Nach Dorfladen-Spende: Freibier für alle

Von Sarah Bernhard

Weil der einzige Supermarkt im Dorf geschlossen hatte, und sich kein Nachmieter finden ließ, fassten die Ahorntaler einen Plan: Sie wollten einen Dorfladen eröffnen. Und spendeten dafür mehr Geld, als sich Bürgermeister Gerd Hofmann je erträumt hätte. Allerdings erst in letzter Sekunde. 

 
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Applaus brandet auf. "Bravo", ruft einer. Die Menschen nicken sich zu, viele der mehr als 200 Ahorntaler im ehemaligen Edeka-Markt in Kirchahorn haben ein Lächeln im Gesicht. "Als euer Bürgermeister bin ich stolz", hat Gerd Hofmann gerade gesagt, "dass wir Ahorntaler diesen Schritt gemeinsam getan haben".

Ahorntal feiert sich selbst. Und es hat allen Grund dazu: Rund 230 Haushalte haben zugesagt, sich finanziell am neuen Dorfladen zu beteiligen. Zieht man die Unterstützer aus Pottenstein, Glashütten oder gar Kasendorf ab, macht das rund ein Viertel der Ahorntaler Haushalte.

Erster Warenbestand kostet 60.000 Euro

Hofmann hatte diese Anfang September aufgefordert, Anteile an einer Unternehmensgesellschaft aus Ahorntaler Vereinen und den Kirchen zu zeichnen - und damit stiller Teilhaber am neuen Dorfladen zu werden. Denn um die wichtigsten Teile der Einrichtung und den ersten Warenbestand zu bezahlen, braucht es mindestens 60.000 Euro. Die rund 340.000 Euro, die für die Sanierung des Gebäudes und die übrige Einrichtung nötig sind, werden voraussichtlich das Amt für ländliche Entwicklung und das Leader-Projekt der EU übernehmen.

Später soll es im Laden mehr als 2000 Produkte zu kaufen geben, inklusive regionaler Lebensmittel wie Brötchen oder Wurst. Auch Schule und Kindergarten gegenüber könnten dann wieder mit Essen beliefert werden. Vielleicht deshalb sind zur Feier nicht nur die Alten gekommen, die ihre Lebensmittel endlich wieder fußläufig kaufen wollen. Auch viele Junge sind da, die zeigen: Das ganze Dorf steht hinter dem Projekt.

Einzugsgebiet ist für Discounter zu klein

Und doch stand es gleich mehrfach auf der Kippe: Als im Herbst 2013 der Edeka schließt, gründet sich sofort eine Unterstützergruppe, die einen privaten Pächter sucht. Doch es findet sich keiner. "Der Markt ist für die heutigen Sortimente zu klein und das Einzugsgebiet auch", sagt Hofmann. Auch der Plan, gemeinsam mit Diakonie und der Werkstatt für Behinderte einen Laden zu eröffnen, scheitert wegen der finanziellen Probleme der Diakonie. "Also haben wir beschlossen, das selbst in die Hand zu nehmen."

Das war im Frühjahr. Schnell kommt Unternehmensberater Volker Hahn dazu, der zwischen Bamberg und Coburg lebt. Und dort vor acht Jahren laut eigener Aussage den ersten Dorfladen Nordbayerns auf die Beine gestellt hat. "Uns war wichtig, dass sich die Bürger einbringen, auch finanziell", sagt er. Weil so sichergestellt sei, dass sie später auch im Dorfladen einkaufen. Sollten dabei Gewinne entstehen, werden sie in Form von Einkaufsgutscheinen an die stillen Teilhaber ausbezahlt.

Eine Woche vor Schluss waren nur 37.000 Euro da

Hofmann und Hahn überlegen sich also eine Wette: Wenn die 60.000 Euro für die Erstfinanzierung zusammenkommen, gibt es Freibier für alle. Doch der Plan klappt nicht. Eine Woche vor Ende der Zeichnungsfrist sind erst 37.000 Euro zugesagt. "Es lief sehr schleppend", sagt Bürgermeister Hofmann. Er wirbt im Nordbayerischen Kurier um Unterstützung. Vier Tage später hat er Zusagen über 66 000 Euro.

Hofmann verlängert die Frist, wer will kann weiterhin mitmachen. Mittlerweile sind so 78 000 Euro zusammengekommen. Fast ein Drittel mehr als nötig. "Dass der Wille da ist, habe ich gesehen, aber dass sich so viele dafür in die eigene Tasche fassen, finde ich großartig", sagt Hofmann. Und Hahn, der 60 Dorfladen-Projekte in ganz Deutschland betreut, sagt: "Im Vergleich zu den anderen läuft das hier sensationell gut."

Zu den 100 Litern Freibier, die Hofmann besorgt hat, kommen 50 Liter, die der Unternehmensberater aus seinem Heimatdorf mitgebracht hat. So viel können nicht einmal mehr als 200 glückliche Ahorntaler trinken. Doch das hält Bürgermeister Hofmann nicht davon ab, ein weiteres Versprechen zu geben: "Wenn ihr nächstes Jahr zur Eröffnung kommt", sagt er, "dann gibt's noch viel mehr".

 

Das sagen die Bürger

Josef Neuner: „Apotheke, Sparkasse, Raiffeisenbank, Doktor, alles ist da“, sagt Josef Neuner. Nur ein Laden hat bisher gefehlt. Bis Waischenfeld oder Pottenstein musste man fahren, „dabei tun sich ältere Leute manchmal mit Fahren und Parken schwer.“ Und nicht nur der Einkaufsmarkt, auch das angeschlossene Café sei sinnvoll: „Montags und donnerstags fährt der Bürgerbus. Während die Leute auf ihn warten, können sie bald gemütlich einen Kaffee trinken.“

Hans Löffler: „Dass es dann so schnell ging, hat mich schon überrascht“, sagt Hans Löffler. Er hat das Projekt mitorganisiert und auch selbst Anteile gezeichnet. „Wie viel, das sagt man doch nicht.“ Der Edeka-Markt mitten in Kirchahorn liege ideal, „genau in der Mitte von Ahorntal“. Er glaubt deshalb, dass der Laden auch eröffnet worden wäre, wenn keine 60 000 Euro zusammengekommen wären. „Weil alle ihn unbedingt wollten.“

Stefanie Springfeld: Stefanie Springfeld ist vor zwei Jahren von Creußen nach Ahorntal gezogen, „eigentlich war ich eine Einkaufsmöglichkeit am Ort gewöhnt“. Ihr würde deshalb auch ein kleiner Laden reichen. „Hauptsache irgendwas“. Große Supermärkte sind ihr zuwider, „da wird man ständig abgelenkt und glaubt, man braucht was, das eigentlich völlig nutzlos ist“. Zwar wohnt sie in Richtung Bayreuth und arbeitet auch dort. „Aber dafür würde ich die fünf Kilometer fahren.“

Peter Zeilmann: Als der Edeka vor zwei Jahren schloss, hat der Vorstand der Ahorntaler Blasmusik nicht daran geglaubt, dass eine Neuansiedlung klappen könnte. Jetzt gehört sein Verein mit zu den Gründungsmitgliedern der Unternehmergesellschaft. Der Laden nütze nicht nur Älteren, „die nicht mehr mobil sind“. Sondern auch den Eltern, deren Kinder in Kindergarten oder Schule gehen. „Wir brauchten endlich wieder etwas, wo sie in Ruhe einkaufen können.“

 

So machen es andere Gemeinden

Emtmannsberg: Statt GmbH und stiller Teilhabe will man in Emtmannsberg eine Genossenschaft gründen – deren Mitglieder den Dorfladen dann auch selbst betreiben. Wenn das klappt, will auch Bürgermeister Thomas Kreil etwas spendieren. „Aber nicht unbedingt Alkohol, da fällt mir schon was anderes ein.“ Eröffnen soll der Dorfladen spätestens 2017.

Kirchenpingarten: Auch in Kirchenpingarten will man einen Dorfladen, einen Arbeitskreis aus Gemeinderäten gebe es bereits, sagt Bürgermeister Klaus Wagner. Man habe bisher allerdings wenig Zeit für die Planung gehabt. „Der Dorfladen wird wohl nächstes Jahr unser Schwerpunktthema sein.“