Die Verteidiger von Michael Krause sprechen von „Folter“ und einem unfairen Verfahren – Entlastungszeuge sitzt in Dubai in Haft NKD-Prozess: Scharfer Angriff auf Hofer Justiz

Von Manfred Scherer
"Starte Deine Karriere in der Region" war im November 2013 auf einem Werbeplakat zu lesen, das kurz vor dem Abriss der bekannten alten Justizgebäudes in Hof angebracht war. In Schwurgerichtssaal im Hofer Landgericht wird sich entscheiden, ob die Managerkarriere des wegen UNtreue angeklagten ehemaligen NKD-Geschäftsführers Michael Krause weitergehen kann oder ob sie im Fall eines Schuldspruchs auf absehbare Zeit beendet wirde. Foto: Archiv/Feustel Foto: red

Folter, unfaires Verfahren: Die Verteidiger des wegen schwerer Untreue angeklagten Ex-NKD-Chefs Michael Krause haben gegen die Hofer Justiz schwere Vorwürfe erhoben. Vor allem Staatsanwalt Uwe Demuth war Ziel der Verteidigerattacke. Demuth hat nach Ansicht der Anwälte den Aufenthaltsort eines wichtigen Entlastungszeugen verschleiert. Der Zeuge sitzt seit bereits seit Mitte Mai in Dubai in Auslieferungshaft – noch vergangene Woche hatte Demuth gesagt, ihm sei keine ladungsfähige Adresse des Zeugen bekannt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nach einem Monolog des Hauptangeklagten Krause, der sich über vier Verhandlungstage erstreckt hatte, wollten Gericht, Staatsanwälte und Verteidiger dem ehemaligen NKD-Geschäftsführer an diesem 12. Prozesstag Fragen stellen. Fragen zu den Überweisungen von insgesamt 3,7 Millionen Euro an eine Hongkong-Tochter der NKD. Fragen zum weiteren Fluss des Geldes an eine Beratungsfirma „Zarando“ auf Zypern. Dort sind die Millionen verschwunden – veruntreut auf Veranlassung Krauses, meint die Anklage. Krause dagegen sagt: Das Geld wurde für Spionage in asiatischen Textilfabriken gezahlt, für geheimes „Sonderwissen“ über gewinnbringende Herstellerpreise.

Doch nach dem Tod seiner Großmutter vergangener Woche und nach der Anordnung verschärfter disziplinarischer Maßnahmen in der U-Haft hat Krause, so scheint es, die Nase voll: Statt Fragen zu beantworten, gab er seinen Verteidigern Volker Beermann, Tobias Liebau und Marc Wandt das Signal zum Angriff.

Anwalt Beermann beantragte die disziplinarischen Maßnahmen gegen Krause – 24-Stunden-Einschluss in der Zelle mit einem halbstündigen Hofgang, Wegnahme von TV und Radio, Einkaufsverbot – auszusetzen. Gerade bei der derzeitigen Hitze unter dem Dach im vierten Stock des Knasts seien die Haftbedingungen Folter. Die verschärften Disziplinarmaßnahmen in der U-Haft gehen auf ein Telefonat zurück, das am 12. April um 14.01 Uhr aus dem Hofer Knast heraus illegal geführt wurde. Dass sowohl die Nummer der Handys als auch die Uhrzeit bekannt seien, belegt laut Verteidiger beermann, dass das Gespräch von der Polizei mitgehört und aufgezeichnet wurde. Beermann stellte klar, dass das Handy nicht auf seinen Mandanten registriert sei. Schon deshalb sei die Disziplinarmaßnahme „völlig überzogen.“

Anwalt Liebau befasste sich mit der rechtlichen Einordnung der Beweisaufnahme. Die habe den Hauptangeklagten entlastet. Der NKD sei durch die Zahlungen an die Hongkong-Tochter Sunfortune kein Schaden entstanden, denn die 3,7 Millionen seien mit Provisionsforderungen der Sunfortune an die Mutter in Bindlach verrechnet worden. Auch die Weiterüberweisung des Geldes an die zypriotische Beratungsfirma „Zarando“ hält Liebau für legal, denn dort sein Krauses Jugendfreund Michael J. als Vertrauensmann des angeklagten Ex-NKD-Chefs damit beauftragt gewesen, das Geld als Entlohnung für die Spionageleistungen weiterzuleiten.

Dieser Michael J. ist für die Verteidiger ein wesentlicher Zeuge. Für die Staatsanwaltschaft ist J. ein Helfershelfer Krauses – die Beratungsfirma „Zarando“ sehen die Ermittler als Scheinfirma an, extra dafür gegründet, die 3,7 Millionen Euro durch Buchungstricks aus der NKD herauszuschleusen. Dass die 3. Strafkammer unter Vorsitz von Siegbert Übelmesser bislang auf Forderungen, Michael J. als Zeugen zu hören, zurückhaltend reagiert hatte und verschiedene Anträge der Verteidigung bislang nicht entschieden oder mit oberflächlichen Begründungen abgelehnt hatte, rügte Liebau als „unstrukturierte Verhandlungsführung“.

Liebaus Vorwurf gegen die Staatsanwaltschaft ist noch härter: Den Umstand, dass Michael J. bereits seit Mitte Mai aufgrund eines internationalen Haftbefehls der Hofer Justiz in Dubai in Haft sitze und dies erst jetzt zugegeben werde, nannte Liebau „grobes prozessuales Unrecht“. Der Bayreuther Anwalt, bisher nie als auf Krawall gebürsteter Konfliktverteidiger bekannt, ging sogar noch weiter: Die Staatsanwaltschaft stütze sich wissentlich auf Belastungszeugen, die von NKD-Anwälten einseitig gebrieft worden seien.

Entsprechende beantragt der dritte Verteidiger, Marc Wandt, Michael J. in Dubai richterlich vernehmen zu lassen. Er will auch die Inhaber von Textilfirmen aus Bangladesch und der Türkei als Zeugen hören, um zu beweisen, dass NKD-Einkäufer mit dem durch die Spionage erlangten und die 3,7 Millionen Euro beschafften „Sonderwissen“ bei Preisverhandlungen über eine „überlegene“ Position bei Preisverhandlungen verfügten.

Das Gericht hat über die Anträge noch nicht entschieden. Die Staatsanwälte gaben keine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab. Der Prozess geht kommende Woche weiter.

Bilder