Chance auf ein besseres Leben Kulmbach: Asylbewerber erhält Lehrstelle

Von Sonny Adam
Sieht wieder Licht am Horizont: Nasratullah Popalzai absolviert jetzt eine Ausbildung bei einer Baufirma. Foto: Adam Foto: red

Im Januar des vergangenen Jahres wollte der afghanische Asylbewerber Nasratullah Popalzai vom Schlot der alten Spinnerei springen, weil er Angst davor hatte, abgeschoben zu werden. Seine Verzweiflung ist mittlerweile verflogen. Denn für den Asylbewerber hat ein neues Leben begonnen: Er erhielt eine Lehrstelle.

 
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Mit gelbem Baustellenhelm steht Nasratullah Popalzai seinen Mann auf der Baustelle in der Hollergasse. Bei Wind und Wetter. Selbst Graupelschauer, die bei seinen Kollegen manchmal für Schimpftiraden sorgen, lassen ihn unberührt. Nasratullah Popalzai macht seine Arbeit gerne, er packt mit an und fühlt sich gut dabei. Er arbeitet auf der Baustelle in der Hollergasse, hilft mit, dass auf dem Gelände der ehemaligen Genossenschaftswohnungen zwei neue Wohnanlagen mit je acht Wohneinheiten entstehen können. 3,5 Millionen Euro werden hier investiert. Eine Summe, die für Nasratullah Popalzai unvorstellbar groß ist. Eine Summe, die ihn aber auch stolz macht, weil er dabei sein darf, das Riesenprojekt für Kulmbach zu verwirklichen.

Wenn Jörg Eberlein von der Premium-Bauträgergesellschaft und vom Generalunternehmer Otto Mühlherr ihn ruft, sputet sich Nasratullah Popalzai. Er lässt sich die Pläne erklären. Nach der Verzweiflungstat des heute 24-Jährigen war es Eberlein, der dem Mann aus Afghanistan eine Perspektive bot. Erst als Hilfsarbeiter angestellt absolviert Nasratullah Popalzai inzwischen eine echte Ausbildung. „Als Baufirma findet man einfach keinen Nachwuchs. Es ist schwierig, Azubis zu kriegen. Und wir sind wirklich zufrieden mit diesem Azubi, denn er ist engagiert, er möchte arbeiten, er möchte sich hier eine Zukunft aufbauen“, sagt Eberlein. Aktuell bemüht sich die Firma Mühlherr, weitere sprachliche Verbesserungen gemeinsam mit der IHK für ihren Azubi zu erwirken. Denn die Schulbesuche fallen dem 24-Jährigen nicht leicht, vor allem das Schreiben und das schriftliche Verständnis sind schwer für ihn. Und auch bei der Suche nach einer Wohnung unterstützt ihn das Unternehmen. Denn aktuell wohnt Nasratullah Popalzai noch immer im Asylbewerberheim in Kulmbach, teilt sich ein Zimmer mit einem anderen Bewerber. Und da er auch verdient, zahlt der 24-Jährige sogar Miete.

Egal, was der Vorarbeiter von ihm verlangt – Nasratullah Popalzai gibt sein Bestes. Der Afghane kann heute wieder lachen und sagt selbst, dass es gut war, dass er damals nicht gesprungen ist. Endlich hat er Arbeit, er macht eine Ausbildung. Und diese Ausbildung gibt ihm eine Zukunftsperspektive und neuen Lebensmut. Aktuell hat er keine Angst, abgeschoben zu werden. Solange er eine Ausbildung absolviert, passiert das nicht. Und er ist erst im ersten Lehrjahr – drei Jahre dauert die Ausbildung mindestens.

Noch im Januar 2013 dagegen stand der Flüchtling aus Afghanistan am Abgrund. Damals kletterte er auf den Schornstein der alten Spinnerei und wollte sich in die Tiefe stürzen. Aus Angst vor der Abschiebung. „Ich bin eigentlich Automechaniker, war aber Soldat in Afghanistan. Ich habe 2008 und 2009 mit den amerikanischen Soldaten zusammengearbeitet und dann habe ich Probleme mit Al Qaida bekommen. Ich kann nicht mehr zurück nach Afghanistan“, sagt der 24-Jährige, weil die Taliban ihn töten würden. Man merkt ihm auch heute noch die Angst an. Seine Frau ist mit der Familie nach Pakistan geflüchtet. Seit vier Jahren hat er sie nicht mehr gesehen. Der einzige Kontakt, den er hat, besteht über Skype. „Alles, was ich möchte, ist, hier in Deutschland zu bleiben. Ich habe schon viel gelernt, ich möchte weiterlernen und ich möchte hier arbeiten und irgendwann mit meiner Frau hier leben“, sagt Nasratullah Popalzai und hat inzwischen wieder einen Funken Hoffnung: Hoffnung auf ein neues Leben in Frieden.