Neues Fluggerät rettet Rehkitze

Von Peter Engelbrecht
Holger Hochmuth entwickelte einen speziellen Quadrokopter für die Suche nach Rehkitzen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ein Fluggerät, das die Rettung von Rehkitzen stark verbessern könnte, entwickelte Holger Hochmuth. Jagdpächter Rolf Lemke ist begeistert: In diesem Jahr wurden in seinem Revier schon drei Kitze vor dem Tod durch Kreiselmähwerke bewahrt.

 
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Die Rede ist von einem Quadrokopter, ein ferngesteuertes Fluggerät mit vier Rotoren. EDV-Experte Hochmuth entwickelte eine effektive wie preiswerte Version. Normalerweise kostet ein Quadrokopter mindestens 6500 Euro, seine Ausführung liegt bei nur 2000 Euro. „Die bisherigen Systeme für die Suche nach Rehkitzen im hohen Gras sind ineffizient“, sagt der 41-jährige Programmierer.

GPS zeigt Standort

Findet eine ferngesteuerte Drohne mit Wärmebildkamera eine Wärmequelle in einer Wiese, muss das Fluggerät über dem Ort in der Luft stehen bleiben und so den Retter zum jeweiligen Punkt führen. Das dauert und kostet viel Energie. Die Konsequenz: Die Flüge sind relativ kurz, die Akkus müssen häufig gewechselt werden. Das neue System leistet pro Akkuladung problemlos eine Flugzeit von 20 bis 22 Minuten.

Die Wiese kann in einem Zug überprüft werden. Die Software zeigt dem Operator mit einem kleinen weißen Punkt auf seinem Display, wo sich Wärmequellen auf der Wiese befinden. Nach Flugende kann sich der Retter mit Hilfe eines GPS-Systems genau zu dem Punkt führen lassen, wo das Kitz liegt. Das Tier wird dann in Gras eingebettet und mit Handschuhen aus der Wiese getragen. Seine Mutter nimmt es wieder an.

Ein frisch geborenes Kitz ist nur 30 Zentimeter groß und ein Kilogramm schwer.

100 Stunden Freizeit investiert

„Die Entwicklung war für mich ein Hobby, 100 Stunden Arbeit habe ich da reingesteckt“, berichtet Hochmuth stolz. „Wir können die Wiese in einem Zug abfliegen, müssen nicht an jedem Punkt stehen bleiben. Das ist das Non plus Ultra“, freut sich Rolf Lemke, der gemeinsam mit Willi Lenz die Seulbitzer Jagd gepachtet hat.

Die örtliche sowie die benachbarte Jagdgenossenschaft Lankendorf unterstützen das Projekt finanziell. Lemke fliegt den Quadrokopter selbst – es macht dem 65-jährigen Rentner Spaß. Das neue System ist ein Prototyp, jeder Jäger in Deutschland könnte ein solches Gerät für die Suche nach Rehkitzen einsetzen, ist Entwickler Hochmuth überzeugt.

Dazu bräuchte es allerdings eine Patentanmeldung, eine Produktion und einen professionellen Vertrieb. Und die sind derzeit nicht in Sicht. Der Tüftler hatte das System 2017 entwickelt, der Praxistest erfolgte dann mit Jäger Lemke.

In seinem Revier Seulbitz mit fünf Vollerwerbslandwirten und mehr als 100 Hektar Wiesen gibt es viel zu tun. Früher mussten die Jäger die Wiesen vor der Mahd abgelaufen, um Kitze zu suchen, in Spitzenjahren wurden bis zu 21 Tiere gerettet. Das war zeitaufwendig.

Auch für Wildschweine geeignet

In diesem Jahr war der Quadrokopter bereits dreimal im Einsatz – drei Kitze wurden gefunden. 2017 seien mit dem damals noch unausgereiften System neun Kitze gerettet worden. Einen Hektar Wiese zu überfliegen dauert aktuell zehn Minuten, das Areal zu Fuß abzugehen, braucht die doppelte Zeit.

Die Bauern informieren Lemke am Vorabend der Mahd, und der fliegt die Wiese am frühen Morgen des nächsten Tages ab. Der Quadrokopter darf ohne amtliche Erlaubnis 30 Meter hoch steigen. Die Bauern mähen das Gras mit neun Meter breiten Kreiselmähern, „sehen die Kitze nicht“. Lemke: „Man kann ihnen keinen Vorwurf machen.“

Auch bei der Suche nach Wildschweinen in Maisfeldern könne das System eingesetzt werden, die Wärmebildkamera durchdringt das Blätterdach. „Wir haben bereits eine Rotte Wildschweine ausfindig gemacht“, berichtet Lemke über den Herbst 2017.

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