Neue Stelle "schlicht unverantwortlich"

Von Susanne Will
Andrea Rieger, die Leiterin der Städtische Musikschule. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Für Andrea Rieger dürfte die jüngste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses eine herbe Enttäuschung gewesen sein. Alle Stadträte des Gremiums stehen hinter dem Wunsch der Leiterin der Städtischen Musikschule, einen professionellen Kinderchor zu etablieren. Doch die Angst geht um: Sollte der Tabak- und Zigarettenhersteller British American Tobacco (BAT) Teile der Produktion verlegen, verliert die Stadt mit einem der größten Gewerbesteuerzahler viel Geld. Ist es der richtige Zeitpunkt, jetzt einen Chorleiter für 50.000 Euro im Jahr zu installieren?

 
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So viel allerdings würde die Stadt nicht zahlen müssen. Andrea Rieger stellte ein Modell vor, bei dem sich die Schulen in einer Kooperation an den Kosten beteiligen sollten. Bei 32 Stunden in der Woche sollte der professionelle Chorleiter zur  Hälfte Kinder in der Musikschule im Singen unterrichten, die andere Hälfte der Zeit könnte er Schulkinder in den Klassen lehren. Dafür gibt es einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent.

Schulen würden auch zur Kasse gebeten werden

Dazu sollten sich die Schulen beispielsweise im Rahmen der Ganztagesfördermittel ebenfalls an den Kosten des Chorleiters beteiligen. Sozialreferent Carsten Hillgruber hat dazu bereits an den Schulen vorgefühlt. Ohne genaue Zahlen präsentieren zu können, schätzte er „halbwegs realistisch, aber spekulativ“, dass 40 bis 50 Prozent der Kosten refinanzierbar wären. Es blieben also etwa 25.000 Euro für ein neues Angebot an der Musikschule, an dem sich auch Kinder aus sozial schwachen Familien beteiligen könnten, weil sie dazu kein teures Instrument anschaffen müssten.

CSU will den Chorleiter

Für die CSU ist die Sache klar, sie möchte einen Chorleiter. Stefan Specht: „Die Städtische Musikschule ist ein Aushängeschild wie der EHC“ und die Musikförderung eine „zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand“. Mit dieser „respektablen Refinanzierung“ sei das Projekt realisierbar.

Hacker: "Unverantwortlich"

Jedoch: Die Stadt muss ihr Haushaltsdefizit abbauen. Dazu werden alle freiwilligen Leistungen überprüft. Thomas Hacker (FDP/DU) wunderte angesichts des BAT-Damokles-Schwertes und des Konsolidierungs-Auftrages von der Regierung: „Wie kann man in dieser Situation darüber nachdenken, Geld auszugeben, wenn wir jetzt schon wissen, dass wir sparen müssen?“ Er empfand es als „schlicht unverantwortlich, jetzt an Ausgabenerhöhung zu denken“.

"Teufelskreis"

Auch Thomas Bauske (SPD) hat Zweifel: „Ich glaube nicht, dass wir in der aktuellen Situation eine Ausweitung des Angebots brauchen.“ Tim Pargent (Grüne) verlangte genauere Zahlen, wie viel die Schulen bereit wären, dazuzuzahlen. Jedoch sei das nicht möglich, so Carsten Hillgruber: „ Es ist ein Teufelskreis: Die Schulen bleiben unkonkret, wenn wir nicht sagen, dass wir es umsetzen.“

Bereits 600 000 Euro Förderung

Stephan Müller (BG) erinnerte daran, dass die Musikschule bereits ordentlich gefördert werde – mit rund 600.000 Euro aus dem städtischen Haushalt. „Im Grundsatz bin ich für die Chorleiterstelle, aber wir müssen abwarten, was in diesem Jahr noch passiert.“ Sein Fraktionskollege Karsten Schieseck meint hingegen: „Wenn wir sagen, dass Chorarbeit wichtig ist, müssen Prioritäten gesetzt werden. Wir müssen alles tun, um die Stelle zu schaffen. Mit Carsten Hillgrubers ,realistischer Spekulation‘ kommen wir nicht weiter, wir müssen den Schulen klar machen, dass sie sich beteiligen müssen.“

Entscheidung erst im Herbst

Brigitte Merk-Erbe riet  den Stadträten, eine Entscheidung erst im Herbst bei den Haushaltsberatungen für 2017 im Stadtrat zu treffen – wenn klar ist, welche Summen noch auf die Stadt zukommen. Die Stadträte folgten, mit Ausnahme der CSU. Bis dahin soll Carsten Hillgruber noch einmal mit den Schulen reden, um abzuklopfen, was finanziell zu erwarten wäre. Oder ob es möglich ist, die Stelle über Sponsoring  mitzufinanzieren.

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