"Musik hebt die Stimmung" Ein syrischer Flötist weiß nur eines sicher: In seiner Heimat ist alles unsicher

Von Michael Weiser
 Foto: red

Hunderttausende Menschen sind vor dem Krieg in Syrien auf der Flucht. Viele Flüchtlinge zieht es nach Deutschland. Eine Ausnahme ist Mohamed Fityan: Der Musiker weilt wegen des Festivals Junger Künstler in Bayreuth, wird danach aber in den Nahen Osten zurückkehren - wenn auch nicht nach Syrien.

 
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Noch gibt es eine Homepage der Oper von Damaskus, im Internetauftritt freut man sich auf Theater, auf Tanz und auf Konzerte des Syrian Symphony Orchestra. Vor allem Beethovens Fünfte und Mahlers Kindertotenlieder zum Start in die Saison weredn hervorgehoben, nur: Es handelt sich um das Programm für die vergangene Saison. Die Seite wurde nicht mehr aktualisiert. Seit dem vergangenen Jahr ist Entsetzliches passiert in Syrien, man hat ganz andere Sorgen als Beethoven und Mahler. Wenn die Waffen sprechen, schweigt die Kunst.

Mohamed Fityan hat in dem Damaszener Orchester gespielt, traditionelle arabische Flöten, die Nai und die Kawala. Er stammt aus Aleppo, lebte die vergangenen Jahre in Damaskus, vor einigen Monaten hat ihn der Krieg ins Ausland getrieben. Er ist 29 Jahre alt und macht trotz der schlimmen Vorkommnisse in seiner Heimat einen ausgesprochen aufgeräumten Eindruck. Er trägt ein Hemd mit hellblauen Streifen, unter dem geöffneten Kragen scheint ein silbernes Halsband hervor, ein dreieckiges Bärtchen am Kinn verleiht dem Gesicht des Syrers etwas Keckes.

Wenn er spricht, dann ist der syrische Bürgerkrieg mit seiner Ausweglosigkeit und seinen Grausamkeiten ganz weit weg. Er spricht dann von seiner Begeisterung von Musik, vor allem vom Zusammengehen verschiedener Stile. "Jazz, traditionelle arabische Musik, klassische Musik - die Mischung finde ich toll." Er spricht davon, wie schön es war, im Hof des Azim-Palastes in Damaskus Musik zu machen. Und dann spricht er doch einmal davon, wie es war mit der Musik und der Politik. "Musik ist unser Beruf. Und man brauchte uns, weil Musik die Stimmung hebt." Kollegen sagen, dass der Musiker seine Fassade gut aufrecht erhalte.In Wahrheit, sagen sie, sehe es ganz anders in ihm aus. 

Fityan gehört zu den syrischen Musikern, die auch im Ausland Erfolg haben. Nach seinem Auftritt bei "Die Sarazenin" beim Festival Junger Künstler in Bayreuth wird er noch in weiteren Städten spielen, in Bonn etwa, in Bielefeld, in Mannheim. In seiner Heimatstadt Aleppo wird gekämpft, der Bezirk, in dem er aufwuchs, ist zerstört. "Die Erinnerungen, das was mich damit verbindet, gibt es nicht mehr." Nach Syrien wird er nicht zurückkehren, nicht so bald jedenfalls, er rechnet damit, dass der Krieg noch lange dauert: "Wer weiß das schon?"

Und sollten die Amerikaner auch angreifen, wer will schon vorhersagen, dass noch mehr Gewalt den Krieg verkürzt? Und wer will dann wissen, wem welche Rechnungen präsentiert werden? "Kein Kommentar zur Politik", sagt er, "bitte". Er hat ein Smartphone sagt er, aber die GPS-Funktion habe er abgestellt. Er will nicht geortet werden können, niemals und nirgends. Denn er sei nervös. "Du kannst nicht wissen, was passiert", sagt er. Es klingt wie die insgesamt zuverlässigste Vorhersage für Syrien.

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