Mehr Arbeit, schlimmstenfalls weniger Geld

Was bleibt vom extra erarbeiteten Euro? Dem Geringverdiener weniger als dem, der viel verdient. Foto: Andreas Gebert/dpa Foto: red

Mehr zu arbeiten kann für Geringverdiener - wenn's ums Geld geht - sinnlos sein. In unteren Einkommensgruppen kann das Zusammenwirken von Sozialabgaben, Transferleistungen und Einkommenssteuer dazu führen, dass von Lohnzuwächsen nichts im Portemonnaie ankommt. Das zeigt eine aktuelle Studie. Im schlimmsten Fall kann am Ende sogar weniger übrig bleiben als ohne den Mehrverdienst. Insgesamt werden untere Einkommensgruppen deutlich stärker belastet als Spitzenverdiener.

 
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Das zeigt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Die Studienautoren hatten für sechs Musterhaushalte - vom Alleinerziehenden mit einem Kind bis zum Doppelverdienerpaar ohne Kinder - untersucht, wie viel von einem zusätzlich verdienten Euro übrig bleibt, wenn man Beiträge zur Sozialversicherung, Einkommenssteuern und den möglichen Entzug von Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag berücksichtigt. Das Ergebnis: Untere Einkommensgruppen werden dadurch deutlich stärker belastet als Spitzenverdiener.

Im Extremfall 20 Cent minus bei einem Euro mehr Bruttoverdienst

Von einem hinzuverdienten Euro bleibt nach den Berechnungen der Stiftung bei einem Single-Haushalt mit einem jährlichen Haushaltsbruttoeinkommen von 17.000 Euro nichts übrig. Bei einem Einkommen von 75.000 Euro brutto würden dagegen 56 Cent je hinzuverdientem Euro in der Haushaltskasse verbleiben.

Der Grund: Bei Geringverdienern würde angesichts des Mehrverdienstes im gleichen Ausmaß das Arbeitslosengeld II gekürzt. «In einigen Fällen finden wir Grenzbelastungen von über 120 Prozent, der hinzuverdiente Euro sorgt damit für 20 Cent netto weniger in der Haushaltskasse», erklärte Manuela Barisic von der Bertelsmann-Stiftung.

Bertelsmann-Stiftung fordert Reformen

Aber auch bei etwas besser Verdienenden zeigt sich den Berechnungen zufolge ein ähnliches Bild. So bleiben einem Ehepaar mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener bei einem jährlichen Bruttoverdienst von 40.000 Euro von einem zusätzlich verdienten Euro 56 Cent übrig. Wer dagegen 90.000 Euro brutto verdient, kann 66 Cent behalten.

Die Studienautoren fordern deshalb Änderungen am Gesamtsystem aus Einkommenssteuer, Sozialabgaben und Transferleistungen. «Mehr Arbeit und Lohn müssen sich für die Krankenschwester genauso auszahlen wie für den Unternehmensberater», erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus. Mit Reformen müssten die Regelungen so aufeinander abgestimmt werden, dass sich mehr Erwerbsarbeit für jeden lohne.

dpa

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