Kurze Filme, großes Kino

Von Susanne Will
Thema Pubertät, Alienation Foto: red

Michael Kolb ist ein wenig blass um die Nase. „Das ist Heiko Popp aber auch!“, beeilt er sich zu sagen. Und nicht nur die Vorsitzenden des Filmfestes, auch alle anderen, die in den letzten Wochen damit beschäftigt waren, hunderte Kurzfilmen zu sichten, zu bewerten und auszuwählen, um zum 17. Mal vom 26. bis 28. Februar ein kurzweiliges, interessantes, nachdenklich machendes und anregendes Programm für das „Kontrast Filmfest“ zusammenzustellen. Aus 350 Einsendungen hat das Team drei Abende und einen Tag für Cineasten zusammengestellt. 44 blieben übrig. Das Sonderthema 2016: „Trip“.

 
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Es geht um Bewegung also, körperlicher oder seelischer Art, gerne auch in Bilder gebrachte Drogentrips wie bei „Abnormal Behavior“, einem russischen Beitrag, der mit 26 Minuten hart an die Grenze zum Langfilm schrammt (siehe unten). Unter den 350 Einsendungen fanden sich viele, die zu lang für Kurzfilme waren aber dennoch so sehenswert, dass die Macher einige dieser Filme am Dienstag, 23. Februar, in der Sübkültür zeigen, vier Filme laufen also „extra“.

Vom Schüler bis zum Profi

Die Filmemacher sind Amateure und Profis, Schüler und Familienväter. Und einige setzten das Sonderthema um, wie der Film „Tarek Chalabi“ Sechs Minuten und 40 Sekunden lang nimmt der 18-jährige syrische Flüchtling Tarek die Zuschauer mit auf seine Flucht nach Deutschland, erzählt in einem piktogrammartigen Zeichentrickfilm – hervorragend gemacht von Schülern.

Michael Kolb (41), im normalen Leben zuständig für Design und Programmierung für die Firma TMT, ist seit dem ersten Filmfest dabei. Für ihn muss der Kurzfilm so sein: „Er soll überraschen, originell sein und kreativ. Wobei der qualitative Aspekt nicht so im Vordergrund steht.“ Daran haben sich einige der Filmemacher allerdings nicht gehalten: Gerade die Qualität der gezeigten Filme überrascht.

Drei Preise zu gewinnen

Um drei Preise treten die Filmemacher an, die an diesem Wochenende vergeben werden: von der Sparkasse, von TMT, und auch unter den Kinderfilmen, die am Sonntag gezeigt werden, wird der beste gekürt (per Applausometer). In der Sübkültür gibt es für den besten Lang-Kurzfilm den „Gülden Glöbe“.

1500 Besucher ließen sich im vergangenen Jahr mitreißen, auch heuer kommen wieder Besucher aus dem Ausland, von Mexiko über den Irak bis nach Portugal und Polen. „Die Tendenz: Der Osten holt stark auf. Und: Die Beiträge werden politischer.“ Die Kurzfilme spiegelten die Welt, wie die Filmemacher sie sehen. „Und wenn es immer mehr Konflikte weltweit gibt, dann müssen wir aufpassen, dass unser Festival nicht zu düster wird“, erzählt Kolb. Und doch wird die düstere Welt nicht weggeschlossen. Wie in „Persisting Days“: In der Totalen spricht großformatig Fischer Toni von Lampedusa. Ein einfacher Mann, der mit einfachen Worten erzählt, wie er und seine Kollegen Flüchtlinge gerettet haben. Mit wettergegerbtem Gesichter, hellwachen blauen Augen und großer Intensität berichtet er unaufgeregt, zieht ab und an an seiner Selbstgedrehten – unterbrochen von fast träumerisch anmutenden Trickfilmen, die das Grauen auf dem Meer erträglich machen. Ein weiteres Tagesthema, das es auf die Set-List geschafft hat: die Demokratie. Zwei Filme dazu kommen aus der Türkei („One Million Steps“).

Zahnspange und Liebeskummer

Und, ja, es wird auch außerordentlich unterhaltsam, auch bei Themen, die die Betroffenen an den Rand des Wahnsinns treiben. Wie die Pubertät beispielsweise in "Alienation". Zahnspangen, Mütter, Liebeskummer – das ist auch beim Kurzfilmfestival ganz großes Kino.

Sören (from AlieNation) from Stefan Schomerus on Vimeo.

 

Das Programm gibt es unter www.kontrast-filmfest.de.

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