Messe Nürnberg "in der Champions League"

Von Christopher Michael

Die beiden Geschäftsführer der Messe Nürnberg, Roland Fleck und Peter Ott, äußern sich in unserem Interview zufrieden. In Franken ist die Gesellschaft im Aufwind – und in Indien kommen drei neue Messen hinzu.

 
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Herr Fleck, Herr Ottmann, von den Fenstern ihrer Büros aus haben sie den besten Überblick über das Messegelände. Sind Sie zufrieden mit dem Weg, den die Messe Nürnberg in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat?

Roland Fleck: Ja sehr, mit unserem Umsatz im Rekordjahr 2016 sind wir auf Platz zwölf der Messegesellschaften weltweit gesprungen. Unsere Wettbewerber sitzen mittlerweile in Shanghai, Paris und Barcelona – und wir spielen in der Champions League der internationalen Messegesellschaften. Wir wollen im laufenden Jahr an die Ergebnisse aus 2016 anknüpfen und einen Umsatz auf Höhe des Rekordjahres (Anm. d. Red.: 288 Millionen Euro) erwirtschaften ...

Peter Ottmann:  ... plus unser berühmtes x. Das hört sich zunächst einmal defensiv an. 2018 findet aber im Gegensatz zu 2016 etwa die Pulver- und Schüttgutmesse Powtech nicht statt. Dennoch: Die Messen im ersten Quartal waren alle sehr viel versprechend. Aktuell kommen zu Holz-Handwerk und Fensterbau Frontale an vier Tagen rund 111.000 Fachbesucher nach Nürnberg. Außerdem ist die Auslastung unserer Hallen exzellent. Unser Engagement im Ausland werden wir noch weiter stärken.  

 

Das vergangene Jahr war durch Pausen bei mehreren großen Messen gezeichnet, hat sich das stark auf ihr Geschäft ausgewirkt?

Ottmann: Offengestanden hatte ich erwartet, dass es uns tiefer tunkt. Es sieht aber alles danach aus, dass 2017 mindestens das zweitbeste, wenn nicht sogar das beste ungerade Jahr unserer Unternehmensgeschichte war. Was bereits feststeht, ist, dass im vergangenen Jahr alle Veranstaltungen gewachsen sind. Schaut  man sich allein die nähere Umgebung an: Wir haben Jahr für Jahr rund 400 Firmen aus Oberfranken, die hier auf den Messen ihre Produkte ausstellen.

 

Wieso zieht es Sie trotz ihrer guten Situation zu Hause aufs internationale Parkett?

Ottmann: Man muss da zwei Dinge unterscheiden: Auf der einen Seite haben die Messebesucher aus Deutschland den Vorteil, dass sich hier in Nürnberg im Durchschnitt alle 14 Tage der Weltmarkt einer Branche trifft. Bei unseren Eigenveranstaltungen kommen rund 60 Prozent aller Aussteller aus dem Ausland. Das ist für die Besucher aus Deutschland, Bayern und Franken natürlich wunderbar. Auf der anderen Seite gibt es aber auch bestimmte Märkte, in denen muss man als Messegesellschaft einfach präsent sein, um erfolgreich zu sein.

 

Welche sind das?

Ottmann: Derzeit sind das vor allem China, Indien, Brasilien und der Asean-Raum (Anm. d. Red. Verband südostasiatischer Nationen).

 

Wie sind ihre bisherigen Erfahrungen im Ausland?

Ottmann: Gerade an Indien und China kann man gute Vergleiche ziehen. Seit zehn Jahren sind wir in China tätig. Rückblickend betrachtet, muss man sagen, dass wir dort vielleicht etwas zu spät dran waren, uns zu engagieren. Wir hätten dort früher aktiv sein müssen.

Fleck: Wobei man dazu sagen muss, dass es damals nicht etwa eine  unternehmerische Entscheidung der Messe Nürnberg war, nicht nach China zu gehen. Wir waren schlicht nicht groß genug. Eine Messegesellschaft braucht zunächst zu Hause eine gewisse Größe, um sich im Ausland auszubreiten.

Ottmann: Wir waren jung und hatten hier am Standort zu tun.

Fleck: Vor 15 Jahren, als es vielleicht Thema gewesen wäre, nach China zu gehen, lag unser Umsatz gerade einmal bei knapp 100 Millionen Euro. Doch in der Zwischenzeit haben wir in China gut aufgeholt.

 

Und in Indien?

Ottmann: Da war es genau anders herum. Da sind wir vor fünf Jahren aktiv geworden und haben uns gefragt, ob wir nicht ein bisschen zu früh dran sind. Zum Vergleich: In China gibt es mittlerweile um die 100 etablierte Messestandorte. In Indien kenne ich lediglich drei. Im Rückblick hat sich der Zeitpunkt aber als der genau richtige herausgestellt. 2013 haben wir mit fünf Veranstaltungen gestartet, mit unseren jüngsten Zukäufen sind es 15. 

 

Zukäufe?

Fleck: Bereits im Herbst haben wir uns die Broadcast India ins Portfolio geholt, die Ausrüstungsmesse für die indische Film- und Fernsehindustrie, also quasi Bollywood. 

Ottmann: Und vor wenigen Tagen haben wir uns mit dem Kauf der drei führenden Holzbearbeitungsmessen Indiawood, Delhiwood und Mumbaiwood nochmals verstärkt und sind dadurch quasi über Nacht zum Marktführer aufgestiegen. Wir haben nun ein Produktportfolio in diesem Bereich, das zu den größten der Welt zählt.

 

Haben Sie auf den Auslandsmärkten stark mit Konkurrenz anderer Messegesellschaften zu kämpfen?

Fleck: Klar, andere Gesellschaften sind zum Teil schon viel länger als wir im Ausland unterwegs. Wir haben deshalb eine Strategie entwickelt und man kann sagen, dass unser Plan aufgegangen ist. Nehmen Sie das Beispiel Brasilien. Als wir 2009 dort eingestiegen sind, waren kaum deutsche Messegesellschaften aktiv oder hatten sich gerade erst zurückgezogen.

 

Was war Ihr Plan?

Fleck: Wir haben damals ein bestehendes Unternehmen gefunden, dass interessante Übereinstimmungen mit unserem Portfolio hier in Nürnberg hatte. Zwischendurch gab es zwar wegen der politischen und wirtschaftlichen Krisen in Brasilien auch mal einen Tiefpunkt. Wir blieben unserem fränkischen Naturell aber treu und beharrlich. Mittlerweile sind wir mit dem Südamerikageschäft sehr zufrieden, haben eine starke Auslandsgesellschaft dort und wollen weiter wachsen.

 

Wie verbinden Sie das Auslandsengagement mit ihren Plänen für den heimischen Standort?

Ottmann: Zum einen bieten wir dem deutschen Mittelstand mit unseren Auslandsmessen Möglichkeiten, in die Zukunftsmärkte vorzudringen. Dort können die Unternehmen für verhältnismäßig wenig Geld vor Ort aktiv sein.

Fleck: Zum anderen bringen wir die ausländischen Unternehmen, die auf Messen in China, Indien, Brasilien oder Thailand ausstellen oder diese dort besuchen nach Nürnberg. Unsere Veranstaltungen sind so angelegt, dass die Leitmessen weiterhin hier stattfinden. Wenn Unternehmen den kompletten Weltmarkt sehen möchten, kommen sie nach Franken. Und dort treffen sie auch auf die heimische Wirtschaft.

 

Was erwartet sie für die Zukunft des Messestandorts Nürnberg?

Ottmann: Wir hatten bereits in den vergangenen Jahren ein kontinuierliches Wachstum von um die fünf Prozent und werden das noch eine ganze Weile so fortführen können. Auch die Veranstaltungen wachsen kräftig. Im Vergleich zum deutschen Messedurchschnitt wächst die Messe Nürnberg rund vier- bis fünfmal schneller. Einige unserer Messen wie die Perimeter Protection oder Euroguss wachsen deutlich zweistellig. Die internationale IT-Sicherheitsmesse „it-sa“ legte sogar um 50 Prozent zu. Das geht nur, wenn man Messekonzepte auflegt, die in die Zeit passen, etwa die Interzoo für Heimtierbedarf oder die Embedded World für eingebette Systeme und Industrie 4.0. Die Messe Nürnberg hat ihre besten Zeiten auf jeden Fall noch vor sich.