Neun Monate später meldet sich eine ältere Tochter von Sylvia Schulze in der Zeitschrift «Closer» zu Wort. Die 25-Jährige geht davon aus, dass ihr Stiefvater Frau und Tochter getötet hat, bevor er in den Fluss gesprungen ist. Wegen Trunkenheit am Steuer habe er den Führerschein verloren, erzählt sie im Mai. Weil Marco Schulze im Hauptjob in einer Chemiefabrik arbeitete, hätte er zwei Tote spurlos verschwinden lassen können, spekuliert sie. «Wir haben in der Firma Säuren ganz exakt auf Fehlbestände überprüft», sagt Düker dazu nur.
Der schlichte Backsteinbau mit dem schmucklosen Rasen fällt auf in der sonst so gepflegten Siedlung. Am Haus hat sich kaum etwas geändert. Vor der Tür stehen zwei rote Grablichter, daneben in einem Rahmen zwei Fotos der drei. Eines zeigt Sylvia Schulze und Miriam, die Mutter hat den Arm um das Kind gelegt. In der Ecke klemmt ein kleines Porträt des Familienvaters - zusammen und doch nicht eins. Die Bilder sind verblichen wie die Polizeisiegel an der Tür.
Am 29. Juni will Hauptkommissar Düker erneut bei «Aktenzeichen XY» nach Zeugen suchen. Um drei Fragen wird es dann im Kern gehen: Wer hat die Familie am 22. Juli noch in einem der beiden Wagen gesehen? Wer hat die drei am Mühlenteich beobachtet? Und: Wer hat den Familienvater in der Nacht zum 23. Juli auf dem Rad Richtung Lauenburg fahren sehen?
«Wir hoffen weiter, Zeugen zu finden, die sich doch noch an etwas möglicherweise Wichtiges erinnern», sagt Düker. Das könnten auch Details sein, die damals unwichtig schienen. «Solange wir die Leichen nicht haben, können wir nicht ausschließen, dass Sylvia und Miriam eventuell doch noch leben - das aber ist sehr unwahrscheinlich.»
«Wir hoffen, dass sich noch Zeugen melden - hier im Ort herrscht immer noch Ratlosigkeit. Das ist unsere letzte Hoffnung, das Schicksal der beiden zu klären», sagt Gemeindebürgermeister Uwe Harden (SPD). «Wir wollen den Fall unbedingt klären und die Vermissten den Angehörigen übergeben», betont Düker.
Möglicherweise werden eines Tages Spaziergänger einen grausigen Fund machen, nicht weit von der Elbe. «Miriams Lieblings-Kuscheltiere sind nicht mehr im Haus gewesen», sagt die Nachbarin.
dpa