Kreuzchen für die Karriereplanung

Maria Fiedler,
Führungsstark oder teamfähig: Viele wissen nicht, wo ihre Kompetenzen liegen. Persönlichkeitstest können da helfen. Foto: Franziska Koark Foto: red

 
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Ob bei Berufseinstieg, Aufstieg oder Neuorientierung: Wer berufliche Entscheidungen für die Zukunft trifft, muss wissen, was er kann und wo er hin will. "Viele Menschen können ihre Kompetenzen aber gar nicht richtig einschätzen", sagt die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert. Um das Selbstbild auf den Punkt zu bringen, sollen berufsbezogene Persönlichkeitstests helfen. Sie messen etwa die Teamorientierung oder Gewissenhaftigkeit. "Die Anzahl der Tests auf dem Markt ist allerdings riesig, und oft steckt ein kommerzielles Interesse der Anbieter dahinter", sagt der Bochumer Wissenschaftler Rüdiger Hossiep. Die Kosten für die Durchführung variieren und können in der Onlineversion zwischen 80 und 150 Euro liegen. Dazu kommt allerdings in vielen Fällen noch der Preis für den Coach oder Karriereberater, mit dem die Ergebnisse durchgesprochen werden. Dann müssen Verbraucher schnell bis zu 250 Euro hinlegen.

Dabei geben die Tests keine Antwort darauf, welche Karriereschritte als nächstes folgen sollen. "Es kristallisieren sich aber Kernkompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale heraus", erklärt Hofert. Diese können dann zum Beispiel Aufschluss darüber geben, für welche Funktionen Berufstätige sich besonders eignen. Wer sich für einen Test entscheidet, sollte sich vorher gut über die verschiedenen Möglichkeiten informieren, rät Hofert. Bei der Auswahl spielt einerseits das Alter eine Rolle - Verfahren, die für Erwachsene mit Berufserfahrung entwickelt wurden, eignen sich nicht für Schulabgänger. Außerdem sollte man sich darüber klar werden, ob man einem Persönlichkeitstyp zugeordnet werden will oder lieber einen Test machen möchte, der sich auf die Kompetenzen konzentriert. Hossiep hat selbst verschiedene psychologische Testverfahren entwickelt - darunter das "Bochumer Inventar zur Berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung" kurz BIP. Bei der Version BIP-6F müssen die Teilnehmer ankreuzen, wie stark eine bestimmte Aussage auf sie zutrifft. Etwa: "Andere wissen von mir, dass ich ausgesprochen direkt bin." oder "Ich folge lieber spontanen Einfällen anstatt systematisch zu planen". Dabei werden Persönlichkeitsmerkmale wie Disziplin, Sozialkompetenz und Engagement erfasst - und mit einer Vielzahl von Testpersonen verglichen. In den Ergebnissen erfährt der Teilnehmer beispielsweise, wie robust er auf Belastungen reagiert, wie integrationsfähig und konfliktbereit er ist und wie viel Begeisterungsfähigkeit er mitbringt. Ein Test, der sich laut Hossiep auch unter Personalern an Beliebtheit erfreut, ist das DISG-Modell. "Es soll etwas über die Verhaltenspräferenzen einer Person aussagen", erklärt die Wiesbadener Karriereberaterin Ute Bölke. Sie wendet den Test in ihren Coachings an. Dabei steht das Akronym DISG für dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft. Das Verfahren basiert auf Skalierungsfragen: In der ersten Hälfte des Tests müssen die Teilnehmer angeben, welche Aussage am meisten auf sie zutreffen; in der zweiten, welche Adjektive sie am wenigsten beschreiben. Der Test ist auch in einem Buch enthalten - die Auswertung können Leser dort selber machen. "Wenn die Auswertung ergibt, dass jemand vor allem gewissenhaft ist, liegt nahe, dass er sehr konzentriert arbeitet und in einem Großraumbüro nicht glücklich werden wird", sagt Bölke. Der Test könne beispielsweise helfen, das richtige Arbeitsumfeld zu finden oder sich darüber klarzuwerden, warum man sich in einem Unternehmen nicht wohlfühle.

Auch bei anderen Tests, beispielsweise "Insights" oder dem "Myers Briggs Typindikator" (MBTI), werden Menschen in Typen eingeteilt. Das ist keineswegs unumstritten. "Bei diesen Verfahren bekommen die Teilnehmer seitenweise Auswertungen. Trotzdem steckt dahinter nur ein fiktives psychologisches Modell - man könnte auch Kaffeesatz lesen", sagt Viktor Lau. Er leitet die Personalentwicklung der Bremer Landesbank und hat sich in einem Buch mit dem Thema beschäftigt. Wissenschaftlicher als diese Typologie-Modelle sind in seinen Augen Tests, die auf den sogenannten "Big Five" basieren. Das Verfahren misst, wie stark die fünf Persönlichkeitsdimensionen Extraversion, Offenheit, emotionale Stabilität, Umgänglichkeit und Gewissenhaftigkeit bei einer Person ausgeprägt sind. Der "Reflector Big Five" macht außerdem Aussagen über die beruflichen Kompetenzen einer Person, was etwa Führungsfähigkeiten oder verbale Kommunikation betrifft. "Das Verfahren eignet sich aber eher für Fach- und Führungskräfte ab 30 Jahren, da sich die Persönlichkeitsmerkmale erst dann stabilisieren", erklärt Hofert. Für junge Menschen, die vor der Berufs- oder Studienwahl stehen, gibt es spezielle Tests, die Interessen und Persönlichkeitsmerkmale ermitteln. Hofert rät zum "Riasec"-Modell, das von der Agentur für Arbeit unter dem Namen "Explorix" zur Berufsberatung verwendet wird. Der Test unterschiedet sechs verschiedene Persönlichkeitstypen, auf deren Grundlage er dann eine ausführliche Liste mit Berufsvorschlägen macht. "Der Test ist wissenschaftlich fundiert und beruht auf einem anerkannten, psychologischen Modell", erklärt Hossiep. Hofert empfiehlt außerdem das "Borakel" der Uni Bochum, das die Studieneignung anhand von Fragebögen und einer Art IQ-Test ermittelt. "Der kostenlose Test hilft, seine Kompetenzen einschätzen zu lernen", sagt sie. Doch egal, für welchen Test Schulabgänger oder Berufstätige sich entscheiden: Die Auswertung sollten sie im besten Fall im Gespräch mit einem Experten vornehmen, rät Hofert. "Die Ergebnisse sind keine leichte Kost - es handelt sich ja nicht um die Psychotests aus der Frauenzeitschrift."

Literatur: Gay, Friedbert: Das persolog Persönlichkeits-Profil: Persönliche Stärke ist kein Zufall. Mit Fragebogen zur Selbstauswertung, Gabal, 2003, 224 Seiten, ISBN: 978-3897493520, 34,90 Euro. - Der Explorix-Test, der auch von der Bundesagentur für Arbeit genutzt wird, kostet in der Online-Version 12,50 Euro und ist unter http://www.explorix.de/ verfügbar. 

Internet:

- Borakel der Ruhr-Universität-Bochum (http://dpaq.de/vSnOgm)

- Explorix der Bundesagentur für Arbeit (http://www.explorix.de/)

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