Trend geht zum G 9 - Debatte im Landtag Mehr Lernzeit für Gymnasiasten

Von Jürgen Umlauft und Elmar Schatz
Gymnasium Christian-Ernestinum am 28.11.2012. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die allermeisten Schüler entscheiden sich für das neunjährige Gymnasium, doch im Landtag lehnte die CSU am Mittwoch die Dringlichkeitsanträge von SPD und Freien Wählern ab, die das gegenwärtige achtjährige Gymnasium (G 8) rasch kippen wollten. Was sagt Franz Eisentraut zu dem Thema, der Schulleiter des Gymnasiums Christian Ernestinum (GCE), der Bayreuther Pilotschule für die "Mittelstufe plus"?

 
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„Drei Viertel der Schülerinnen und Schüler machen das bei uns“, sagt Oberstudiendirektor Franz Eisentraut zum neunjährigen Gymnasium in der „Mittelstufe plus“.

Das GCE hat derzeit eine Regelklasse G 8, aber drei Klassen „Mittelstufe plus“, deren Schüler ein Jahr länger Zeit haben und in neun Jahren zum Abitur kommen.

„Die Flexibilisierung bewährt sich, es herrsche hohe Zufriedenheit, berichtet Eisentraut von einem Regionaltreffen der vierzehn Pilotgymnasien Oberfrankens und der Oberpfalz. Es gehe in die richtige Richtung. Es lohne sich, Schülern mehr Lernzeit zu geben – und mehr Zeit, reif zu werden.

GCE-Schulleiter Eisentraut: „Entschleunigung im besten Sinne“

Der Bayreuther Schulleiter spricht von „Entschleunigung im besten Sinne“. Eisentraut wünscht sich von der Politik den Mut zu einer Entscheidung, die flächendeckend eine Ausweitung der Lernzeit erlaubt, egal, ob dies dann am Ende G 8 plus oder G 9 heiße.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat am Mittwoch durchblicken lassen, die Entscheidung über die künftige Ausgestaltung des Gymnasiums spätestens im Frühjahr 2017 fällen zu wollen.

Doch Schulleiter Eisentraut mahnt: „So viel Zeit ist nicht, wie man denkt.“ Der zweijährige Pilotversuch läuft im nächsten Jahr aus und schon im Frühjahr vor dem Schuljahr 2017/18 müssten die Schulen wissen: Wie lange ist die dann Regel-Lernzeit? 70 bis 80 Prozent der Siebtklässler wählten wohl künftig die verlängerte Zeit.

Seehofer will nach der Pilotphase nahtlosen Übergang

Seehofer hat erklärt, Ziel sei, einen nahtlosen Übergang für die im Sommer 2017 auslaufende Pilotphase zu schaffen. Die Anmeldungen für das Schuljahr 2017/18 stünden im späten Frühjahr 2017 an. Bis dahin müsse für Schulen, Eltern und Schüler Klarheit herrschen. Wie diese aussehen könnte, ließ Seehofer offen.

„Da besteht jetzt kein Anlass, etwas hektisch und oberflächlich vorwegzunehmen“, sagte er. Bereits früher hatte er jedoch betont, dass man Entscheidungen nicht gänzlich am Elternwillen vorbei treffen könne.

Zum Thema G 9 sagt Eisentraut: „Der Bedarf ist da.“ Selbst viele sehr gute Schüler entschieden sich für die verlängerte Lernzeit. Eine Schülerin habe ihm gesagt: „Endlich kann ich auch unter der Woche wieder reiten gehen.“ Und so gehe es Schülern, die an der Konfirmationsfreiheit teilnehmen, ihren Sport ausüben oder in einem Ehrenamt arbeiten möchten.

Freie Wähler: Schüler und Eltern wollen G 9

Im Landtag erklärte Michael Piazolo (Freie Wähler), die hätten Eltern in Sachen G9 „mit den Füßen abgestimmt“. Der Modellversuch zur „Mittelstufe plus“ zeige eindeutig, dass die große Mehrheit der Eltern und Schüler ein neunjähriges Gymnasium befürworteten.

„Die Einführung eines flächendeckenden G 9 in ganz Bayern ist das Gebot der Stunde“, so Piazolo. Die Staatsregierung müsse nun umgehend ein Konzept zur Umsetzung des G 9 entwickeln, das das Gymnasium bereits ab der 5. Klasse entzerre und die Schüler vom Druck befreie.

SPD will Überholspuren für leistungsstarke Schüler

Martin Güll (SPD) bezeichnete das Wahlverhalten der Eltern als „Denkzettel“ für die Staatsregierung. Die Zukunft des Gymnasiums müsse deshalb grundsätzlich vom G 9 her gedacht werden, aber „Überholspuren“ für besonders leistungsstarke Schüler ermöglichen. Güll forderte, nicht bis zum Abschluss der Pilotphase mit Entscheidungen zu warten, sondern allen Gymnasien bereits zum nächsten Schuljahr den Einstieg ins G 9 zu ermöglichen.

Grüne warnen vor Schnellschüssen

Dagegen warnte Thomas Gehring (Grüne) vor Schnellschüssen. Es brauche eine pädagogische Reform für das gesamte Gymnasium, weshalb es vor Entscheidungen eines ausführlichen, wissenschaftlich begleiteten Diskurses bedürfe. „Einen zweiten Flop können wir uns nicht leisten“, sagte Gehring mit Blick auf das G 8.

Kultusminister Ludwig Spaenle sah keinen Grund für die von der Opposition ausgelöste Debatte. Diese sei „heiße Luft“, die Landtagsinitiativen „Schaufensteranträge“. Die Staatsregierung werde ihren Fahrplan mit der Pilotphase der „Mittelstufe plus“ konsequent weitergehen und ihre Entscheidung erst auf einer gesicherten Datengrundlage treffen.

Der CSU-Bildungspolitiker Gerhard Waschler ergänzte, man werde „ohne Hektik eine zukunftsgerichtete Entscheidung treffen“. Dabei werde der Pilotversuch „ergebnisoffen“ ausgewertet.

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