Wolfgang Nierhoff und Ursula Reinhardt von der katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu – sie hatte im Pfarrhaus schon vor Monaten Wohnungen für Flüchtlinge angeboten – verstehen Stöckers Wortwahl auch nicht. Es dürften keine Pauschalurteile gefällt werden. Denn: „Es kommen nicht nur Leute aus wirtschaftlichen Gründen zu uns, sondern viele aus Kriegsgebieten, in denen ihr Leben in Gefahr ist. Wir leben alle gemeinsam auf Gottes Erde, niemand hat das Recht zu sagen, das oder jenes gehört nur uns“, so Nierhoff.
Reaktionen aus Görlitz: Die evangelische Kirche hat den Görlitzer Unternehmer Winfried Stöcker nach fremdenfeindlichen Äußerungen scharf kritisiert. Er sei über die Aussagen entsetzt, sagte der Görlitzer Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Martin Herche, dem Evangelischen Pressedienst am Samstag: „Mit seinen zynischen Äußerungen zu Flüchtlingen und Asylbewerbern hat er viele enttäuscht.“ Am Abend demonstrierten in Görlitz aus diesem Anlass nach Polizeiangaben fast 300 Menschen gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Auch der katholische Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) und Vertreter von Parteien kritisierten Stöcker. Und die Stiftung Diakonie-Sozialwerk Lausitz gibt eine Spende an den Unternehmer zurück, weil seine Positionen zynisch und menschenverachtend seien.
Reaktionen aus Lübeck: Auch in Lübeck gehen Politiker auf Distanz zu dem Unternehmer, schreiben die „Lübecker Nachrichten“ in ihrer Online-Ausgabe. „Die Äußerungen sind menschenverachtend und beschämend“, sagt etwa Sozialsenator Sven Schindler (SPD), „sie passen in keiner Weise zur offenen Flüchtlingspolitik und zur positiven Willkommenskultur der Hansestadt Lübeck.“ Schindler: „Auch wenn der Professor wieder zur Besinnung kommen sollte, kann er den angerichteten Schaden mit seinen Millionen nicht wieder gutmachen.“ CDU-Fraktionschef Andreas Zander zweifelt an Stöckers Verstand: „Wenn jemand das in der heutigen Zeit ernsthaft äußert, muss man sich überlegen, ob er sich nicht auf seinen geistigen Zustand untersuchen lassen muss.“ Der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität zu Lübeck geht noch weiter. „Die Uni muss sich von Stöcker distanzieren, ihn von allen Lehrverpflichtungen freistellen und ihm die Honorarprofessur entziehen.“
Reaktionen aus dem Internet: Geteilt sind die Meinungen im sozialen Netzwerk Facebook. Auf der Seite „Ich bin echter Pegnitzer“ wird neben heftiger Ablehnung auch Zustimmung laut. Nach dem Motto, man solle Stöcker nicht vorverurteilen, ehe man sich nicht näher mit seinen Äußerungen beschäftigt hat. Und auf Facebook wurde auch bereits eine Unterstützerseite mit dem Namen „Solidarität mit Winfried Stöcker“ ins Leben gerufen. Dort wird auch der NPD-Parteivorsitzende Frank Franz pro Stöcker zitiert. Im Impressum dieser Gruppe steht Oliver Niedrich aus Berlin. Niedrich ist Mitglied im Berliner Landesvorstand der rechtsextremen NPD.