Technologie-Allianz Oberfranken sucht intelligente Lösungen für die Zukunft beim Hausbau Neun Professoren bauen am „energieautarken Haus“

Von Norbert Heimbeck
Der Ziegel, der den Vollwärmeschutz eingebaut hat. Foto: Eric Waha Foto: red

Sieht so das Wohnen der Zukunft aus? Die Energie, die am und im Haus erzeugt wird, wird unmittelbar hier auch gespeichert und verbraucht. Auch wenn mal keine Sonne scheint, haben die Bewohner es kuschelig warm. Unter dem Arbeitstitel „energieautarke Gebäude“ forscht die Technologie-Allianz Oberfranken (TAO) am Haus von Morgen.

 
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„Intelligente Häuser“ gibt es bereits seit einigen Jahren: Darin sind zum Beispiel Bewegungsmelder eingebaut, die das Licht einschalten, sobald jemand den Raum betritt; per Smartphone kann man die Heizungstemperatur regeln; Fensterüberwachung und Jalousienautomatik gehören ebenso dazu wie die Heizungssteuerung in einzelnen Räumen. Die Idee, die das TAO-Projekt verfolgt, ist weitaus umfassender. TAO-Geschäftsführerin Melanie Beutin sagt: „Unser Ziel ist die ganzheitliche Gestaltung von energieautarken Gebäuden für die Region Oberfranken“.

Das Besondere an dem Pilotprojekt: Neben Bauphysik, Gebäudetechnik und Energieumwandlung haben die Forscher auch die Energiespeicherung, die Gebäudegestaltung und sozialwissenschaftliche Fragen im Visier. Gerade der letzte Punkt ist wichtig: Fast jeder stimmt zu, dass in der Energiepolitik Änderungen nötig sind, aber nur wenige sind auch bereit, diese oft kostspieligen Innovationen zu bezahlen. Erstmals sollen Technik und soziale Fragestellungen dazu gemeinsam erforscht werden. Ingenieure und Sozialwissenschaftler an einem Tisch? Das wird funktionieren, ist Melanie Beutin überzeugt: „Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unsere Stärke“. Neuen Professoren aus Bayreuth, Hof, Bamberg und Coburg arbeiten zusammen. Die gesamte TAO-Philosophie basiert auf Kooperation: Die Technologie-Allianz ist ein Verbund, in dem die Universitäten Bayreuth und Bamberg sowie die Hochschulen für angewandte Wissenschaft in Coburg und Hof gemeinsam forschen und lehren.

Für das Projekt „energieautarke Gebäude“ wird ein Graduiertenkolleg eingerichtet, der am 1. Juli starten soll. „Jetzt, im Februar wird der genaue Titel festgelegt, wir schauen uns nach Projektpartnern um und erarbeiten Themenvorschläge für Promotionen,“ sagt die Geschäftsführerin. Ein Graduiertenkolleg ist ein Studien- und Forschungsprogramm mit dem Ziel, einen Doktorgrad zu erlangen. Im neuen TAO-Graduiertenkolleg sollen mindestens zwölf Doktoranden für jeweils drei Jahre eingestellt werden.

Und noch etwas ist besonders an diesem Vorhaben: In Fragen der Gebäudegestaltung wird es nicht nur um fachgerechte Dämmung sowie um Mess- und Regeltechnik gehen, sondern auch um denkmalschutztechnische Belange. Melanie Beutin erklärt: „Oft stehen Sanierungswünsche der Hausbesitzer den Auflagen des Denkmalschutzes entgegen. In Bamberg arbeiten unsere Forscher an einer Lösung für dieses Problem.“ Mancher Bauherr meint es auch zu gut: „Es gibt Häuser, die sind so gut gedämmt, dass man im Inneren kaum Luft kriegt,“ sagt Beutin. Geklärt werden soll auch, ob und wie gut Senioren mit diesen Technologien umgehen können. In Bamberg sitzen die Sozialwissenschaftler, die Akzeptanzfragen klären wollen: „Alle sagen, sie wollen grüne Energie, aber in der Umsetzung hapert es häufig“. Die Bayreuther Ingenieure werden sich mit Fragen der Energiespeicherung und -bereitstellung befassen. Ziel all dieser Aktivitäten: „Ein Haus in Oberfranken, das sich selbst mit Energie versorgen kann.“

Der Fokus auf die Region ist sinnvoll, weil erstens die Forscher hier ansässig sind. Zweitens gibt es bereits Energie-Graduiertenkollegs, die sich aber auf die spezifischen Anforderungen städtischer Gebäude konzentrieren, etwa an der TU und der Hochschule München. Für ländliche Regionen die Anforderungen zu erforschen, hat sich noch niemand vorgenommen. Deshalb hält Melanie Beutin das vorerst auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht für sehr interessant: „Auch die Wirtschaft wollen wir mit ins Boot holen. Einer der Kernpunkte von TAO ist die Kooperation mit der heimischen Wirtschaft.“

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