Bayreuther stach Notärztin und Sanitäter nieder - Studie sagt, dass Gewalt gegen Helfer zunimmt Messerstecher soll in die Psychiatrie

Von Manfred Scherer und Elmar Schatz
Nach der Messerstecherei im Lessingweg am 10.08.2015 bereitet sich ein SEK-Beamter auf den Zugriff vor. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Er verletzte vier Menschen, die ihm helfen wollten, schwer. Er gilt als psychisch krank. Die Bayreuther Staatsanwalt möchte einen mutmaßlich schuldunfähigen Bayreuther dauerhaft in der Psychiatrie unterbringen lassen. Der Fall hat beim BRK zu einer aktuellen Untersuchung steigender Gewaltanwendung gegen Sanitäter geführt.

 
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Der 26-jährige Beschuldigte hatte in der Nacht zum 11. August vergangenen Jahres einen spektakulären SEK-Einsatz ausgelöst. Der Mann war im Stadtteil Altstadt auf eine Notärztin und drei Sanitäter mit einem Messer losgegangen. Zwei von ihnen wurden schwer verletzt, die Notärztin musste im Klinikum notoperiert werden. Das Rettungsteam war in den Lessingweg gerufen worden – der Bruder des Beschuldigten hatte die Helfer wegen des Gesundheitszustands des 26-Jährigen alarmiert.

Behörde bewertet die Messerangriffe als vier Mordversuche

Die psychische Erkrankung des Beschuldigten ist so schwer wiegend, dass er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht bestraft werden kann. Dies bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel auf Anfrage: Die Ermittlungen seien abgeschlossen, gegen den 26-Jährigen sei eine Antragsschrift beim Landgericht eingereicht worden. Darin beantragt die Behörde die Unterbringung des Kranken in der Psychiatrie – zur Sicherung der Allgemeinheit, aber auch zur Behandlung des Beschuldigten. Eine solche Maßnahme muss richterlich angeordnet werden. Zuständig in diesem Fall ist das Schwurgericht: Potzel zufolge geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der mutmaßliche Schuldunfähige objektiv vier Verbrechen des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung begangen hat. Der objektive Tatbestand wird in dem Verfahren festgstellt, bei erwiesener Schuldunfähigkeit wird es jedoch keinen Schuldspruch geben. Wann der Prozess stattfindet, steht noch nicht fest.

Rettungsdienst rechnet immer öfter mit Aggressivität

„Das war echt unser Drama“, sagt Dietmar Kasel, Leiter Rettungsdienst beim BRK in Bayreuth, zu dem Angriff auf die Notärztin und die drei Sanitäter im vergangenen Jahr. Seit etwa eineinhalb Jahren beobachte er eine Zunahme der Gewalt gegen Retter. Ursache seien oft Alkohol und Drogen. Bei bestimmten Veranstaltungen, wie etwa dem Klangfestival in Scherleithen bei Plankenfels sei mit Aggressivität zu rechnen.

Besonders häufig in Diskonächten

Die mittlerweile häufigen Pöbeleien, etwa bei Einsätzen, in Diskonächten, würden gar nicht dokumentiert. Der stellvertretende Leiter der Integrierten Leitstelle Bayreuth/Kulmbach, Martin Fiedler, sagt: „Werden uns aggressive Personen gemeldet, rufen wir sowieso gleich die Polizei; denn der Eigenschutz für die Retter hat Vorrang.“

180 Fälle im vergangenen Jahr

Kasel berichtet, Notärzte und Rettungsassistenten hätten nach der Attacke auf die Notärztin an einem fünfstündigen Kurs der Polizei in Bayreuth teilgenommen, bei dem Deeskalation geübt und gezeigt wurde, wie sich Rettungskräfte in kritischen Situationen verhalten sollten.

In München wurde am Mittwoch eine Studie des Roten Kreuzes vom BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk vorgestellt vorgestellt. Gewalt sei an der Tagesordnung, sagte Jonas Güldner, der im Landkreis Bamberg im Rettungsdienst arbeitet. In 180 Fällen wurden Rettungskräfte im vergangenen Jahr verbal oder körperlich angegangen, „die Dunkelziffer liegt deutlich höher“, sagte Stärk.

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