Medi-Team kämpft BG Göttingen nieder

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Kaum aufzuhalten war Trey Lewis (Mitte) vor allem in der zweiten Halbzeit, in der er 16 Punkte sammelte. In dieser Szene zog der Topscorer an Mathis Mönninghoff (links) und Alex Ruoff (Nr. 7) vorbei. Foto: Peter Kolb Foto: red

Trainer Raoul Korner hatte nicht zu viel versprochen, als er seiner Mannschaft von Medi Bayreuth im Bundesligaspiel gegen die BG Göttingen einen intensiven Kampf prophezeite. Der Tabellendritte musste den unbequemen Zehnten am Freitagabend vor 3119 Zuschauern in der Oberfrankenhalle buchstäblich niederkämpfen, aber er schaffte das letztlich auch mit 84:76 (45:39) und stellte damit vorzeitig erstmals seit dem Aufstieg im Jahr 2010 die Qualifikation für den Wettbewerb um den BBL-Pokal sicher.

 
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Entscheidend war in dem wechselhaften Spielverlauf, dass die Bayreuther in jedem Viertel die etwas bessere Antwort auf die Herausforderungen des hartnäckigen Gegners fanden. Nach dem Fehlstart mit 0:6 und 2:8 mussten sie zunächst im gesamten ersten Viertel einem Rückstand nachlaufen. Korner war über die anfängliche Fehlerquote seines Teams auf beiden Seiten des Feldes so verärgert, dass er beim Stand von 7:13 (5.) vier Spieler seiner Startformation gleichzeitig auswechselte (bis auf Trey Lewis) und noch am Spielfeldrand wie bei einer Auszeit ins Gebet nahm. Die Bankspieler verkürzten zwar gleich durch einen Dreier von Bastian Doreth auf 10:13 und gewannen durch Assem Marei die Oberhand unter den Körben, doch erst der Endstand nach den ersten zehn Minuten markierte die erste Führung (21:20).

Sieben Anderson-Punkte in einer Minute

Nach fünf Minuten des zweiten Abschnitts führten wieder die Gäste (27:29), ehe Kyan Anderson sieben Punkte innerhalb einer Minute zum 34:31 erzielte. Um sich in dem zähen Ringen zweier engagierter Abwehrreihen etwas nachhaltiger abzusetzen, waren aber nach dem 36:36 erst einige spektakuläre Aktionen in den letzten 75 Sekunden vor der Halbzeitpause nötig: Lewis erzwang mit kunstvollem Abschluss ein Dreipunktespiel zum 39:36, De’Mon Brooks verwandelte einen Distanzwurf, der erst nach der Videokontrolle der Schiedsrichter als Dreier zum 42:38 gewertet wurde, und bei einer Restspielzeit von 2,5 Sekunden krönte Anderson seine glänzende Phase mit zehn Punkten innerhalb von fünf Minuten durch ein Dreipunktespiel zum 45:39, das auch noch das dritte Foul des Göttinger Centers Scott Eatherton mit sich brachte.

Lewis und Marei immer auffälliger

Auch nach dem Seitenwechsel starteten die Gäste erneut besser. Beim 51:51 hatten sie wieder ausgeglichen, und nach einem Dreier von Darius Carter hatten sie sogar wieder mit 54:53 die Nase vorn. Diesmal war es Lewis, der die Bayreuther Antwort gab und innerhalb von fünf Minuten zehn Punkte sammelte. Unterstützt von Marei, der unter beiden Körben dominierte, war er damit die Leitfigur in einem 12:0-Lauf der Bayreuther, der zwölf Sekunden vor Ende des dritten Viertels beim 67:56 zum einzigen zweistelligen Abstand im ganzen Spiel führte.

Doch selbst davon ließen sich die kampfstarken Göttinger noch längst nicht abschütteln. Im letzten Viertel hatten sie nach nur zwei Minuten wieder auf 67:69 verkürzt, und nach genau vier Minuten brachte sie ein Dreier von Benas Veikalas nochmals mit 72:71 in Führung. Da die Bayreuther in dieser Phase den Spielfluss zu verlieren drohten und wiederholt nur zu einem notdürftigen Abschluss kamen, schien sogar eine nachhaltige Wende möglich. Das verhinderten die Gastgeber letztlich vor allem mit kämpferischen Mitteln, wobei sich mehr und mehr Marei in der Defensive hervor tat. Für die noch nötigen Punkte genügte es am Ende, die Freiwurfquote verlässlich hoch zu halten.

Einzelkritik (von Florian Kirchner)

KYAN ANDERSON (16 Punkte / 21:16 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -3): Der Spielmacher war diesmal ausgesprochen korbhungrig und mit 14 Punkten beste Bayreuther Offensivoption vor dem Seitenwechsel; am Ende eine gute Leistung mit 5/9 Würfen, 5/5 Freiwürfen und vier Assists.

NATE LINHART (4 / 21:02 / -5): Der Routinier hatte große Probleme in der Verteidigung gegen Göttingens vielseitigen und treffsicheren Topscorer Alex Ruoff (20 Punkte); blieb selbst offensiv unauffällig (2/4 Würfe).

Bastian Doreth (7 / 23:24 / 14): Der Kapitän trat ungewohnt frühzeitig als Scorer in Erscheinung, weil bei seinen Nebenleuten anfangs die Würfe nicht fallen wollten; etwas Pech bei einigen Versuchen (2/5), aber insgesamt gute Leistung mit vier Assists und starker Plus-Minus-Bilanz.

ANDREAS SEIFERTH (2 / 10:06 / -14): Der 2,09-Metermann zog sich schnell den Unmut von Coach Raoul Korner zu, weil er das defensive Brett schlecht bewachte und den Veilchen damit einfache Offensivrebounds gestattete; auch offensiv ohne Wirkung (1/4 Würfe), magere zwei Rebounds.

TREY LEWIS (22 / 34:36 / 9): Der von Trainer Korner für das Allstar-Spiel nominierte US-Guard war gewohnt eifrig, spielfreudig und suchte die Verantwortung. Besonders sehenswert: Sein Dreier aus vollem Lauf zum 65:56 und das darauf folgende Anspiel auf Assem Marei zur ersten zweistelligen Führung (67:56/30.) sowie seine Rolle als „Sonderbewacher“ von Alex Ruoff in der entscheidenden Phase; Matchwinner mit 16 Punkten in der zweiten Halbzeit mit 5/8 Würfen nach 2/6 in der ersten Hälfte. Steve Wachalski (3 / 23:38 / 7): Gleich der erste Dreier saß und brachte die Bayreuther nach ihrem Fehlstart wieder auf 19:20 (10.) heran; danach aber vom Wurfglück verlassen und sichtlich verunsichert, was sich auf seine Teamkollegen übertrug.

Robin Amaize (5 / 19:42 / 9): Der Topscorer aus dem München-Spiel zeigte sich ungemein selbstbewusst und emsig, verhedderte sich zuweilen aber auch in aussichtslose Einzelaktionen; dennoch ein guter Gesamteindruck mit 1/4 Würfen, 3/4 Freiwürfen, zwei Rebounds und drei Assists.

DE’MON BROOKS (5 / 16:22 / 1): Der Power Forward war nach dem schwachen Spiel in München erneut weit von seiner Bestform entfernt. Schlechte Wurfauswahl und zahlreiche Konzentrationsfehler führten zu einer unterdurchschnittlichen Einsatzzeit. 1/4 Würfe, drei Rebounds, drei Ballverluste.

Marius Adler: Nicht eingesetzt.

Assem Marei (20 / 29:54 / 22): Der Ägypter war einmal mehr vorne wie hinten der Turm in der Schlacht und nutzte seine physischen Vorteile gegen den Göttinger Frontcourt zu 8/12 Würfen, sieben Rebounds und drei Ballgewinnen. Höhepunkt: Sein einarmiger Dunking nach Fastbreak zum 82:76.

Statistik

Medi Bayreuth: Feldwurfquote: 28/60 (47 Prozent), davon 7/21 Dreier (33 Prozent): Lewis (3/7), Wachalski (1/2, Brooks (1/2), Anderson (1/3), Doreth (1/4); Freiwürfe: 21/23 (91 Prozent); Rebounds: 20 defensiv, 11 offensiv (Marei 2/5); Ballgewinne: 8 (Marei 3); Ballverluste: 12 (Brooks 3); Assists: 16 (Anderson 4, Doreth 4); Effektivität: 94 (Marei 25, Lewis 19, Anderson 18, Doreth 10).

BG Göttingen: Williams (2 Punkte / 14:04 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -23), Veikalas (13 / 21:39 / -21), RUOFF (20 / 34:32 / -2), Spohr (0 / 5:01 / -12), Menzel, CARTER (13 / 24:01 / 3), Schwarz, MÖNNINGHOFF (2 / 23:22 / 7), Waleskowski (8 / 26:59 / 5), SANDERS (10 / 26:34 / 13), EATHERTON (8 / 23:41 / -10), Grüttner; Feldwurfquote: 28/58 (48 Prozent), davon 7/23 Dreier (30 Prozent): Veikalas (3/8), Ruoff (2/7). Sanders (1/1), Carter (1/2); Freiwürfe: 13/14 (93 Prozent); Rebounds: 22 defensiv, 11 offensiv (Sanders 4/2); Ballgewinne: 6 (Ruoff 3); Ballverluste: 18 (Veikalas 4); Assists: 18 (Waleskowski 7); Effektivität: 85 (Ruoff 23, Carter 12, Sanders 12, Waleskowski 10).

SR: Madinger, Bittner, Gutting; Zuschauer: 3119.

Stationen: 2:8 (3.), 14:18 (8.), 21:20 (1. Viertel), 25:22 (13.), 25:27 (14.), 32:29 (16.), 36:36 (19.), 45:39 (Halbzeit), 45:43 (21.), 53:54 (26.), 55:56 (27.), 67:56 (3. Viertel), 69:67 (32.), 71:72 (35.), 78:72 (40.), 84:76 (Ende).

Trainerstimmen

Johan Roijakkers (Göttingen): „Ich gratuliere Coach Korner und seiner Mannschaft. Ich denke, wir haben heute ein sehr intensives Spiel von beiden Mannschaften gesehen. Das war eine Playoff-Intensität! Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft, wie sie heute gespielt hat. Wenn man so lange mitspielen kann, darf man als Coach von Göttingen sehr zufrieden sein.“

Raoul Korner (Bayreuth): „Zunächst einmal geht auch ein Glückwunsch an die Göttinger: Sie haben uns das Leben wie erwartet schwer gemacht. Wir sind im Moment mit einer Situation konfrontiert, die es mit sich bringt, wenn man viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommt, weil man als Überraschungsteam der Liga gilt. Dann ist es das Phänomen, dass die Leichtigkeit ein wenig schwindet und dass andere Teams extra motiviert in das Spiel geht. Jeder entwickelt den extra Ehrgeiz, genau diese Mannschaft zu schlagen.

Wir machen im Moment keinen großartigen Job, um mit dieser Situation umzugehen, aber wir kannten diese Situation auch noch nicht. Es ist ein Prozess. Ich möchte keinesfalls die Göttinger Leistung schmälern, sie haben eine ausgezeichnete Partie gemacht. Aber man merkt, dass bei uns die Selbstverständlichkeit ein bisschen weg ist, dass der eine oder andere Spieler etwas schneller frustriert ist als noch vor ein paar Wochen. Das ist für uns eine extrem interessante und spannende Situation. Wir freuen uns darauf, auch diese als Team zu lösen. Göttingen wird ein harter Konkurrent im Kampf um die Playoffs werden und wir schauen, dass wir uns wieder Schritt für Schritt der Form annähern, die wir schon vor ein paar Wochen gezeigt haben."

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