Bamberger Reinheitsgebot ist 27 Jahre älter als das bayerische – Landesausstellung in Niederbayern 2016 Vergesst das bayerische Reinheitsgebot: Die Franken haben ihr Bier zuerst geschützt

Von Norbert Heimbeck

Die Brauer sind stolz auf das Reinheitsgebot, das die Bayernherzöge Wilhelm IV. und Ludwig X am 23. April 1516 in Ingolstadt erließen: Es gilt als eines der wichtigsten Lebensmittelgesetze überhaupt. Im Staatsarchiv in Bamberg liegt allerdings der Beweis, dass fränkische Brauer schon viel früher auf die Idee kamen, das Bier zu schützen.

 
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Das Bamberger Reinheitsgebot ist in einer Urkunde vom 12. Oktober 1489 festgehalten. Damit ist es 27 Jahre älter als die bayerische Regelung. In dem Dokument heißt es, dass die Brauer künftig „in solches Bier im Brauen und Suden nichts mehr denn Malz, Hopfen und Wasser nehmen“. In Franken war nur Nürnberg noch früher dran: Hier wurde bereits im Jahr 1303 ein Gesetz erlassen, nach dem nur Gerste zum Bierbrauen verwendet werden durfte. Grund für diese Regelung war eine Hungersnot, so dass das wertvolle Getreide zum Brotbacken reserviert werden sollte.

Fiskus hält die Hand auf

In Städten wie Augsburg und Regensburg gab es ebenfalls schon früher lokale Biergesetze, in denen die Brauer zur Qualität verpflichtet wurden. Das Besondere am Reinheitsgebot von 1516 war, dass es erstmals für alle bayerischen Landesteile gelten sollte. Die Brauordnungen des Mittelalters dienten in erster Linie fiskalischen Zwecken: Landesherren, Bischöfe und Stadträte kassierten das sogenannte Umgeld, eine Steuer auf Wein und Bier. Dieses Umgeld gilt als „älteste indirekte Steuer Europas“, sagt Klaus Rupprecht vom Staatsarchiv Bamberg: „Wirte und Privathaushalte mussten von jedem ausgeschenktem Getränk eine Steuer an ihren Oberherrn abgeben“.

200 Prozent teurer

In Bamberg wurde diese Abgabe bereits im 13. Jahrhundert kassiert, damals aber an der Stadtmauer – wer rein wollte, musste zahlen. Im 14. Jahrhundert wandelten die Verantwortlichen das Umgeld in eine Verbrauchssteuer um. Dazu erließen Stadt, Domkapitel und Bischof im Jahr 1377 eine Umgeldordnung, die 1489 reformiert wurde. Diese Reform war allerdings mit einer kräftigen Steuererhöhung verbunden: in diesem Fall um 200 Prozent.

Herausgefunden hat das der Bamberger Journalist und Biersommelier Markus Raupach. Er berichtet: „Als Erzählung geisterte das Bamberger Reinheitsgebot schon länger herum. Auf die Spur der Urkunde kamen wir schließlich, weil im Staatsarchiv untersucht wurde, welche Dokumente die Menschen ausgeliehen haben, die zum Thema Bier recherchierten. Dabei stieß man auf die Umgeldordnung.“

Mehr Geld durch kleinere Krüge

Bei den Recherchen auf den Spuren des Bamberger Reinheitsgebots kam auch heraus, dass 1489 nicht nur die Qualität des Biers gesichert wurde. Die Stadtherren führten auch eine neue Einheit, die „kleinere Maß“ ein. Sie entsprach etwa 1,2 Litern und löste eine deutlich größere Einheit ab. Weil das Umgeld für jeden Krug erhoben wurde, erhöhte diese Maßnahme auch die Einnahmen der Regierenden. Noch unklar ist laut Raupach, ob die Regelung für sämtliches Bier galt: „In der Urkunde ist nur von „mittlerem“ und „gutem“ Bier die Rede. Die Wissenschaft geht davon aus, dass es zusätzlich noch ein „einfaches“ Bier gegeben hat, das als Grundnahrungsmittel der Versorgung der Bevölkerung diente und nicht besteuert wurde“.

Malz oder Gerste?

Bemerkenswert ist für Raupach die Tatsache, dass im Bamberger Reinheitsgebot Malz erwähnt wird: „Im bayerischen Reinheitsgebot steht ausdrücklich Gerste drin.“ Die Bamberger Brauer importierten nämlich aus Brandschutzgründen Malz, das außerhalb der Stadt hergestellt wurde. Außerdem verbietet die Regelung das Vermischen oder Verdünnen des Biers. Klaus Ruppert sagt dazu, die Umgeldordnung zeige die Hinwendung der Konsumenten zum Bier, das zu jener Zeit Wein als Alltagsgetränk ablöste.

Landesausstellung 2016 in Niederbayern

Erst 1815 kam das bayerische Reinheitsgebot nach Franken. Seit nahezu 500 Jahren existiert diese Vorschrift. 2016 wird das Jubiläum gefeiert, mit einer Landesausstellung. Die in einem Örtchen namens Aldersbach stattfinden wird. Die Gemeinde hat 4300 Einwohner und liegt etwa 30 Kilometer von Passau entfernt in der niederbayerischen Pampa. Die dortige Klosterbrauerei gehört dem Freiherrn von Aretin. Warum die Landesausstellung dort über die Bühne geht statt in Ingolstadt oder in Oberfranken? Markus Raupach: „Man muss verstehen, wie Politik funktioniert. Die Landesausstellungen werden abwechselnd in die Bezirke gegeben, Niederbayern war jetzt einfach dran.“ Der Bamberger ist dennoch überzeugt, dass die Ausstellung eine gute Sache ist: „Ich habe beratend mitwirken dürfen. Es werden auch viele Sachen aus Franken und natürlich Bamberg zu sehen sein. Ich denke, dass fränkische Braukunst ausreichend berücksichtigt wird.“

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