Mit dem Leiter der Erlanger Forensik stand ein Arzt im Zeugenstand, dem Mollath indirekt Unmenschlichkeit vorwirft Mollath trifft seine "Peiniger"

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Gustl Mollath (57) begegnet nach Jahren einem seiner Psychiater. Mit Michael Wörthmüller (56) stand der Arzt im Zeugenstand, bei dem Mollath zum ersten Mal Kontakt mit einer geschlossenen Einrichtung machte. Mollaths Vorwürfe der Unmenschlichkeit konterte der Leiter der Forensik des Erlanger Bezirksklinikums: Mollath habe das Angebot ausgeschlagen, schnell wieder die Klinik zu verlassen.

 
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Weil Mollath sich weigerte mit einem Gutachter zu sprechen, musste er von der Polizei in eine Klinik zur Begutachtung gebracht werden. Das war das Erlanger Bezirksklinikum, Samstag, 30. Juni 2005, am frühen Vormittag. Polizisten brachten ihn in Handschellen, auf dem Beschluss, den sie vorlegten, waren die Vorwürfe klar: Mollath soll seine Frau misshandelt und 129 Reifen durchstochen haben. Psychiater sollten herausfinden, welch eine Geschichte hinter diesem Menschen stand.

Dazu kam es nicht – vielleicht aus purem Zufall. Denn die beiden, Mollath und sein späterer Gutachter, waren sich kurze Zeit vorher begegnet. Mollath stand eines Tages im Vorgarten von Wörthmüller. Was der Mann mit dem eigentümlichen Brustbeutel da eigentlich wollte? Schwer zu sagen, denn das Gespräch sei „skurril“ gewesen. Es ging um den Wörthmüllers Nachbarn, den Banker R. Mollath vermutete, dass er etwas mit angeblichen Schwarzgeldschiebereien in die Schweiz zu tun haben könnte, die er auch seiner Ex-Frau unterstellte. Der Gutachter hörte zu und grübelte währenddessen, wer das sein könnte.

Mollath Webreportage

Als Mollath in seine Klinik gebracht wurde, wusste er es. Und er sah sofort ein, dass ein Gutachten schwierig sein könnte, denn Mollath könnte ihn für befangen halten. Zumal der Gutachter seinem Nachbarn nach der skurrilen Begegnung eine „private Einschätzung“ des Besuchers gegeben hatte. Wörthmüller hielt Mollath zumindest für auffällig.

Dies habe er ihm sofort mitgeteilt, als sie sich in der Klinik begegneten. Doch Mollath sah in seinem Gutachter den Teil eines Systems, das Schwarzgeld in die Schweiz verschiebe – und gegen ihn sei.

Mollath hatte in den vergangenen Jahren immer behauptet, Wörthmüller habe ihm ein Gutachten light angeboten, bei dem es nur um die Misshandlung seiner Frau gehen sollte. Die Geschichte mit dem Geld aber habe Wörthmüller ausklammern wollen.

Wörthmüller stellt das völlig anders dar: Er habe sehr wohl nachvollziehen können, dass es für Mollath „dramatisch“ sei, in Handschellen in eine geschlossene Station gebracht zu werden. Er habe ihm angeboten, „schnell wieder nach Hause“ zu können, er müsse nicht die ganzen vorgeschriebenen sechs Wochen bleiben – wenn er sich begutachten ließe. Wörthmüller wollte die Sache mit dem Schwarzgeld zunächst „hintanstellen“, um erst den Menschen Mollath kennen zu lernen. Ausschließen aber habe er das Thema nicht gewollt.

Der Gutachter sieht, dass die Zeit drängt und besorgt Mollath noch am Wochenende einen neuen Anwalt, mit dem er dieses Angebot besprechen sollte. „Ein Gutachten ist nichts Dramatisches.“ Doch Mollaths Entschluss steht fest: Ihm sei es wichtiger, die Schwarzgeldvorwürfe aufzuklären, weswegen er sich von Wörthmüller nicht begutachten lassen wollte. Denn den hielt er auch Teil des Schwarzgeldsysteme. Trotz der Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben könne, blieb Mollath dabei. Er werde dafür „auch persönliche Nachteile in Kauf“ nehmen.

Im Gespräch mit dem Gutachter wurde Mollath immer eindringlicher. Er warf Wörthmüller indirekt Unmenschlichkeit vor, was dieser nicht gelten lassen wollte. In Handschellen habe er Hofgang machen müssen. Wörthmüller widersprach dem, er selbst habe angewiesen, dass dies eben nicht sein solle. Mollath habe Fixierungsgurte an seinem Bett gehabt. Wörthmüller habe diese abnehmen lassen. Mollath: Überall seien Kameras. Wörthmüller: Es ist in der Forensik normal. Mollath: Es sei ein Eisenbett: Wörthmüller: Es ist ein Krankenhausbett. Mollath: Ein „sehr dunkelhäutiger Mann“ habe ihn zum „Eingangsbad“ empfangen. Wörthmüller: Es stimme, es würde auch ein auch dunkelhäutiger Mitarbeiter auf der Station arbeiten.

Mollath: Haben Sie sich Gedanken gemacht, was es bedeutet siebeneinhalb Jahre in der Psychiatrie zu sein? Wörthmüller: „Ihre Geschichte ist dramatisch.“ Gerade bei „Menschen, die alles ablehnen und nicht mit uns sprechen“, müsse man immer nach Lösungen suchen. Mollath: Danke, Herr Dr. Wörthmüller.

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