Aktion „Teller statt Tonne“: Renate Steinhagen und der Unterstützerkreis helfen in einem großen Zelt Lebensmittel für die Flüchtlinge

Von Thomas Knauber
Renate Steinhagen (rechts) beim Verteilen. Sie möchte mit der Pegnitzer Aktion "Teller statt Tonnen" bewusst machen, wie viele Lebensmittel weggeworfen werden: In Deutschland elf Millionen Tonnen pro Jahr. ⋌Foto: Thomas Knauber Foto: red

Die „Tafel“ hatte Weihnachtspause. Diese Zeit nützte Renate Steinhagen vom Unterstützerkreis, um zumindest die Flüchtlinge weiter zu versorgen. Sie fuhr die Supermärkte und Bäckereien an, baute deren Gaben jeden Tag in einem Großzelt auf und ließ jeden zum Auswählen herein, der vorher 1,50 Euro bezahlt hatte.  Am zehnten Tag dieser Aktion „Teller statt Tonne“, herrschte noch einmal großer Ansturm.

 
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Es ist wie auf einem orientalischen Basar, wo gedrängt, gehandelt und nach dem besten Schnäppchen gesucht wird. Viele Menschen aus Syrien und Afghanistan drängen sich um die Pappkartons mit Gemüse, Käse und Obst. Mütter, Väter, Kinder und Opas können sich bedienen.

Renate Steinhagen lenkt mit englischen Worten, mit einem warnenden „Schweinefleisch!“ und mit einem zuversichtlichen „chicken!“. Sie hat sogar ein Foto von einem Putenhof dabei, um das Putenfleisch zu erklären. Schnell wird auch ein Senfglas geöffnet, zum Probieren.

Milchreis kennt niemand

„Was gut läuft“, sagt Steinhagen, „sind Kartoffeln, Salat, Paprika, Äpfel, Orangen und Bananen.“ Weniger begehrt ist Yoghurt. Milchreis kennt niemand.

Irgendwann will Steinhagen im Flüchtlingsheim zeigen, wie man Rosenkohl zubereitet oder eine „Stulle schmiert, mit Belag“ — damit auch diese Lebensmittel unter die Leute kommen. „Dann können sie kosten.“

Die aktive Frau selbst ist bei der Slow-Food-Bewegung, die nebenher Infos über Foodsharing verteilt, über öffentliche Gib-und-Nimm-Kühlschränke in großen Städten oder über die Aktion „Teller statt Tonne“. „Ich hab gedacht, dass ich das hier auch mal durchziehe“, sagt sie.

"Jetzt ist wieder Ruhe"

Schafft sie das noch locker im Alter von 67 Jahren, nach einer Krankheit, nach den Wochen in der Kur? Renate Steinhagen winkt ab: „Jetzt ist ja erst mal wieder Ruhe, dann kann ich mich auf meinen Lorbeeren ausruhen. Es bekommt mir gut, wenn ich was machen kann. Das möbelt mich auf. Ich bin nämlich der Typ, der sonst Depressionen kriegt – weil ich das ganze Leben gearbeitet habe.“

Gleich drauf klopft es an der Zelttür: Eine Pegnitzer Familie bringt gebrauchte Teppiche. Auch alte Kühlschränke stehen auf der Abholliste. Aber weil kürzlich das Auto von Renate Steinhagen mit einem Schaden an der Lichtmaschine mitten im Veldensteiner Forst stehen blieb, verzögert sich alles. Sie muss darum bitten, dass sich manche Spender noch einmal bei ihr melden.

Die Teppiche sind begehrt. Zum Beispiel springt sofort ein Mädchen herbei und radebrecht, ob sie nicht die gerade eingetroffenen Nepal-Brücken haben könnte. „Sie ist immer vorn dabei“, lacht Steinhagen, „ihr Vater schickt sie los. Diese Familie wird mal zu was kommen.“

Teppiche sind begehrt

Inzwischen gibt es schon einen Stapel von Teppichen im Hof. Am Freitag werden sie gerecht verteilt. Erst kommen die Familien dran, dann die Bedürftigen, dann die anderen.

Das Abholen dieser Teppiche und auch der Kühlschränke muss Renate Steinhagen vorübergehend mit einem geliehenen Transporter erledigen. „Da gehn in einem Rutsch alle Kühlschränke rein. Obi spendiert das Auto, das ist ganz freundlich.“

Als Helfer hat Steinhagen immer Männer aus der Unterkunft. „Ich brauch nur zu rufen, dann machen sie es schon. Damit entgehen sie ja der Langeweile.“ Die Flüchtlinge haben aber inzwischen feste Deutschkurse, jeden Tag. Wer nicht daran teilnimmt, bekommt kein Geld. „Das finde ich sehr gut“, sagt Steinhagen.

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