, wie sich Gloger die Mary vorstellt. Nicht als Frau, die nur im Lehnstuhl sitzt, die irgendwann einmal erlebt hat, wie die Senta aufgewachsen ist, sondern dass er eher ein schwesterliches Verhältnis zeichnet. Und dass Faszination für den Holländer ihr fast genauso vertraut ist wie der Senta. Sie spürt die gleiche Sehnsucht wie Senta, im Unterschied zu ihr aber reißt sie sich am Riemen und ermahnt sich selbst, ihre Pflicht zu tun. Tief drinnen aber wird sie grübeln, was wohl mit ihrem Leben passiert wäre, wenn sie sich nur getraut hätte ...

Liedgesang nennt Mayer ihr „absolutes Steckenpferd“. Das beim Lied so wichtige Bewusstsein für die Sprache komme ihr auch bei Wagner zugute, sagt Mayer. Gerade bei der Arbeit mit Thielemann gelte: Je schwerer das Orchester und je größer die Oper, desto wichtiger die Deklamation.

Nach dieser Spielzeit reist Mayer mit den Festspielen zum Gastspiel nach Barcelona, es folgt die Erda im „Siegfried“ in Sevilla – eine Produktion der Catalan Theatre Company La Fura dels Baus – in Hamburg und in Luzern (szenisch). In Dresden freut sie sich vor allem auch auf die Titelpartie in der Händel-Oper „Orlando“ in der Neuinszenierung von Andreas Kriegenburg.

Foto: Lammel