Mit Handy am Steuer - Fahrverbot?

Von Manfred Scherer
Der Blick aufs Handy während der Fahrt soll härter bestraft werden. Foto: Monika Skolimowska/dpa Foto: red

Telefoniert eine Fahrerin oder ein Fahrer am Steuer, sollte künftig sogar ein Fahrverbot ausgesprochen werden können, erklärt der ADAC.

 
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Wer am Steuer ohne Freisprecheinrichtung telefoniert oder Nachrichten tippt sollte mehr Strafe bezahlen als das Bußgeld von 60 Euro. Das fordert der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR).

Die oberfränkische Polizei warnt, wer bei Tempo 50 seinen Blick für fünf Sekunden von der Straße abwendet, legt 70 Meter im "Blindflug" zurück.

Oberfränkische Polizei: "Am Steuer Finger weg vom Handy!"

Die Handy-Nutzung während der Fahrt erhöhe das Unfallrisiko deutlich; das hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, teilt Jürgen Stadter vom Polizeipräsidium Oberfranken mit: "Deshalb unser eindringlicher Appell": Am Steuer Finger weg vom Handy!"

Die Zahl der ermittelten Fälle, in denen Autofahrerinnen oder Autofahrer verbotswidrig während der Fahrt telefonierten, sank zwar von 3878 im Jahr 2011 auf 2663 im Jahr 2015, doch vermutet Stadter in Anbetracht der großen Verbreitung und Nutzung von Mobiltelefonen, dass die Dunkelziffer sehr hoch sein wird.

Wie viele Unfälle es wegen Ablenkung durch Handys gibt, kann die Polizei nicht genau sagen. "Da häufig keine konkreten Verdachtsmomente für das Benutzen eines Handys/Smartphones während der Fahrt vorhanden sind, kann eine Ablenkung dadurch nur in Einzelfällen als Ursache in der Unfallanzeige festgehalten werden", erklärt Stadter.

"Die Polizei kann nicht bei jedem unklaren Verkehrsunfall ausnahmslos die Nutzung eines Handys/Smartphones unterstellen. Erst mit Vorliegen konkreter Tathinweise im Einzelfall ist eine Prüfung der Sicherstellung möglich."

Posten, Twittern, Texten und Googeln am Steuer

Viele Autofahrer mögen auch während der Fahrt nicht auf ihr Smartphone verzichten. Verkehrsexperten sprechen sich für eine härtere Bestrafung bis hin zum Fahrverbot aus. Der 55. Verkehrsgerichtstag, der an diesem Donnerstag und Freitag in Goslar tagt, befasst sich unter anderem mit dem Thema "Unfallursache Smartphone". Posten, Twittern, Texten und Googeln am Steuer führe zu immer mehr Unfällen, erklären Verkehrsexperten.

"Multitasking ist ein Mythos", sagt Christian Kellner, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. Die meisten Fahrer seien sich "des großen Risikos überhaupt nicht bewusst, das sie durch die Nutzung der Geräte eingehen". Die Zahl der Unfälle durch solche Ablenkung steige.

Wer ohne Freisprecheinrichtung telefoniere, SMS tippe oder Nachrichten lese, sollte ein Vielfaches des bisherigen Bußgeldes von 60 Euro zahlen, fordert der Verkehrssicherheitsrat. Zudem müsse das bisherige Handy-Verbot am Steuer auf andere elektronische Geräte erweitert werden.

Polizeigewerkschaft: "Die Bußgeldsätze sollten drastisch erhöht werden"

Die Deutsche Polizeigewerkschaft meint ebenfalls: "Die Bußgeldsätze sollten drastisch erhöht werden." Viele Fahrer hätten die Illusion, die Situation jederzeit unter Kontrolle zu haben", sagt ADAC-Expertin Kristina Benecke. Verschiedene Studien belegten aber, dass die Ablenkung im Auto durch Unterhaltungsmedien eine relevante Unfallursache sei, so Benecke. Auch der ADAC empfehle deshalb, über den bisherigen Rahmen der Sanktionen nachzudenken und dabei auch über Fahrverbote zu sprechen.

Der Automobilclub von Deutschland (AvD) beobachtet eine "dramatische Zunahme" des Phänomens": 53 Prozent hätten während der Fahrt schon Nachrichten eingetippt und sogar 72 Prozent Nachrichten gelesen, habe eine Befragung des AvD ergeben.

"Smartphones ein echter Killer im Straßenverkehr"

"Smartphones haben sich zu einem echten Killer im Straßenverkehr entwickelt", erklärt Gert K. Schleichert, Experte für Verkehrssicherheit beim Auto Club Europa (ACE). Das aktuelle Bußgeld halte immer weniger Autofahrer davon ab, am Steuer zum Smartphone zu greifen, so Schleichert. Er sieht im geringen Entdeckungsrisiko einen Grund für die zahlreicher werdenden Handy-Verstöße.

"Wer etwas für die Verkehrssicherheit tun möchte, muss deshalb die polizeiliche Verkehrsüberwachung kräftig ausbauen und die Befugnisse der Polizei erweitern", sagt der ACE-Fachmann.

Für mehr Kontrollen plädiert auch der Verkehrssicherheitsrat, sagt Hauptgeschäftsführer Kellner. Die Polizei sollte Smartphones leichte einziehen und auswerten können, wenn der Verdacht besteht, dass die Nutzung die Ursache eines Unfalls gewesen sein könnte.

Der AvD spricht sich für eine gesetzliche Pflicht zum Einbau von Freisprechanlagen in Fahrzeugen aus. Im Straßenverkehr sollten grundsätzlich nur noch sprachgesteuerte Kommunikationsgeräte verwendet werden.