Revisionsverfahren: Rechtsanwalt auch mit leicht abgemilderter Strafe gegen seinen 66-jährigen Mandanten nicht einverstanden Mordversuch vor Bundesgerichtshof

Von Frank Schmälzle
Vor der Eingangstür und an den Terassentüren eines Hauses in Oberzettlitz hatte ein heute 66-Jähriger Feuer gelegt. Drinnen schliefen vier Menschen. Sein Motiv: Er glaubte, der Hauseigentümer habe ihn finanziell ruiniert. Foto: Archiv Foto: red

Rechtsanwalt Johannes Driendl lässt nicht locker. Er wird ein weiteres Mal in Revision gehen. Weil ihm die Strafe, die die Zweite Strafkammer des Landgerichts Bayreuth am Montag gegen seinen Mandanten verhängte, immer noch zu hoch ist. Der Bundesgerichtshof wird sich also noch einmal mit dem Verfahren, in dem es um Bedrohung, vierfach versuchten Mord und schwere Brandstiftung geht, beschäftigen müssen.

 
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Das war geschehen: Am Heiligen Abend des Jahres 2014 klingelt bei einem Geschäftsmann, der im Kulmbacher Stadtteil Oberzettlitz wohnt, das Telefon. Am anderen Ende: der heute 66-jährige Angeklagte. Er droht, den Geschäftsmann zu erschießen. Einen Tag später taucht der Angeklagte vor dem Haus auf. Der Geschäftsmann nimmt die Drohung ernst, alarmiert die Polizei. Dann die Nacht des 21. Januars 2015. Der Angeklagte schüttet Benzin auf die Fußmatten vor der Eingangstür und den Terrassentüren des Hauses in Oberzettlitz. Zündet sie an. Vier Menschen schlafen in dem Haus, der Geschäftsmann erwacht, löscht mit Hilfe seiner Nachbarn das Feuer. Sieht eine Gestalt und erkennt den Angeklagten. Der tut dies alles, weil er glaubt, sein ehemaliger Geschäftspartner habe ihn ruiniert. Sein Unternehmen mit 65 Mitarbeitern ist pleite, seine Ehefrau hat ihn verlassen.

Das erste Urteil: Am 16. September 2015 fällt die Erste Strafkammer am Landgericht Bayreuth das Urtiel gegen den 66-Jährigen. Neun Jahre und zwei Monate. Dazu ein Unterbringungsbeschluss, weil der Angeklagte schwer alkoholabhängig ist. Das Gericht verurteilt ihn wegen Bedrohung, vierfach versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung.

Die Revision: Der Bayreuther Rechtsanwalt Johannes Driendl will dieses Urteil nicht hinnehmen. Er sagt: Das Strafmaß bleibt nur geringfügig unter der Maximalstrafe. Sein Mandant hat alles gestanden, er bereut seine Taten und das Gericht nutze die Möglichkeiten einer Strafrahmenverschiebung, weil es bei dem Versuch geblieben und nicht zur vollendeten Tat gekommen war, nicht. So schlimm das alles sei - tatsächlich sei niemand verletzt worden. Der Bundesgerichtshof prüft das Verfahren. Und stellt fest: An dem, was das Gericht an Fakten festgestellt hat, ist nicht zu rütteln. Aber das Landgericht Bayreuth solle das Strafmaß überdenken.

Das zweite Verfahren: Am Montag beschäftigt sich die Zweite Strafkammer unter Vorsitz von Richter Werner Kahler mit dem Revisionsverfahren - mit dem, was zuvor unter Vorsitz von Richter Michael Eckstein als Urteil gefällt worden war. Er sagt: An den Feststellungen, die die Erste Strafkammer getroffen hat, ändert sich nichts. Das hat der Bundesgerichtshof klar gestellt. Es geht ausschließlich um das Strafmaß. Staatsanwalt Roland Köhler sieht keinen Anlass, hinter dem zurückzubleiben, was das erste Urteil vorsah. Neun Jahre und zwei Monate. Weil der Angeklagte erhebliche kriminelle Energie gezeigt habe. "Es ist reiner Zufall, dass der Geschädigte aufgewacht ist. Es hätte viel schlimmer ausgehen können." Verteidiger Driendl hatten im ersten Verfahren fünf Jahre für angemessen gehalten. Jetzt plädiert er auf siebenJahre. 18 Monate lang ist sein Mandant bis dato in Behandlung in der Forensik des Bezirkskrankenhauses Bayreuth. Ein Gutachter sagt vor Gericht, die Behandlung müsse wohl noch einmal so lange dauern. Zieht man dieses Zeitspannen ab und geht davon aus, dass der Angeklagte nach der Hälfte der Haftzeit freikommen kann, müsste der 66-Jährige für ein halbes Jahr ins Gefängnis. Und Driendl sagt weiter: "Es wird wohl kaum so sein können, das im Revisionsverfahren alles beim Alten bleibt. Ich gehe davon aus, dass der Bundesgerichtshof eine andere Strafzumessung wünscht."

Das zweite Urteil: "Wir teilen die Überlegungen der Ersten Strafkammer", sagt Richter Werner Kahler am Montag bei seiner Urteilsbegründung. Den Strafrahmen zu verschieben, weil es bei dem Brandanschlag bei einem Versuch des Mordes geblieben ist, da kann Kahler nicht mitgehen. "Es war nur dem Zufall zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist." Für den Geschäftsmann und seine Familie sei dieser Anschlag einschneidend gewesen. "Wenn man sich im eigenen Haus nicht mehr sicher fühlen kann, ist das schwerwiegend." Die Zweite Strafkammer mildert das Urteil "marginal" ab, wie Kahler sagt: Acht Jahre und sechs Monate. Für den Angeklagten, der schwer herzkrank ist, heißt das: Er müsste ein Jahr und drei Monate lang ins Gefängnis, bevor er seine Therapie im Bezirkskrankenhaus fortsetzen kann.

So geht es weiter: "Wenn der Richter von marginal spricht, bin ich gefordert", sagt Rechtsanwalt Driendl nach dem Ende des Prozesstermins. Er sei mit dem Urteil nicht einverstanden und werde deshalb ein weiteres Mal in Revision gehen. Der Bundesgerichtshof wird sich also erneut mit dem Verfahren, in dem es um Bedrohung, vierfach versuchten Mord und schwere Brandstiftung geht, beschäftigen müssen.

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