Islamischer Geistlicher freut sich über Zuwachs durch Flüchtlinge Mehr Leben in türkischer Gemeinde

Von Sonny Adam
Bünyamin Kayikci, der Prediger der türkischen Gemeinde in Kulmbach, freut sich über die vielen Flüchtlinge, die seine Moschee besuchen. Foto: Sonny Adam Foto: red

Durch die Flüchtlinge erlebt die türkische Gemeinde in Kulmbach einen ungeahnten Aufschwung. Zum Freitagsgebet kommen mehr als 200 Menschen – fast ein Drittel davon sind Flüchtlinge. Serkan Uzun, der Vorsitzende der Gemeinde und Bünyamin Kayikci, der Geistliche, sprechen über Integration und den bevorstehenden Ramadan.

 
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Der Freitag ist für Muslime der wichtigste Tag in der Woche. Denn an diesem Tag wird mittags in der Moschee das Freitagsgebet gesprochen, Pflicht für alle Männer und Jungen. Der Koran schreibt vor, die Arbeit ruhen zu lassen, wenn zum Gebet gerufen wird. „Ich bin selbstständig, ich kann das tun. Dafür arbeite ich oft am Samstag, manchmal auch am Sonntag“, sagt der Serkan Uzun. Er hat ein Malergeschäft in der Stadt, wo er auch geboren ist. „Aber ich bin sehr traditionell erzogen worden. Meine Frau ist aus der Türkei“, sagt Uzun.

Gerade wiedergewählt

Seit elf Jahren engagiert er sich bereits in seiner Gemeinde, jetzt ist er zum zweiten Mal zum Vorsitzenden gewählt worden. Für drei Jahre. Doch nach dieser Zeit ist Schluss, denn den neuen Vorschriften der türkischen Gemeinde gemäß darf ein Vorsitzender maximal zwei Mal in Folge gewählt werden. Dann muss er erst einmal pausieren.

In den letzten Monaten hat sich das Leben in der türkischen Gemeinde sehr gewandelt, wie Uzun sagt. Rund 800 türkischstämmige Menschen leben im Landkreis. „Durch die Flüchtlinge sind wir jetzt viel mehr geworden, es ist lebendiger in der Gemeinde geworden“, sagt Bünyamin Kayikci, der neue Chodscha.

Der Weise, der Lehrer

Chodscha ist das türkische Wort für Imam. „Chodscha ist einfach ein weiser Mann, ein Lehrer“, erklärt Kayikci. Er wird von der Türkei bezahlt und wird vier bis fünf Jahre in Kulmbach bleiben. Er ist unverheiratet und lebt allein. Deutsch kann er nicht. „Ich hatte schon einmal einen Auslandseinsatz – von 2001 bis 2005 war ich in Münster“, erzählt der Chodscha und lässt sein Worte durch Serkan Uzun übersetzen.

Imam geht gern shoppen

„Aber wenn man die Landessprache versteht, dann ist das Leben viel einfacher“, hat der Chodscha selbst schon gemerkt. Seine große Leidenschaft ist es, einkaufen zu gehen. Kleidung, Bücher – Kayikci geht einfach gern bummeln. Er ist ein strenger Verfechter der Religion. Und so sollen die Leute täglich in die Moschee kommen. Eigentlich schreibt der Koran vor, dass Gläubige fünfmal am Tag in der Moschee beten sollen. Und zwar Männer und Frauen getrennt. „Das ist eine der fünf Säulen des Koran. Aber ich sage immer, es gibt für jeden die passende Zeit, in die Moschee zu kommen“, so der Prediger. Aber er weiß natürlich auch, dass das Gebet mit der Arbeitszeit vereinbar sein muss.

Flüchtlinge schwänzen Unterricht

Anfangs gab es Irritationen, weil die Asylbewerber die Deutschkurse geschwänzt haben, um in die Moschee zu gehen. Und dass die türkische Gemeinde Flüchtlinge mit Kleidung versorgt oder ihnen Dinge des täglichen Gebrauchs gibt, war ein weiterer Anreiz. Inzwischen haben beide Seiten dazu gelernt.

Der neue Prediger hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur diejenigen zu stärken, die in die Moschee kommen. Er hilft auch denjenigen, die nicht in der Moschee beten. Er trifft Landsleute auch im Café. „Ich setze mich zu den Leuten, rede mit ihnen. Mein Ziel ist es, alle zu erreichen“, sagt der Geistliche. Auch bei den Asylbewerbern redet er oft mit Engelszungen. „Ich sage immer, dass es wichtig ist, sich zu integrieren. Es ist wichtig, Bildung zu erfahren, in der Schule voranzukommen. Denn nur die, die Bildung haben, können auch ihr Leben gestalten. Dazu möchte ich die jungen Leute motivieren.“

Der Ramadan steht kurz bevor

In wenigen Tagen beginnt für die Muslime die Fastenzeit. Der Ramadan dauert vom 6. Juni bis 5. Juli. In dieser Zeit dürfen Muslime von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken. Erst abends wird das Fasten gemeinsam gebrochen. „Wir erwarten in diesem Jahr über 200 Leute zum Fastenbrechen am Abend“, sagt Serkan Uzun. Ein gemeinsames Fastenbrechen mit Andersgläubigen in der Dr.-Stammberger-Halle – wie es im letzten Jahr stattgefunden hat – wird es in diesem Jahr allerdings nicht geben. Denn die Frauen mussten sehr viel Arbeit für die Vorbereitungen auf sich nehmen. „Sie fasten ja auch“, sagt der Vorsitzende.

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