Echte Wahnsinnsunternehmungen gibt es auch. Man denke an das Schreibmaschinenmuseum. Das sind Liebhaberobjekte. Entstanden, weil sich da Menschen mit Herzblut an etwas gewagt haben. Gegen die will ich schon gar nicht schreiben. Wer ohne Aussicht auf Entlohnung etwas für seine Stadt macht, macht - etwas Gutes. Da ist der Versuch schon Erfolg. Es kostet ja auch das Gemeinwesen nicht viel. Ein Argument in Zeiten wie diesen.
Aber: finden sich darin die Bayreuther wieder? Kommen dorthin Menschen, vielleicht auch, um etwas zu finden, nach dem sie eigentlich nicht gesucht hatten, was sie dennoch unterhält und bereichert? Ist Bayreuths Museumsszene nicht heillos vereinzelt und verzettelt?
Ein gutes Museum kann vergangenes zum Leben erwecken
Museal ist langweilig, Museen dienen oft der Aufbewahrung. Für Sachen, die etwas über einen Ort, eine Zeit aussagen könnten. Aber auch für Hinterlassenschaften. Ein Sammler stirbt, die Erben wollen das Zeug nicht in der eigenen Wohnung haben, es aber auch nicht zum Sperrmüll bringen. Manchmal sind es Hinterlassenschaften längst vergangener Museumshüter. Ab und zu gibt es dann Ausstellungen, auch weil man sich dann beruhigt fühlt: Ach, da sind sie noch, die lieben, alten Stücke.
So kommt es zu dieser weit verbreiteten Meinung: Wer sich eine Staublunge einfangen wil, muss nur in ein Museum gehen und versuchen, den Grauschleier von den Vitrinen zu pusten. Museal ist ein anders Wort für langweilig. Dabei ist das ganze ein Missverständnis. Ein gutes Museum kann Vergangenes zum Leben erwecken. Es lädt ein, aus anderem Winkel auf die Gegenwart zu blicken. Und sich andere Gedanken über die Zukunft zu machen. Ein gutes Museum bewahrt. Und arbeitet am Bewahrten. Und vermittelt einen Eindruck davon, warum das Bewahrte all den Aufwand wert war.
Den der Möbelpacker, die Kisten geschleppt, den der Fachleute, die sich mit dem Kram beschäftigen. Bayreuth hat solche Museen. Das Kunstmuseum beispielsweise arbeitet gerade den Nachlass eines Malers auf. Und allein schon der gerechtfertigte Verdacht, dass es dieser Maler nicht verdient haben könnte, vergessen zu werden, ist ein Argument für Forschungsarbeit.
Das heutige Bayreuth schlägt zu seinen Kriegserlebnissen keine Brücke
Bayreuth hat noch mehr zu bieten. Beispielsweise Jubiläen oder besser Gedenkjahre. Vor hundert und einem Jahr brach der Erste Weltkrieg aus. Vor 70 Jahren endete auch für Bayreuth in Trümmern und Flammen der nächste Weltkrieg. Der, den Hitler entfesselt hatte. Das heutige Bayreuth schlägt zu diesen Zeiten keine Brücke.
Bayreuth hat für eine relativ kleine Stadt eine relativ große Geschichte. Wir merken es aber nicht. Vielleicht wäre es doch an der Zeit, für ein Museum in Bayreuth zu plädieren. Ein großzügiges Gebäude, in dem Platz und Mittel genug vorhanden sind, um Bayreuths Geschichte wirklich zeigen zu können. Eines, das Gedenken an Widerstandskämpfer gegen Hitler nicht an einen Ort am Rande verbannt. Siehe Leuschner und seine Gedenkstätte, die irgendwie auch Museum sein will, aber es nicht ist. Und all die anderen Hitler-Gegner von Friedrich Puchta bis Oswald Merz nicht repräsentiert.
Eines, das den guten alten Jean Paul nicht zum Exorzisten für einen Erzrassisten machen will - Jean Paul wohnte nun einmal nie im Chamberlain-Haus. Als die Bayreuther dem Dichter ein Museum in der Nachbarschaft von Wahnfried einrichten, wollten sie damit auch Pilgerschaften zur Wohnstätte von Hitlers Stichwortgeber Chamberlain verhindern. Schon klar; aber da haben sich die Zeiten wirklich verändert.
Gedanken über ein neues, faszinierendes Museum
Chamberlain, die Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik sind für Forscher ein höchst interessantes Feld. Mit Spannung erwartet die Fachwelt Udo Bermbachs Chamberlain-Biografie. Wilhelmine? Müsste doch zukünftig genügend im Markgräflichen Opernhaus zu finden sein, um alle Wilhelmine-Fans zufrieden zu stellen. Es gäbe genügend anderes zu zeigen und zu erklären.
Bayreuth schaut nicht so zurück, dass man für die Gegenwart etwas erfahren könnte. Man hätte zeigen können, was der Erste Weltkrieg für Bayreuth bedeutete. Und die Luftangriffe am Ende des Zweiten Weltkriegs. Allein mit Tafeln auf Holzständern, die einem Straßenzüge vor Augen führen, wie sie damals verwüstet wurden, gelingt das kaum. Aber: Man kann immer noch zeigen, wie die eine Katastrophe die nächste bedingte. Und es gibt nur wenige Städte, in denen sich das so gut nachverfolgen lässt wie in Bayreuth. Eine wichtige Aufgabe, und sei es, damit wir Zeitgenossen, jung und alt, erkennen, was wir für ein Dusel haben - hier und jetzt in Bayreuth.
Es gibt auch in Bayreuth Menschen, die aus jüngster Erfahrung davon berichten könnten, wie es aussieht, wenn man nicht dieses Glück hat. Wenn das mit der Stadthalle mal erledigt ist, kann sich Bayreuth ja vielleicht doch Gedanken machen über ein neues, ein faszinierendes Museum. Eines, zu dem die Leute von weit außerhalb kommen. In dem sich aber auch die Bayreuther selbst wiederfinden.