Maggi fürs neue Wildschwein

Von Ulrike Sommerer
Sieben Monate lebte Marion Damm mit Wildschwein Willi zusammen. Sie zog den Frischling auf. Seit Samstag wohnt er im Wildpark Mehlmeisel. Foto: red Foto: red

Vor diesem Moment hat sich Marion Damm die vergangenen Tage gefürchtet: Dass Willi sie verlässt. Aber es geht nicht anders. Willi ist zu groß geworden. Willi wühlt zu stark im Garten. Und Willi folgt ihr ja auch auf Schritt und Tritt. Deshalb muss Willi gehen. Seit Samstag wohnt Willi nun nicht mehr auf dem Hof von Marion Damm in Ebensfeld. Seit Samstag wohnt er im Wildpark Mehlmeisel. Unter Wildschweinen seinesgleichen.

 
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Als Willi, damals noch namenlos, im vergangenem Jahr von einem Spaziergänger am Straßenrand im Landkreis Lichtenfels gefunden worden war, stand es schlecht um ihn. Die Nabelschnur hing noch am Bauch, er war unterkühlt und unterzuckert. Seine Mutter war nicht zu sehen. "Vielleicht war sie geschossen worden", mutmaßt Marion Damm. Ein Jagdpächter nahm den Frischling auf und rief Marion Damm an. Die immer angerufen wird, wenn es irgendwo ein Tier aufzupäppeln gilt. Sie muss lachen, als sie das erzählt. Dohlen, Igel, Katzen und Hunde hatte die Vorsitzende des örtlichen Landesbunds für Vogelschutz schon in Pflege. Und nun eben Willi.

Badezimmer als Kinderstube

Willi war winzig. "Nicht größer als eine halbe Katze", sagt Marion Damm. Sie brachte Willi im Badezimmer unter, machte Wärmflaschen für ihn, stand mitten in der Nacht auf, um ihn mit einem Fläschchen zu füttern. Willi wuchs und gedieh. Willi zog vom Badezimmer in den ehemaligen Kuhstall des Anwesens, das die 48-Jährige mit ihrem 16-jährigen Sohn bewohnt. Ein paar Mal pro Tag muss Willi raus. Anfangs kaufte Marion Damm ein Brustgeschirr samt Leine, um mit Willi, wie mit einem Hund, spazieren zu gehen. Als Willi wuchs und wuchs und sein Hals zu dick für die Leine wurde, musste er mit dem Garten vorlieb nehmen. Dort wühlt er nun, hat sich eine Schlammkuhle geschaffen. Wenn Marion Damm ins Haus geht, geht auch er in den Stall und ruht sich auf einem Strohbett aus. Willi spielt auch gerne. Mit Papiertüten, die er zerfetzt, oder mit einem Ball, den er hin und her spielt. Und Willi geht zur Arbeit. Marion Damm arbeitet in einem Pflegeheim, in das sie Willi ab und zu mit nimmt, sehr zur Freude der Bewohner.

Ein falsches Selbstbild

Doch jetzt kam der Tag, an dem es nicht mehr ging. Willi braucht ein größeres Gehege und vor allem braucht er Artgenossen, fand Marion Damm. "Er kennt ja gar keine anderen Wildschweine. Er hat ja nie andere Lebewesen gesehen, als uns. Er denkt bestimmt, dass er so aussieht wie wir."

Auf der Suche nach einem neuen Quartier für Willi kam der Kontakt mit dem Wildpark Mehlmeisel zustande. In diesen zog Willi nun um. Mit Äpfeln und Maggi wurde er dort willkommen geheißen. Äpfel, weil er die so gerne isst. Und Maggi, weil Wildschweine nun einmal nach Maggi riechen. Damit der Geruch von menschlicher Zivilisation seine Wildschweinkollegen nicht abschrecke, wurde Willi mit einem halben Liter Maggi eingerieben, erklärt der Leiter des Wildparks, Eckard Mickisch. "Jetzt riecht er, wie eine Sau riechen soll."

Ein schwerer Abschied - für einen der Beteiligten

Willi fühlte sich in Mehlmeisel gleich wohl - nach einem ersten Schreck vor seinen Artgenossen. Doch bald scheuerte er sich an den Bäumen, suhlte sich in einer großen Pfütze,  und zog mit seinen neu gefundenen Freunden davon. Für Marion Damm war es ein schwerer Abschied. "Ich musste echt oft an ihn denken." Trotz allem Abschiedsschmerz: "Für Willi ist es besser da oben in Mehlmeisel." Und Mehlmeisel ist ja nicht aus der Welt, Marion Damm wird Willi sicher öfter besuchen.

In unserem Video sehen Sie, wie im Wildpark Tiere von Hand aufgezogen werden.

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