Ausstellung von Kerstin Kassel und Stefan Atzl im Freimaurer-Museum Das Geheimnis der Loge

Von Michael Weiser

Geheimnisvolle Angelegenheit, diese Freimaurerei. Und ein Zentrum dieser Geheimgesellschaft befindet sich in Bayreuth. Dort, im Deutschen Freimaurer-Museum, wurde jetzt eine Ausstellung eröffnet: Kerstin Kassel und Stefan Atzl spielen in ihren Arbeiten mit den Symbolen der Freimaurer.

 
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Es ist so eine Sache mit Aufträgen oder Einladungen von Institutionen. Einerseits ist da die Freiheit der Kunst; man könnte daher versucht sein, jede erkennbare Anspielung auf den Gönner zu vermeiden. Andererseits: Wenn man da überhaupt keinen Bezug feststellen kann, wo bleibt dann die Relevanz der Kunst? Zwischen Beliebigkeit und Abhängigkeit gilt es einen Weg zu finden.

Kerstin Kassel aus Oberrüsselbach und Stefan Atzl aus Nürnberg haben ihre Einladung vom Deutschen Freimaurer-Museum in Bayreuth erhalten. Und versucht, sich platter Anspielungen zu enthalten und des Themas auf mehreren Ebenen anzunehmen, mit spielerischen Elementen ebenso wie mit Symbolen, mit biografischen ebenso wie mit mythischen Bezügen, auch etwas maurerische Zahlenmystik versteckt sich in der Ausstellung „Bau-Pläne“. Ein Titel, der wiederum das große Projekt der Freimaurer abbildet: den Plan für eine aufgeklärte, vernünftige und „bessere“ Welt zu entwerfen (was gehörige Bauarbeiten an sich selbst zur Folge hat). Fast im Vorbeigehen, man weiß nicht recht, ob das reine Absicht ist, kommen die beiden Künstler dem Widersprüchlichen der Freimaurerei nahe.

Blick in die Bauhütte

Zunächst zieht ein hölzerner Kasten die Blicke auf sich. Ein Objekt von der Größe einer Hundehütte, das die beiden Künstler „Bauhütte“ nennen. Aus gebrauchtem Holz von Türen und Paletten haben die beiden diese Installation geschaffen, wichtig waren die Gebrauchsspuren: ein Objekt in praktischer Anwendung.

Mit dem „Begriff“ Bauhütte weisen Kassel und Atzl direkt auf die Ursprünge der Freimaurerei hin, ihre Wurzeln in der elitären Bruderschaft der mittelalterlichen Steinmetze hatte, der Experten also, die über das Wissen verfügten, Kathedralen zu bauen. Mit ihren „Bauhütten“ zogen sie dorthin, wo es große Aufträge gab. Die Steinmetze klopften nicht nur Stein zurecht, sie waren als Architekten und Ingenieure europaweit begehrte Fachleute – wegen ihres Wissens, das sie nicht mit Außenstehenden teilten. In die „Bauhütte“ der beiden Künstler hingegen kann man sogar hineinblicken, allerdings ohne unmittelbaren Erkenntnisgewinn: In blauem Licht schimmert da Papier. Baupläne, vermutlich, oder irgendwelche geheimen Unterlagen, so genau kann man das nicht sehen.

Einigermaßen verrätselt stellen sich die Grafiken des Gespanns dar. Auf großformatigen Ausdrucken sind diese Grafiken entstanden, es sind Kopien von – man ahnt es sogleich – Bauplänen. Nämlich denen für den Tempel der Freimaurerloge Minerva in Leipzig. Diese unterlegten Grundrisse und Entwürfe belegen den Bezug zur Freimaurerei – was bei Stefan Atzls Zeichnungen von Joseph Haydn und Leopold von Sacher-Masoch durch die Biografien der Dargestellten naheliegt. Seinen Papa Haydn stellt Atzl („Haydn war kein guter Tänzer“) in ungewohnter Umgebung und teilentblößt dar: Nur mit einem Krawattentuch und der gepuderten Perücke bekleidet, wird der Komponist von zwei üppigen Damen zum Tanzparkett geleitet. Oder vielmehr abgeführt: So hölzern und verkniffen, wie Haydn da herumstelzt, scheint er ganz den Widerspruch von Eros und Intellekt zu verkörpern. Einen Zirkel sieht man auch auf diesem Blatt, ein Symbol, das für das All, den Kreislauf aller Dinge und natürlich auch die Gemeinschaft steht: Ein Zirkel ist schließlich auch im nichtmaurerischen Sprachgebrauch ein exklusiver Kreis.

Venus im Gras

Mythologischen Gestalten hat sich Kerstin Kassel angenähert. Der Venus etwa, die bei ihr gleich viermal auftaucht. Einmal als Zitat der Schaumgeborenen von Sandro Boticelli, ein anderes Mal an Edouard Manet und sein „Frühstück im Gras“ angelehnt. Die Venus sieht sie als Symbol der Liebe im Programm der Freimaurer. Worüber die bei ihrem Lobpreis der hehren Bruder- und Menschenliebe doch erstaunt sein dürften. Weswegen sie Rosen über die Manet-ähnliche Venus gemalt hat. Schließlich steht oder stand „sub rosa“ mal für „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“. Die Grundrisse der Baupläne tauchen in den Arbeiten der beiden Künstler als grafisches Element wie auch als Symbol auf. Was man vermischen, wenn nicht gar durcheinanderbringen kann. Bei „Herkules – Löwe und die Stärke im Lebensplan“ etwa: Gedacht ist das Gitter des Grundrisses als Symbol für das wohlgegründete planvolle Leben. Wahrgenommen werden kann es allerdings auch als Gitter eines Käfigs.

Die Arbeiten sind manchmal plakativ, meist verrätselt, oft widersprüchlich und damit vielerlei Deutungsversuchen zugänglich. Damit stehen sie auch für die Rolle ihrer Gastgeber. Die „Bau-Pläne“ darf man somit auch als Einladung betrachten, sich auch mal wieder das großartige Freimaurer-Museum anzusehen und sich darüber zu informieren, welch wichtigen Einfluss die Loge Eleusis zur Verschwiegenheit auf die Geschichte der Stadt Bayreuth hatte.

INFO: Das Freimaurer-Museum hat von Dienstag bis Freitag jeweils von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr geöffnet und am Samstag von 10 bis 12 Uhr. Dazu Besuche nach Vereinbarung.

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