Medi-Trainer über die Bundesliga-Konkurrenz: Alles spricht für Titelverteidigung des FC Bayern München Michael Koch: Viele mit Chancen, aber nur ein Favorit

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Analyse mit Bedacht: Nach einem ausführlichen Blick auf die Personalentscheidungen hat Medi-Trainer Michael Koch ziemlich klare Vorstellungen davon, was von der Bundesliga-Konkurrenz zu erwarten ist. Foto: Kolb Foto: red

Abstiegskandidaten gibt es nicht beim Blick von Michael Koch auf die Konkurrenz in der am Donnerstag beginnenden Bundesligasaison – und sei es nur aus Höflichkeit. Dafür legt sich der Trainer von Medi Bayreuth umso deutlicher fest, wenn es um die Frage nach dem kommenden Meister geht: „Keine Frage: Das ist wieder der Topfavorit“, sagt er über Titelverteidiger Bayern München.

 
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Dazwischen erwartet Koch durch die Veränderungen in den Mannschaftskadern zwar viele kleine Verschiebungen in den Kräfteverhältnissen, aber nicht viel grundsätzlich Neues: Ein kleiner Kreis kommt für die Plätze unter den besten Vier in Frage und ein ziemlich großer für die übrigen Playoff-Ränge fünf bis acht.

ARTLAND DRAGONS: Sicherer Playoff-Kandidat

„Diese Mannschaft hat kaum Spieler verloren und ist entsprechend gut eingespielt“, nennt Michael Koch als Stärke des Teams aus Quakenbrück. „Wir haben schon bei unserem Turnier gesehen, dass die Dragons sehr früh in der Vorbereitung schon sehr weit waren.“ Auf den deutschen Positionen sei durch die Verpflichtung von David McCray (Bonn) und Andreas Seiferth (Trier) zu bewährten Kräften wie Bastian Doreth und Guido Grünheid sogar noch eine Verstärkung gelungen: „Das gibt dem Kader noch mehr Tiefe.“ Somit hat der Medi-Trainer keinen Zweifel, dass der letztjährige Halbfinalist auch diesmal ein „sicherer Playoff-Kandidat“ ist.

BB BAMBERG: Unwägbarkeiten auf hohem Niveau

„Im Vergleich zu den Dragons gilt hier praktisch das genaue Gegenteil“, sagt Michael Koch. „Das ist ein ganz neu zusammen gestelltes Team, noch dazu mit einem neuen Trainer.“ Obwohl die individuelle Qualität der Neuzugänge unbestreitbar sei, müsse man etwas Zeit für einen Entwicklungsprozess einplanen: „Der Topscorer und der beste Rebounder aus Israel, der MVP aus Italien – das hört sich alles toll an. Aber trotzdem wird sich die Mannschaft erst einmal finden müssen.“ Große Verantwortung trage dabei Trainer Andrea Trinchieri (45), aber nicht alles liege in seiner Macht: „Die Charaktere müssen auch zusammen passen.“ Allerdings betont Michael Koch, dass es sich um Unwägbarkeiten auf hohem Niveau handele: „Von den Namen her ist das eine Mannschaft, die unter die ersten Vier kommen muss und dann auch ins Halbfinale.“

ALBA BERLIN: Ganz oben anzusiedeln

Den Wechsel des Berliner Spielmachers David Logan nach Italien (Sassari) betrachtet Michael Koch als wesentlichen Einschnitt: „Damit hat die Mannschaft den Go-to-guy verloren, der in kritischen Situationen das Spiel an sich gerissen hat.“ Allerdings sei es dem Team um Alba-Trainer Sasa Obradovic zuzutrauen, den Verlust des Stars durch mannschaftliche Qualitäten auszugleichen: „Dafür wurden wichtige Leute gehalten und die Mannschaft auch gut verstärkt. Das gilt vor allem für die großen Positionen mit Jamel McLean und Niels Giffey.“ Ein Problem sei die Verletzung des neuen Aufbauspielers Jonathan Tabu, auch wenn sie durch die Nachverpflichtung des früher in Bamberg spielenden Amerikaners Alex Renfroe kompensiert wurde. „So etwas bringt doch immer ziemliche Unruhe in die Vorbereitung.“ Selbst wenn der Start der Berliner dadurch vielleicht nicht ganz reibungslos verlaufen sollte, ändert das aber nichts an Kochs grundsätzlicher Einschätzung: „Die Berliner sind sicher mit ganz oben anzusiedeln.“

TB BONN: Den besten Spieler verloren

„Die Bonner haben mit Jamel McLean ihren nach allen statistischen Werten besten Spieler verloren“, sagt Michael Koch über die aktuelle Situation seines früheren Vereins. „Das ist ein großer Verlust, auch wenn dafür mit Angelo Caloiaro vom MBC ein anderer Topspieler geholt worden ist.“ Wie gut dieser Übergang funktionieren kann, kann der langjährige TB-Coach noch nicht beurteilen: „Die aktuelle Bonner Mannschaft habe ich noch gar nicht spielen sehen.“ Unterm Strich rechnet Koch aber damit, dass der letztjährige Tabellenfünfte sein Niveau im Großen und Ganzen halten kann: „Die mischen wieder im Kampf um die Playoff-Plätze mit.“

LÖWEN BRAUNSCHWEIG: Physisch stark

Diesem Gegner stand Medi Bayreuth im letzten der drei Spiele beim Vorbereitungsturnier in Bad Neuenahr gegenüber und verlor mit einem Miniaufgebot nur knapp mit 69:70. „Da hat man schon gesehen, dass diese Mannschaft vor allem physisch stark ist – groß und kompakt.“ Mit der Verpflichtung des erfahrenen Derrick Allen (Bremerhaven) wurde das noch verstärkt. Allerdings deute sich ein Mangel an Tiefe im Kader an: „Da hängt doch viel von den Ausländern ab.“ Auch den von Bayreuth nach Braunschweig gewechselten Nationalspieler Nicolai Simon erwartet der Medi-Coach kaum in der Startformation: „Ähnlich wie bei uns wird er wohl eine wichtige Rolle von der Bank spielen können. Seinen konstanten Wurf von außen können die Braunschweiger gut brauchen.“

EISBÄREN BREMERHAVEN: Verlust des Topscorers

Die Eisbären gehören zu jenen Mannschaften, die Michael Koch in der Vorbereitung noch nicht gesehen hat. Die größte Herausforderung für seinen Kollegen Calvin Oldham, der bekanntlich mit ihm zusammen zu den Leistungsträgern in der legendären Bayreuther Meistermannschaft von 1989 gehört hat, liege aber auch so auf der Hand: „Mit Darius Adams hat das Team nicht nur den Go-to-guy verloren, sondern immerhin den Topscorer der BBL.“ Wie schon im Vorjahr sei die Vorbereitung in Bremerhaven zudem schon wieder durch Verletzungen gestört worden. Als umso wichtiger könnte sich die überraschende Verpflichtung von Sven Schultze erweisen, auch wenn der bisherige Kapitän von Alba Berlin mittlerweile mit 36 Jahren zu den Veteranen gehört. „Er kann immer noch ein emotionaler Leader sein“, sagt Michael Koch. „Er hat das nötige Feuer, um eine Mannschaft zu motivieren.“

CRAILSHEIM MERLINS: „Offensivlastiger“ Neuling

Mit dem Neuling hat sich Michael Koch bisher eingehender befasst, als mit allen anderen Ligarivalen – schließlich ist Crailsheim am kommenden Donnerstag der erste Gegner seines Teams. „Das ist ein Aufsteiger mit einigen guten Jungs“, sagt der Medi-Trainer. „Aber wie bei vielen Aufsteigern mangelt es an der Tiefe im Kader.“ Die Spielweise sei „offensivlastig“: „Schnell, aggressiv – dieses Team kann viele Punkte machen.“ Wie für die meisten Neulinge könne es für die Crailsheimer aber kein anderes Ziel geben als den Klassenerhalt: „Alles, was darüber hinaus gelingt, ist ein Bonus.“

SKYLINERS FRANKFURT: Funktionierendes Gefüge

Wie schon in früheren Jahren haben die Frankfurter ihre Personalentscheidungen relativ spät getroffen und dabei auch Probeverträge mit kurzer Laufzeit vergeben. „Mit Richard Williams aus Vechta haben sie einen ganz guten Aufbauspieler bekommen, der auch scoren kann“, nennt Michael Koch die wichtigste Verpflichtung. „Man verfügt nicht mehr ganz so über die finanzielle Topausstattung, um sich große Namen wie früher leisten zu können.“ Zu loben sei aber das Konzept, in dieser Lage verstärkt auf junge deutsche Spieler zu setzen wie Danilo Barthel, Johannes Voigtmann, Konstantin Klein und Kevin Bright. Der Lohn dafür sei ein funktionierendes Mannschaftsgefüge: „Das Team ist aggressiv und spielt gut zusammen.“ Deswegen will Koch die Frankfurter auch nicht ganz aus dem Kreis der Playoff-Kandidaten ausklammern: „Wenn sie von Verletzungen verschont bleiben, können sie in diesen Bereich kommen.“

BG GÖTTINGEN: Routiniers mit Risiko

Ein gewisses Risiko sieht Michael Koch bei den Personalentscheidungen des Rückkehrers aus der Pro A: „Mit Spielmacher Khalid El-Amin und Powerforward Raymar Morgan kamen gleich zwei Spieler mit gutem Namen und Erfahrung in hochklassigen europäischen Ligen, die aber schon längere Verletzungspausen hinter sich haben.“ Aktuell scheinen die Göttinger damit Recht zu behalten: „Derzeit wirken alle Spieler fit, und da sind auch einige gute Ergebnisse gelungen.“ Die Frage von Glück und Pech mit Verletzungen könne somit für die Aussichten des Aufsteigers von entscheidender Bedeutung sein: „Wenn sie fit bleiben, haben sie keine schlechte Truppe.“

PHOENIX HAGEN: Bewährter Stil

Bei diesem Gegner weiß man, was einen erwartet – zumindest so lange Ingo Freyer als dienstältester Trainer der BBL die Verantwortung trägt. „Es geht darum, mit schnellem Spiel ohne viel Drumherum möglichst viele Punkte zu erzielen“, fasst es Michael Koch zusammen. „An diesem grundsätzlichen Stil wird sich nichts ändern.“ Dafür garantieren nicht nur drei Leistungsträger in diesem Konzept, die gehalten werden konnten (Bell, Gordon, Ramsey), sondern auch die Neuzugänge: „Die werden immer schon so ausgesucht, dass sie genau zu dieser Spielweise passen.“ Obwohl es jeder weiß, zweifelt Koch nicht daran, dass die Hagener auch in diesem Jahr mit ihrem hohen Tempo wieder manchen Favoriten überraschen können: „Gerade wenn Doppelspieltage oder Europapokalspiele nur wenig Zeit zur gezielten Vorbereitung lassen, kann es für jeden Gegner der Hagener schwer werden.“

RIESEN LUDWIGSBURG: Eingespielt und verstärkt

Von der Qualität der Ludwigsburger konnte sich Michael Koch gerade überzeugen, als seine Mannschaft ein nicht öffentliches Trainingsspiel bei den Schwaben deutlich mit 57:90 verlor: „Viele wichtige Spieler wurden gehalten, so dass die Mannschaft gut eingespielt ist – das hat man gemerkt!“ Das auf den Guard-Positionen schon gut besetzte Team sei durch die Verpflichtung von Chris McNaughton (Würzburg) unter den Körben noch stärker geworden. Für den Medi-Trainer wäre es daher keine Überraschung, wenn der letztjährige Playoff-Teilnehmer, der im Jahr zuvor noch sportlich abgestiegen war, seinen Erfolg wiederholen würde: „Die Ludwigsburger muss man sicher wieder zu den ernsthaften Playoff-Kandidaten zählen.“

MITTELDEUTSCHER BC: Wieder neue Leute mit Potenzial

Dass man den Mitteldeutschen BC nie unterschätzen darf, wissen die Bayreuther spätestens seit ihrer 84:93-Niederlage bei der Saisongeneralprobe in Weißenfels. „Man hat dort nie das ganz hohe Budget, aber man sucht immer wieder junge Spieler aus, die dann einen Schritt nach vorn machen“, sagt Michael Koch über den überraschenden Tabellenneunten der vergangenen Saison. „Dann ist es zwar immer schwer, diese Leute zu halten, wie jetzt im Fall von Angelo Caloiaro, aber dafür kommen wieder andere Leute mit Potenzial.“ Nachdem der Litauer Simonas Serapinas nach einjähriger Verletzungspause und der isländische Rückkehrer Hördur Vilhjalmsson auch den Faktor Erfahrung verstärken, traut Koch dem MBC wieder eine solide Rolle in der Liga zu: „Das ist eine gut gescoutete, kompakte Mannschaft.“ Und Playoff-Ansprüche werden in Sachsen-Anhalt ohnehin nicht gestellt.

FC BAYERN MÜNCHEN: Der Topfavorit

An dieser Stelle fällt Michael Koch die Prognose am leichtesten: „Keine Frage: Das ist wieder der Topfavorit – einfach wegen der Auswahl an Spielern, die mit Blick auf die Euroleague noch einmal an Masse und Klasse verstärkt worden ist.“ Mit Neuzugängen wie Anton Gavel aus Bamberg könne es den Titelverteidiger auch nicht erschüttern, dass er mit Spielmacher Malcolm Delaney den wertvollsten Spieler der BBL abgeben musste. Die Aussicht des in Deutschland geborenen Nihad Djedovic auf Einbürgerung könne den Kader sogar noch weiter vertiefen: „Dieses Team kann jeden Ausfall kompensieren, wie kein anderes“, sagt Koch. „Ein oder zwei Verletzte sind halb so schlimm, wie für andere.“

BASKETS OLDENBURG: Einer der ersten Vier

„Diese Mannschaft muss man ganz hoch einschätzen“, sagt Michael Koch über den letztjährigen Tabellenvierten, der das Halbfinale gegen den späteren Meister Bayern München nur knapp mit 2:3 verloren gab. „Der erfolgreiche Kader blieb praktisch komplett beisammen.“ Der einzige Wechsel auf einer Ausländerstelle sei sicher keine Schwächung, auch wenn er den bewährten Spielmacher Dru Joyce (nach Braunschweig) betraf: „Tywain McKee kam aus Kazan – das ist ein Riesenclub in Russland, da stand er im Europcacup-Finale.“ Daher legt sich der Bayreuther Coach klar fest: „Oldenburg ist wieder ganz oben mit dabei – unter den besten Vier.“

TBB TRIER: Schwierige Aufgabe

Vor einer schwierigen Aufgabe sieht Michael Koch seinen Kollegen Henrik Rödl, mit dem er 1993 als Spieler in der deutschen Europameister-Mannschaft stand: „Die Trierer haben Leistungsträger verloren, und man muss sehen, wie sie diese Lücken schließen können. Im Fall von Andreas Seiferth und dem zu uns gewechselten Trevon Hughes wird das nicht leicht.“ Schließlich seien die finanziellen Möglichkeiten an der Mosel begrenzt: „Da müssen die deutschen Spieler das Vertrauen rechtfertigen, und bei den Ausländerstellen muss eine gute Wahl getroffen werden.“ Zwei junge osteuropäische Spieler der Jahrgänge 1992 und 1994 bekommen da schon viel Verantwortung. Auf das Ergebnis ist Koch selbst gespannt: „Noch habe ich die Trierer nicht gesehen.“

TIGERS TÜBINGEN: Zwei sehr große Center

Mit etwas weniger Abstiegssorgen als in der vergangenen Saison wäre man in Tübingen wahrscheinlich schon zufrieden. „Als wir gegen sie gespielt haben, waren sie nicht ganz so toll“, erinnert Michael Koch an den klaren 88:66-Sieg beim Turnier in Würzburg. Auffälliges Merkmal des Aufgebots sei die Körpergröße der Center Anatoly Kashirov (2,15 m) und Bogdan Radosavljevic (2,13 m), die nicht immer nur vorteilhaft sein müsse: „Vielleicht macht sie das mitunter etwas schwerfällig.“ Auf anderen Positionen könne man das aber kompensieren: „Mit Michael Cuffee vom MBC kam ein guter Flügelspieler hinzu, mit Jonathan Wallace wurde ein gestandener Bundesligaspieler gehalten, und die Neulinge Rubit und Wiggins haben Potenzial.“

RATIOPHARM ULM: Mehr Fluktuation als sonst

Klar mit 72:58 gewann Medi Bayreuth im Turnierfinale von Würzburg gegen den letztjährigen Tabellensechsten – ein Zeichen für Schwierigkeiten in Ulm? „Da war Per Günther nicht dabei“, relativiert Michael Koch. Richtig sei aber, dass es im Kader von Trainer Thorsten Leibenath „mehr Fluktuation als in den Vorjahren“ gegeben habe. Insbesondere der Verlust von Daniel Theis (Bamberg) wiege schwer. Dafür erwarte er einiges unter anderem von US-Guard Tommy Mason-Griffin, dem der Verein über lange Verletzungspausen hinweg die Treue gehalten hat und der jetzt fit in die Saison geht. „Das ist eine sehr interessante Mannschaft“, sagt Koch. „Ulm war immer ein Playoff-Kandidat und kann das auch mit diesem Team sein.“

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